BundesrechtInternationale VerträgeEuropäisches Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht (Zusatzprotokoll)

Europäisches Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht (Zusatzprotokoll)

In Kraft seit 26. Mai 1980
Up-to-date

KAPITEL I

Artikel 1

Art. 1

Die Vertragsparteien verpflichten sich, einander gemäß den Bestimmungen des Übereinkommens Auskünfte über ihr Strafrecht, ihr Strafverfahrensrecht und ihre Gerichtsverfassung auf diesem Gebiet, einschließlich der Strafverfolgungsbehörden, sowie über ihr Strafvollzugsrecht zu erteilen. Dies gilt für alle Verfahren wegen strafbarer Handlungen, zu deren Verfolgung im Zeitpunkt, in dem um Auskunft ersucht wird, die Justizbehörden des ersuchenden Staates zuständig sind.

Artikel 2

Art. 2

Ein Auskunftsersuchen über Fragen aus den in Artikel 1 angeführten Rechtsgebieten kann

a) nicht nur von einem Gericht, sondern auch von irgendeiner anderen Justizbehörde, die zur Strafverfolgung oder zur Vollstreckung von rechtskräftig verhängten Strafen zuständig ist, ausgehen und

b) nicht nur für ein bereits anhängiges Verfahren gestellt werden, sondern auch dann, wenn die Einleitung eines Verfahrens in Aussicht genommen ist.

KAPITEL II

Artikel 3

Art. 3

Im Rahmen der in Artikel 1 Absatz 1 des Übereinkommens enthaltenen Verpflichtung vereinbaren die Vertragsparteien, daß Auskunftsersuchen

a) nicht nur einem Gericht, sondern auch von jeder anderen Behörde oder Person, die im Rahmen eines öffentlichen Systems der Verfahrenshilfe oder Rechtsberatung für wirtschaftlich schlechter gestellte Personen tätig ist, ausgehen und

b) nicht nur für ein bereits anhängiges Verfahren gestellt werden, sondern auch dann, wenn die Einleitung eines Verfahrens in Aussicht genommen ist.

Artikel 4

Art. 4

(1) Jede Vertragspartei, die nicht gemäß Artikel 2 Absatz 2 des Übereinkommens eine oder mehrere Stellen errichtet oder bestimmt hat, die als Übermittlungsstelle tätig werden sollen, wird eine solche Stelle oder solche Stellen zum Zweck der Übermittlung von Auskunftsersuchen gemäß Artikel 3 dieses Protokolls an die zuständige ausländische Empfangsstelle errichten oder bestimmen.

(2) Jede Vertragspartei teilt dem Generalsekretär des Europarats Bezeichnung und Anschrift der gemäß dem vorstehenden Absatz errichteten oder bestimmten Übermittlungsstelle oder Übermittlungsstellen mit.

KAPITEL III

Artikel 5

Art. 5

(1) Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Zustimmungs- oder Beitrittsurkunde erklären, daß er sich nur durch eines der Kapitel I oder II dieses Protokolls gebunden erachten wird.

(2) Jeder Staat, der eine solche Erklärung abgegeben hat, kann jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation erklären, daß er sich durch die Bestimmungen des Kapitels I und des Kapitels II gebunden erachten wird. Eine solche Notifikation wird mit ihrem Eingang wirksam.

(3) Jede Vertragspartei, die durch die Bestimmungen der Kapitel I und II gebunden ist, kann jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation erklären, daß sie sich nur durch eines der Kapitel I oder II gebunden erachten wird. Eine solche Notifikation wird sechs Monate nach Eingang der Notifikation wirksam.

(4) Die Bestimmungen der Kapitel I oder II sind je nach Lage des Falles nur zwischen Vertragsparteien anwendbar, die durch das in Frage stehende Kapitel gebunden sind.

Artikel 6

Art. 6

(1) Dieses Protokoll liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats, die das Übereinkommen unterzeichnet haben, zur Unterzeichnung auf. Diese Staaten werden Vertragsparteien des Protokolls durch

a) Unterzeichnung ohne Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Zustimmung;

b) Unterzeichnung mit Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Zustimmung, wenn die Ratifikation, Annahme oder Zustimmung nachfolgt.

(2) Die Ratifikations-, Annahme- oder Zustimmungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.

(3) Dieses Protokoll kann nur von solchen Mitgliedstaaten des Europarats ohne Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Zustimmung unterzeichnet oder ratifiziert oder angenommen oder es kann ihm nur von solchen Mitgliedstaaten des Europarats zugestimmt werden, die zugleich oder vorher das Übereinkommen ratifiziert oder angenommen haben.

Artikel 7

Art. 7

(1) Dieses Protokoll tritt drei Monate nach dem Zeitpunkt in Kraft, in dem drei Mitgliedstaaten des Europarats gemäß Artikel 6 Vertragsparteien des Protokolls geworden sind.

(2) Es tritt für jeden Mitgliedstaat, der es später ohne Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Zustimmung unterzeichnet oder der es ratifiziert, annimmt oder ihm zustimmt, drei Monate nach Unterzeichnung oder nach Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Zustimmungsurkunde in Kraft.

Artikel 8

Art. 8

(1) Nach Inkrafttreten dieses Protokolls kann jeder Staat, der dem Übereinkommen beigetreten oder der eingeladen worden ist, ihm beizutreten, vom Ministerkomitee eingeladen werden, auch diesem Protokoll beizutreten.

(2) Der Beitritt erfolgt durch Hinterlegung einer Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats und wird drei Monate nach Hinterlegung wirksam.

Artikel 9

Art. 9

(1) Jede Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Zustimmungs- oder Beitrittsurkunde das Hoheitsgebiet bezeichnen, für das oder für die dieses Protokoll gelten soll.

(2) Jede Vertragspartei kann bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Zustimmungs- oder Beitrittsurkunde oder jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Protokolls auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet ausdehnen, dessen internationale Beziehungen sie wahrnimmt oder für das sie berechtigt ist, Vereinbarungen zu treffen.

(3) Jede nach dem vorstehenden Absatz abgegebene Erklärung kann für jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation zurückgenommen werden. Die Zurücknahme wird sechs Monate nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär des Europarats wirksam.

Artikel 10

Art. 10

(1) Jede Vertragspartei kann dieses Protokoll durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation für sich selbst kündigen.

(2) Die Kündigung wird sechs Monate nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär wirksam.

(3) Die Kündigung des Übereinkommens zieht von selbst die Kündigung dieses Protokolls nach sich.

Artikel 11

Art. 11

Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Rats und jedem Staat, der dem Übereinkommen beigetreten ist:

a) jede Unterzeichnung ohne Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Zustimmung;

b) jede Unterzeichnung mit Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Zustimmung;

c) jeder Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme- oder Zustimmungsurkunde;

d) jede nach Artikel 4 eingegangene Notifikation;

e) jede nach Artikel 5 eingegangene Erklärung oder Notifikation;

f) jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls nach seinem Artikel 7;

g) jede nach Artikel 9 eingegangene Erklärung und jede Zurücknahme einer solchen Erklärung;

h) jede nach Artikel 10 eingegangene Notifikation und den Zeitpunkt, in dem die Kündigung wirksam wird.

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Protokoll unterschrieben.

Geschehen zu Straßburg, am 15. März 1978, in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Unterzeichnerstaaten und allen beitretenden Staaten beglaubigte Abschriften.