BundesrechtInternationale VerträgeAbkommen von Neuchâtel über die Erhaltung oder die Wiederherstellung der durch den zweiten Weltkrieg beeinträchtigten Eigentumsrechte

Abkommen von Neuchâtel über die Erhaltung oder die Wiederherstellung der durch den zweiten Weltkrieg beeinträchtigten Eigentumsrechte

In Kraft seit 28. Juni 1948
Up-to-date

Artikel 1.

Art. 1

Die Prioritätsfristen, die im Artikel 4 des Pariser Unionsvertrages zum Schutz des gewerblichen Eigentums für die Einreichung der Gesuche um Verleihung von Patenten, um Schutz von Gebrauchsmustern, Fabriks- oder Handelsmarken, gewerblichen Mustern oder Modellen vorgesehen sind und die am 3. September 1939 nicht abgelaufen waren, sowie diejenigen, die seit diesem Datum, aber vor dem 1. Jänner 1947 begonnen haben, werden durch jedes der vertragschließenden Länder zugunsten der Inhaber der in dem erwähnten Vertrage anerkannten Rechte oder ihrer Rechtsnachfolger bis zum 31. Dezember 1947 verlängert.

Artikel 2.

Art. 2

Den Inhabern der in dem erwähnten Abkommen anerkannten Rechte oder deren Rechtsnachfolgern wird ohne jeden Aufschlag oder irgendwelche Strafgebühr zur Vornahme jeder Handlung, zur Erfüllung jeder Förmlichkeit, zur Entrichtung jeder Gebühr und überhaupt zur Erfüllung jeder Verpflichtung, die die Gesetze oder Verwaltungsverordnungen der einzelnen Länder vorschreiben, eine mit 30. Juni 1948 ablaufende Frist gewährt, um die am 3. September 1939 oder später erworbenen gewerblichen Eigentumsrechte zu erhalten oder jene Rechte zu erlangen, welche sie, wenn es nicht zum Kriege gekommen wäre, seitdem auf Grund eines vor dem 30. Juni 1947 angebrachten Gesuches hätten erwerben können.

Artikel 3.

Art. 3

Die Erneuerung der Registrierung von Fabriks- oder Handelsmarken, deren normale Schutzdauer nach dem 3. September 1939, jedoch vor dem 30. Juni 1947 endigt, wirkt, wenn sie vor dem 30. Juni 1948 vorgenommen wird, auf den Zeitpunkt des Ablaufes der normalen Schutzdauer zurück.

Artikel 4.

Art. 4

Die Länder, die gleichzeitig dem gegenwärtigen und dem Madrider Abkommen betreffend die internationale Registrierung von Fabriks- oder Handelsmarken angehören, kommen darüber hinaus wie folgt überein: Die Erneuerung der Registrierung von Fabriks- oder Handelsmarken, die im internationalen Register eingetragen sind und bei denen eines der vertragschließenden Länder Ursprungsland im Sinne des Artikels 1 des Madrider Abkommens ist, wirkt, wenn sie vor dem 30. Juni 1948 vorgenommen wird, auf den Zeitpunkt des Ablaufes der normalen Schutzdauer zurück.

Artikel 5.

Art. 5

(1) Der Zeitraum zwischen dem 3. September 1939 und dem 30. Juni 1947 wird auf die für die Ausübung eines Patentes, für den Gebrauch einer Fabriks- oder Handelsmarke, für die Ausübung eines gewerblichen Musters oder Modelles vorgesehene Frist, wie auf die durch Abs. (2) des Artikels 6 bis des Unionsvertrages vorgesehene Frist von drei Jahren nicht angerechnet.

(2) Auch wird vereinbart, daß Patente, gewerbliche Muster oder Modelle, Fabriks- oder Handelsmarken, die am 3. September 1939 aufrecht waren, vor dem 30. Juni 1949 von keiner der im Artikel 5 des Unionsvertrages vorgesehenen Rechtsfolgen betroffen werden können.

Artikel 6.

Art. 6

(1) Dritte, die nach dem 3. September 1939 und bis zum 31. Dezember 1946 die Ausübung einer Erfindung, eines Gebrauchsmusters oder eines gewerblichen Musters oder Modelles im guten Glauben vorgenommen haben, können diese Ausübung unter den von den inneren Gesetzgebungen vorgesehenen Bedingungen fortsetzen.

(2) Der Erfinder, der den Nachweis seiner Urheberschaft erbringt und zwischen dem 3. September 1939 und dem 1. Jänner 1946 ein Gesuch um ein Patent hinterlegt hat, oder sein Rechtsnachfolger kann - im Hinblick auf ein unter der Begünstigung des Artikels 1 hinterlegtes Gesuch um ein Patent - einem gutgläubigen Benützer gleichgestellt werden, selbst wenn er seine Erfindung nicht tatsächlich ausgeübt hat, falls er nachweist, daß die Ausübung durch den Krieg verhindert worden ist.

Artikel 7.

Art. 7

Die Bestimmungen des gegenwärtigen Abkommens sichern nur ein Mindestmaß an Schutz; sie stehen der Anwendung weitergehender Vorschriften zugunsten von Inhabern gewerblicher Schutzrechte nicht entgegen, die durch die innere Gesetzgebung eines Vertragsstaates erlassen werden; sie lassen in gleicher Weise die günstigeren und nicht widerstreitenden Vereinbarungen und Verträge fortbestehen, welche die Regierungen der vertragschließenden Staaten geschlossen haben oder schließen werden.

Artikel 8.

Art. 8

Die Bestimmungen des gegenwärtigen Abkommens berühren nicht die Anwendung von Bestimmungen der Vereinbarungen und Friedensverträge, die zwischen kriegführenden Ländern abgeschlossen wurden oder abgeschlossen werden.

Artikel 9.

Art. 9

(1) Das gegenwärtige Abkommen, das den Mitgliedsstaaten der Union zum Schutz des gewerblichen Eigentums offen steht, soll sobald als möglich ratifiziert werden. Die Ratifikationsurkunden sollen bei der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft hinterlegt und von dieser allen übrigen Staaten angezeigt werden. Das gegenwärtige Abkommen tritt unverzüglich zwischen den Ländern, die es ratifiziert haben, in Kraft.

(2) Die Staaten, welche das gegenwärtige Abkommen nicht unterzeichnet haben, können ihm auf Antrag beitreten. Die Beitritte sollen der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft und von dieser allen übrigen Staaten angezeigt werden. Sie haben mit voller Rechtswirkung und ohne Aufschub den Beitritt zu allen Bestimmungen und die Zulassung zu allen Vorteilen zur Folge, die in dem gegenwärtigen Abkommen vereinbart sind.

Artikel 10.

Art. 10

Jedes vertragschließende Land kann das gegenwärtige Abkommen durch einfache Anzeige an die Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft auf alle oder einen Teil seiner Kolonien, Protektorate, unter Mandat oder Schutz stehenden Gebiete oder alle anderen seiner Autorität unterworfenen oder unter seiner Suzeränität stehenden Gebiete ausdehnen. Die Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft übermittelt diese Anzeige den anderen Regierungen.

Artikel 11.

Art. 11

Das gegenwärtige Abkommen soll in einem einzigen Exemplar unterzeichnet werden, das im Archiv der Schweizerischen Eidgenossenschaft hinterlegt werden wird. Eine beglaubigte Abschrift wird von dieser der Regierung eines jeden Signatarstaates und der beitretenden Staaten übermittelt werden.

Geschehen zu Neuchatel, am 8. Februar 1947.

Schlußprotokoll.

Anl. 1

Die unterzeichneten Bevollmächtigten, die heute behufs Unterzeichnung des Abkommens betreffend die Erhaltung oder Wiederherstellung der durch den zweiten Weltkrieg beeinträchtigten gewerblichen Eigentumsrechte zusammengetreten sind, haben folgendes vereinbart:

I.

Anl. 1

Wenn während des Zeitraumes zwischen dem 3. September 1939 und dem 30. Juni 1947 für Rechnung einer Regierung zur wirksamen Kriegführung oder zur Sicherung der Versorgung und von Diensten, welche für die Lebenserfordernisse der Allgemeinheit wesentlich sind, oder zur Erleichterung der durch den Krieg hervorgerufenen Leiden und Unbilden mit einer Marke versehene Waren in einen Vertragsstaat eingeführt wurden, die eine in dem Vertragsstaat registrierte Marke verletzt oder nachahmt, so wird eine solche Verwendung der Marke nicht als eine Beeinträchtigung der Rechte ihres Eigentümers angesehen werden.

II.

Anl. 1

Die Bestimmungen des Artikels 1 beziehen sich in gleicher Weise auf Patentgesuche, die durch tschechoslowakische Staatsangehörige beim Deutschen Patentamt in Berlin im Zeitraum zwischen dem 1. August 1940 und dem 4. Mai 1945 einschließlich hinterlegt wurden, unter der Voraussetzung, daß die Erfindung nicht in Deutschland gemacht wurde.

Urkund dessen haben die unterzeichneten Bevollmächtigten das gegenwärtige Protokoll angenommen.

Geschehen in Neuchatel, den 8. Februar 1947.

Zusätzliches Schlußprotokoll.

Anl. 2

Die unterzeichneten Bevollmächtigten, die heute behufs Unterzeichnung des Abkommens betreffend die Erhaltung oder Wiederherstellung der durch den zweiten Weltkrieg beeinträchtigten gewerblichen Eigentumsrechte zusammengetreten sind, haben folgendes vereinbart:

Die unter Ziffer I des Schlußprotokolles ausgesprochenen Grundsätze werden analog auf Patente angewendet, soweit die Einfuhr in das Gebiet der alliierten und assoziierten Nationen oder eines diesen feindlichen Staates im Laufe des Krieges stattgefunden hat.

Urkund dessen haben die unterzeichneten Bevollmächtigten das gegenwärtige Protokoll angenommen.

Geschehen zu Neuchatel, am 8. Februar 1947.