Vorwort
§ 1 Allgemeines
(1) Gegenstand dieser Verordnung ist die nähere Regelung der Inanspruchnahme der Befreiung von der Elektrizitätsabgabe nach
1. § 2 Abs. 1 Z 4 des Elektrizitätsabgabegesetzes (ElAbgG), BGBl. Nr. 201/1996, für von Elektrizitätserzeugern aus erneuerbaren Energieträgern selbst erzeugte und selbst verbrauchte elektrische Energie;
2. § 2 Abs. 1 Z 3 ElAbgG für von Elektrizitätserzeugern selbst erzeugte elektrische Energie, wenn deren Menge, die nicht in das Netz eingespeist, sondern von diesen Elektrizitätserzeugern selbst verbraucht wird, nicht größer als 5 000 kWh pro Jahr ist.
(2) Personenbezogene Begriffe haben keine geschlechtsspezifische Bedeutung. Sie sind bei der Anwendung auf bestimmte Personen in der jeweils geschlechtsspezifischen Form anzuwenden.
§ 2 Begünstigte Elektrizitätserzeuger
(1) Die Befreiung nach § 1 Abs. 1 Z 1 können Einzelelektrizitätserzeuger, Erzeugergemeinschaften (§ 2 Abs. 1 Z 4 ElAbgG), ihre teilnehmenden Berechtigten, Mitglieder oder Gesellschafter in Anspruch nehmen, die mittels einer Anlage zur Erzeugung von elektrischer Energie aus erneuerbaren Energieträgern (begünstigte Erzeugungsanlage) selbst erzeugte elektrische Energie ohne Einspeisung in das öffentliche Netz jährlich bilanziell selbst verbrauchen. Bei Erzeugergemeinschaften gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 ElAbgG gilt jene Menge an eingespeister Elektrizität, die dem Verbrauch eines teilnehmenden Berechtigten, Mitglieds oder Gesellschafters jährlich bilanziell zugeordnet werden kann, nicht als Einspeisung in das öffentliche Netz.
(2) Einzelelektrizitätserzeuger im Sinne dieser Verordnung sind juristische oder natürliche Personen oder eingetragene Personengesellschaften, die Elektrizität mittels einer begünstigten Erzeugungsanlage selbst erzeugen.
CELEX-Nr.: 32018L2001
§ 3 Weitere Befreiungsvoraussetzungen
(1) Soll die mittels einer begünstigten Erzeugungsanlage erzeugte elektrische Energie nicht nur gänzlich durch einen Einzelelektrizitätserzeuger selbst verbraucht werden, ist unbeschadet von Messeinrichtungen nach § 7 Abs. 1 Z 31 des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes 2010, BGBl. I Nr. 110 (ElWOG 2010) sicherzustellen, dass von der Befreiung nur die einem Mitglied einer Erzeugergemeinschaft jährlich bilanziell zuzuordnende Menge erfasst wird.
(2) Die Aufnahme des Betriebs einer begünstigten Erzeugungsanlage, für die eine Befreiung nach § 2 Abs. 1 Z 4 ElAbgG in Anspruch genommen werden soll, ist dem zuständigen Finanzamt (§ 5 Abs. 5 ElAbgG) binnen sechs Wochen schriftlich oder auf elektronischem Weg anzuzeigen. Dies gilt auch in Fällen, in denen für eine bereits bestehende Anlage eine Steuerbefreiung in Anspruch genommen werden soll. Dabei beginnt die Anzeigefrist zu dem Zeitpunkt, ab dem die Steuerbefreiung gelten soll.
(3) Erzeugergemeinschaften haben dem in Abs. 2 genannten Finanzamt zudem Folgendes bekanntzugeben:
1. eine Ansprechperson;
2. nähere Angaben über die Erfüllung der Aufzeichnungspflichten (§ 4 Abs. 1);
3. Angaben zu den Mitgliedern (Name und Anschrift);
4. Angaben zur geplanten Stromerzeugung und wie die voraussichtliche Zuordnung der eingespeisten Elektrizität zu den Mitgliedern sein wird sowie
5. Angaben über die Entrichtung einer allfällig entstehenden Elektrizitätsabgabe.
Erzeugergemeinschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit haben einen gemeinsamen Bevollmächtigten gegenüber der Abgabenbehörde als vertretungsbefugte Person namhaft zu machen (§ 81 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961), der auch als Zustellungsbevollmächtigter für die Erzeugergemeinschaft und ihre Mitglieder in Sachen der Erzeugergemeinschaft gilt und für die Erzeugergemeinschaft die Jahresabgabenerklärung nach § 4 Abs. 2 abgibt.
(4) Die Befreiung kann auch für elektrische Energie in Anspruch genommen werden,
1. die vorerst gespeichert bzw. innerhalb einer Erzeugergemeinschaft gespeichert und erst später verbraucht wird oder
2. die vorerst in das öffentliche Netz eingespeist und erst später, jedenfalls aber innerhalb desselben Kalenderjahres, durch den Einzelelektrizitätserzeuger oder ein Mitglied der Erzeugergemeinschaft wieder entnommen und verbraucht wird.
(5) Die Befreiung gilt nicht für Mengen an elektrischer Energie, die von begünstigten Elektrizitätserzeugern an einem anderen Ort verbraucht werden oder nicht einem Mitglied einer Erzeugergemeinschaft zugeordnet werden können.
(6) Unternehmen, die einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren förmlichen Beschlusses der Europäischen Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nicht nachgekommen sind, sowie Unternehmen in Schwierigkeiten nach Art. 2 Z 18 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl. Nr. L 187 vom 26.6.2014 S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 2023/1315, ABl. Nr. L 167 vom 30.6.2023 S. 1 (AGVO), können die Befreiung nicht in Anspruch nehmen.
(7) Unternehmen haben in der Anzeige nach Abs. 2 das Nichtvorliegen der Ausschlussgründe nach Abs. 6 zu bestätigen und auf Anforderung des im Abs. 2 genannten Finanzamts nachzuweisen. Nachträgliche Änderungen sind dem Finanzamt unverzüglich bekannt zu geben. Unternehmen haben Unterlagen betreffend die Inanspruchnahme der Befreiung zehn Jahre aufzubewahren.
(8) Sobald der Gesamtbetrag der von einem Unternehmen nach § 2 Abs. 1 Z 4 ElAbgG in Anspruch genommenen Steuervorteile den in Art. 9 Abs. 1 lit. c der AGVO genannten Höchstbetrag erreicht, hat das Unternehmen das im Abs. 2 genannte Finanzamt davon zu verständigen. Der Bundesminister für Finanzen stellt eine Veröffentlichung derartiger Steuervergünstigungen nach Art. 9 der AGVO sowie die Berichterstattung an die Europäische Kommission nach Art. 11 der AGVO sicher.
§ 4 Verfahren
(1) Begünstigte Elektrizitätserzeuger haben Aufzeichnungen zu führen über
1. die erzeugten Mengen an elektrischer Energie;
2. den Selbstverbrauch, wobei im Falle von Erzeugergemeinschaften auch der Teilnehmer aufzuzeichnen ist, der die elektrische Energie verbraucht, sowie die von ihm verbrauchte Menge;
3. die ins öffentliche Netz eingespeisten Mengen;
4. nach § 3 Abs. 4 befreite Mengen.
(2) Jahresabgabenerklärungen sind nach § 5 Abs. 4 des Elektrizitätsabgabegesetzes auch dann abzugeben, wenn für die gesamte erzeugte Menge an elektrischer Energie eine Befreiung in Anspruch genommen wird.
(3) Eine Veranlagung nach § 5 Abs. 4 des Elektrizitätsabgabegesetzes unterbleibt, wenn die gesamte Abgabenschuld eines Jahres nicht höher als 50 Euro ist.
(4) Auf Anforderung des in § 3 Abs. 2 genannten Finanzamts sind Angaben nach Abs. 1 durch Vorlage der Jahresabrechnung des betreffenden Netzbetreibers nachzuweisen. Soweit Steuerbelange dadurch nicht beeinträchtigt werden, kann das Finanzamt zur Vermeidung unnötigen Verwaltungsaufwands auf einzelne dieser Angaben oder den Anschluss bestimmter Beilagen verzichten.
(5) In jenen Fällen, in denen die jährlich selbst erzeugte Menge an elektrischer Energie 25 000 kWh nicht überschreitet, kann das zuständige Finanzamt zur Vermeidung von entbehrlichem Verwaltungsaufwand abweichend von Abs. 1 und 2 Vereinfachungen zulassen oder Ausnahmen von Aufzeichnungs- oder Erklärungspflichten gewähren, soweit Steuerbelange dadurch nicht beeinträchtigt werden, da beispielsweise die Mengen nach Abs. 1 anderweitig glaubhaft gemacht werden können, oder in Fällen, in denen aus technischen Gründen wie dem Fehlen moderner Messeinrichtungen die Datenermittlung besonders aufwändig wäre.
(6) In den Fällen
1. des § 2 Abs. 1 Z 3 ElAbgG sowie
2. einer Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z 39 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988,
entfallen Aufzeichnungs- und Erklärungspflichten nach §§ 5 und 6 ElAbgG sowie nach Abs. 1 und 2.
(7) In den Fällen des § 3 Abs. 4 Z 2 kann die Steuerbefreiung auch im Wege einer Vergütung in Anspruch genommen werden, wenn sie aus verwaltungsökonomischen, verrechnungstechnischen oder sonstigen berücksichtigungswürdigen Gründen im Zeitpunkt der späteren Wiederentnahme nicht zur Anwendung gelangte.
§ 5 Nachversteuerung bei Nichteinhaltung der Befreiungsvoraussetzungen
Wird elektrische Energie, für die eine Befreiung nach § 2 Abs. 1 Z 4 ElAbgG in Anspruch genommen wurde, nicht vom begünstigten Elektrizitätserzeuger oder innerhalb einer Erzeugergemeinschaft selbst verbraucht, ist für die Mengen, die zu anderen Zwecken eingesetzt wurden, die Elektrizitätsabgabe zu entrichten (Nachversteuerung). § 5 des Elektrizitätsabgabegesetzes gilt sinngemäß. Abgabenschuldner ist bzw. sind der begünstigte Elektrizitätserzeuger, im Falle von Erzeugergemeinschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit die Mitglieder nach Maßgabe ihrer Anteile. Der Bevollmächtigte nach § 3 Abs. 3 hat in einem derartigen Fall das in § 3 Abs. 2 genannte Finanzamt bei der Nachversteuerung zu unterstützen und, soweit möglich, den von den einzelnen Mitgliedern zu entrichtenden Betrag gesammelt an das Finanzamt weiter zu leiten.
§ 6 Verweisungen
Soweit in dieser Verordnung auf Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
§ 7 Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen
(1) Diese Verordnung tritt am 1. Jänner 2020 in Kraft.
(2) Sie ist auf Vorgänge anzuwenden, auf die § 2 Z 4 des Elektrizitätsabgabegesetzes in der Fassung des Steuerreformgesetzes 2020, BGBl. I Nr. 103/2019, anzuwenden ist.
(3) Das in § 3 Abs. 2 genannte Finanzamt lässt für bereits bestehende Anlagen, für die ab 1. Jänner 2020 eine Steuerbefreiung in Anspruch genommen werden soll, bis zum 31. März 2021 eine nachträgliche Erfüllung von Verpflichtungen nach § 3 zu.
(4) Unternehmen, die für Zeiträume vor dem 1. April 2020 die Befreiung in Anspruch nehmen wollen, haben zudem unverzüglich, spätestens bis zum 31. März 2021, dem in § 3 Abs. 2 genannten Finanzamt Angaben über die Erfüllung der Voraussetzungen der Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen, ABl. Nr. L 352 vom 24.12.2013 S. 1, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 2020/972, ABl. Nr. L 215 vom 7.7.2020 S. 3, zu machen, insbesondere über in den vergangenen drei Steuerjahren bereits in Anspruch genommene Förderungen, die dieser EU-Verordnung unterliegen. Sobald der Gesamtbetrag der einem Unternehmen gewährten Förderungen in einem Zeitraum von drei Steuerjahren den Höchstbetrag von 200 000 Euro erreicht oder eine der Voraussetzungen der genannten Verordnung nicht mehr erfüllt wird, kann dieses Unternehmen keine weitere Steuerbefreiung nach dieser Verordnung in Anspruch nehmen. Für bereits verbrauchte Elektrizitätsmengen, durch deren Befreiung der Höchstbetrag überschritten wird, gilt § 5.
(5) Die Änderung des Titels, § 1 Abs. 1, § 2, § 3 Abs. 1, 2 und 5, sowie § 4 Abs. 5 bis 7, jeweils in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 121/2025, treten rückwirkend mit 1. Juli 2022 in Kraft und sind auf Vorgänge nach dem 30. Juni 2022 anzuwenden. § 3 Abs. 8 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 121/2025 tritt rückwirkend mit 1. Jänner 2024 in Kraft und ist auf Vorgänge nach dem 31. Dezember 2023 anzuwenden. § 3 Abs. 6, § 5, sowie die Überschriften zu §§ 6 und 7, jeweils in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 121/2025, treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft.
(6) Für bereits bestehende begünstigte Erzeugungsanlagen, ausgenommen Photovoltaikanlagen, für die ab 1. Juli 2022 eine Steuerbefreiung nach § 2 Abs. 1 Z 4 ElAbgG in Anspruch genommen werden soll oder bereits in Anspruch genommen wurde, ist die nachträgliche Erfüllung der in § 3 angeführten Verpflichtungen bei dem in § 3 Abs. 2 genannten Finanzamt zulässig. Abweichend von § 3 Abs. 2 letzter Satz beginnt die Anzeigefrist am Tag nach der Veröffentlichung der Verordnung BGBl. II Nr. 121/2025 im Bundesgesetzblatt. Liegen für den Zeitraum nach dem 30. Juni 2022 und vor dem 1. Jänner 2025 keine § 4 Abs. 1 entsprechenden Aufzeichnungen vor, sind die betreffenden Mengen für die Jahresabgabenerklärung zu schätzen. Ein Beginn der Aufzeichnungen mit 1. Jänner 2025 ist zulässig.