§ 34 § 34
§ 34 § 34 — K-KAO
(1) Für jeden Patienten ist eine Krankengeschichte anzulegen, in welcher darzustellen sind:
1. Die Vorgeschichte der Erkrankung (Anamnese),
2. der Zustand des Patienten zur Zeit der Aufnahme (status praesens),
3. der Krankheitsverlauf (decursus morbi),
4. Art und Umfang der beratenden, diagnostischen oder therapeutischen Leistungen einschließlich der Medikation (Name, Dosis und Darreichungsform), bei der Anwendung von Arzneispezialitäten, die der Chargenfreigabe bedürfen, auch die Angabe der zur Identifizierung dieser Arzneispezialitäten und der jeweiligen Chargen erforderlichen Daten,
5. sonstige angeordnete sowie erbrachte wesentliche Leistungen, insbesondere der pflegerischen, einer allfälligen psychologischen bzw. psychotherapeutischen Betreuung sowie Leistungen der gehobenen medizinisch-therapeutisch-diagnostischen Gesundheitsberufe,
6. wesentlicher Inhalt der ärztlichen Aufklärung des Patienten und
7. der Zustand des Patienten zur Zeit seines Abganges aus der Anstalt.
(2) Über Operationen sind eigene Operationsprotokolle zu führen und der Krankengeschichte beizufügen.
(3) Die Führung der Krankengeschichte obliegt mit Ausnahme der Darstellung der gemäß Abs. 1 Z 5 erbrachten Leistungen dem behandelnden Arzt oder Zahnarzt; die Darstellung der nach Abs. 1 Z 5 erbrachten Leistungen, der hiefür verantwortlichen Person. Die für die Führung der Krankengeschichte Verantwortlichen haben sie zu fertigen.
(4) Die Verwahrung der Krankengeschichten hat derart zu erfolgen, daß eine mißbräuchliche Kenntnisnahme ihres Inhaltes verläßlich ausgeschlossen wird.
(4a) Die Rechtsträger von Krankenanstalten sind ermächtigt, die Verarbeitung von Krankengeschichten und sonstigen Vormerkungen – dies auch mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung – solchen Auftragsverarbeitern zu überlassen, die die Kriterien der Abs. 4 und 5 erfüllen. Für die Auftragsverarbeiter, denen die Verarbeitung übertragen wurde, und die bei ihnen beschäftigten Personen besteht Verschwiegenheitspflicht im Umfang des § 32. Diese Auftragsverarbeiter haben die bei ihnen Beschäftigten vor Aufnahme ihrer Tätigkeit ausdrücklich auf diese Verpflichtung hinzuweisen. Übermittlungen von personenbezogenen Daten durch diese sind nur an Ärzte oder Krankenanstalten zulässig, in deren Behandlung die betroffene Person steht, und nur sofern ein Auftrag jener Krankenanstalt vorliegt, die die Krankengeschichte oder die sonstige Vormerkung angelegt hat.
(5) Nach ihrem Abschluss sind Krankengeschichten mindestens 30 Jahre - allenfalls in Mikrofilmen in doppelter Ausfertigung oder auf anderen gleichwertigen Informationsträgern, deren Lesbarkeit für den Aufbewahrungszeitraum gesichert sein muss - aufzubewahren. Röntgenbilder, Videoaufnahmen, EEG-Kurven, Polysomnografien und andere Bestandteile von Krankengeschichten, deren materialbedingte Veränderungen bewirken, dass ihnen über ihren Informationsgehalt nicht 30 Jahre hindurch Beweiskraft zukommt, sowie Krankengeschichten aus ausschließlich ambulanter Behandlung sind mindestens 10 Jahre aufzubewahren. Krankengeschichten, die nach Ablauf der vorgesehenen Frist ausgeschieden werden sollen, sind unter Aufsicht sorgfältig zu vernichten. Im Falle der Auflösung einer Krankenanstalt sind die Krankengeschichten der Bezirksverwaltungsbehörde zur Aufbewahrung während der vorgesehenen Frist zu übergeben.
(6) Abschriften (Kopien) von Krankengeschichten und ärztlichen Äußerungen über den Gesundheitszustand von Patienten sind auf Verlangen den Gerichten und den Verwaltungsbehörden in Angelegenheiten, in denen die Feststellung des Gesundheitszustandes für eine Entscheidung oder Verfügung im öffentlichen Interesse von Bedeutung ist, kostenlos zu übermitteln. Das Vorliegen der öffentlichen Interessen ist bei der Anforderung anzuführen. Ferner sind mit der Aufnahmezahl den Sozialversicherungsträgern und den Organen des Landesgesundheitsfonds bzw. den von diesem beauftragten Sachverständigen, soweit dies zur Wahrnehmung der diesen obliegenden Aufgaben erforderlich ist, sowie den einweisenden oder weiterbehandelnden Ärzten, Zahnärzten oder Krankenanstalten über Aufforderung kostenlos Abschriften von Krankengeschichten und ärztlichen Äußerungen über den Gesundheitszustand von Anstaltspatienten zur Verfügung zu stellen. Mit Einwilligung des Patienten sind Abschriften (Kopien) von Krankengeschichten auch dem Patientenanwalt kostenlos zur Verfügung zu stellen. Krankheitsspezifische nicht anonymisierte Angaben und personenbezogene Daten dürfen nur mit Einwilligung des Patienten verwertet werden. Den aus diesem Absatz ableitbaren Verpflichtungen kann auch durch die Bereitstellung eines elektronischen Zuganges oder durch elektronische Übermittlung entsprochen werden.
(6a) Patienten sowie deren Vertreter, die mit einer ausdrücklich auf die Einsicht in die Krankengeschichte oder deren Ausfolgung Bezug nehmenden Vollmacht ausgestattet sind, haben das Recht auf Einsichtnahme in oder auf die Ausfolgung einer Kopie der Krankengeschichte. Für Herstellung und Versand der Kopie einer Krankengeschichte darf ein angemessener Kostenersatz verlangt werden, sofern nicht der Patient oder sein Vertreter die Kopie der Krankengeschichte oder allfälliger weiterer Teile davon erstmals erhält.
(7) Den mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst betrauten Behörden sind alle Mitteilungen zu erstatten, die zur Einhaltung zwischenstaatlicher Verpflichtungen und zur Überwachung der Einhaltung bestehender Vorschriften erforderlich sind.
(8) Über die Entnahme von Organen oder Organteilen Verstorbener zum Zwecke der Transplantation sowie die Entnahme von Zellen oder Gewebe von Verstorbenen ist eine Niederschrift zur Krankengeschichte aufzunehmen und gemäß Abs. 5 zu verwahren. In dieser Niederschrift hat der den Tod feststellende Arzt darzustellen, wie der Tod festgestellt wurde und wann dieser eingetreten ist. Der die Entnahme durchführende Arzt hat Angaben über die Entnahme, insbesondere die entnommenen Organe oder Organteile, und den Zeitpunkt der Durchführung, in die Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift ist sowohl vom Arzt, der den Tod festgestellt hat , als auch von dem Arzt, der die Entnahme durchgeführt hat, zu unterfertigen. In der Krankengeschichte des Empfängers ist auf die Niederschrift über die Entnahme hinzuweisen.
(9) Bei der Führung der Krankengeschichte sind Patientenverfügungen des Patienten (§ 2 Abs. 1 Patientenverfügungs-Gesetz – PatVG) und Erklärungen, mit denen ein Patient oder sein gesetzlicher Vertreter für den Todesfall eine Organspende ausdrücklich ablehnt, zu dokumentieren. Stellt ein Arzt fest, dass der Patient nicht über die zur Errichtung einer gewünschten Patientenverfügung erforderliche Entscheidungsfähigkeit verfügt, so hat er dies im Rahmen der Krankengeschichte zu dokumentieren.
(9a) Vom behandelnden Arzt angeordnete Beschränkungen der Bewegungsfreiheit auf einen Raum sind in der Krankengeschichte unter Angabe des Grundes zu dokumentieren (§ 18 Abs. 2 Tuberkulosegesetz).
(9b) In Arztbriefen und Krankengeschichten dürfen ausschließlich Ergebnisse aus genetischen Analysen (§ 4 Z 23 Gentechnikgesetz – GTG) des Typs 1 (§ 65 Abs. 1 Z 1 GTG), Ergebnisse aus genetischen Analysen des Typs 2 und 3 (§ 65 Abs. 1 Z 2 und 3 GTG) nur, sofern der Patient dem nicht schriftlich widersprochen hat, dokumentiert werden. Ergebnisse aus genetischen Analysen des Typs 4 (§ 65 Abs. 1 Z 4 GTG), ebenso wie Ergebnisse des Typs 2 oder 3, wenn die Dokumentation in Arztbriefen und Krankengeschichten wegen Widerspruches des Patienten nicht zulässig ist, dürfen nur in der Einrichtung, in der sie erhoben worden sind, und nur auf Veranlassung des behandelnden Arztes verarbeitet werden; sie sind von anderen Datenarten gesondert aufzubewahren oder zu speichern und dürfen nur von jenen Personen, die in der Einrichtung mit der Verarbeitung der Daten unmittelbar befasst sind, und nur mit einer gesonderten Zugriffsmöglichkeit abrufbar sein.
(10) Aufzeichnungen, die Geheimnisse betreffen, die Angehörigen des klinisch psychologischen, gesundheits-psychologischen und psychotherapeutischen Berufes und deren Hilfspersonal in Ausübung ihres Berufes anvertraut oder bekannt geworden sind, dürfen im Rahmen der Krankengeschichte oder der sonstigen Vormerke im Sinne des Abs. 1 sowie der Aufzeichnungen gemäß § 33 Abs. 1 nicht geführt werden.
(11) Die Abgabe wissenschaftlich begründeter Gutachten wird durch die Bestimmungen der Abs. 1 bis 8 nicht berührt.
(12) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 9 gelten für die Dokumentation und Aufbewahrung der nach dem Unterbringungsgesetz, BGBl Nr 155/1990, zu führenden Aufzeichnungen sinngemäß.
(13) Psychiatrische Krankenanstalten und Abteilungen für Psychiatrie haben eine elektronische Dokumentation zu führen, aus der tagesaktuell folgende Daten ersichtlich sind:
1. Name der untergebrachten Personen,
2. weitergehende Beschränkungen (§ 33 Abs. 3 UbG) bei Personen nach Z 1,
3. Beginn und Ende der Unterbringung und weitergehender Beschränkungen,
4. anordnender Arzt,
5. allfällige Verletzungen, die der Kranke oder das Personal im Zusammenhang mit weitergehenden Beschränkungen erlitten haben.
Diese Dokumentation muss jedenfalls auch statistische Auswertungen ermöglichen.
(14) Zur Sicherstellung des Kontrollzweckes dürfen in die Dokumentation nach Abs. 13 die Volksanwaltschaft und die Mitglieder der von ihr eingesetzten Kommissionen (Art. 148h Abs. 3 B-VG) und internationale Besuchsmechanismen (CPT und CAT) Einsicht nehmen.