Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer, Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Stüger, in der Rechtssache der Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in 1030 Wien, Modecenterstraße 22, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. Jänner 2025, W163 2181701 2/14E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (mitbeteiligte Partei: N H in S), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der im Jahr 1994 geborene Mitbeteiligte ist Staatsangehöriger von Afghanistan. Er stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 10. Juni 2015 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Mit Erkenntnis vom 27. November 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen den den Antrag des Mitbeteiligten abweisenden Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erhobene Beschwerde ab.
3 Der Mitbeteiligte wurde in Österreich straffällig.
4 Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 5. November 2018 wurde der Mitbeteiligte wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Abs. 1 Z 2 StGB rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen in Höhe von € 4, , im Uneinbringlichkeitsfall 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, die unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren im Ausmaß von 90 Tagessätzen bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.
5 Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 21. November 2019 wurde festgestellt, dass der Mitbeteiligte eine Tat begangen hat, die ihm außerhalb seines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands als das Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB zugerechnet würde; der Mitbeteiligte sei gemäß § 21 Abs. 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen.
6 Mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 25. April 2023 wurde der Mitbeteiligte aus dem Vollzug der Maßnahme gemäß § 21 Abs. 1 StGB am 5. Mai 2023 gemäß § 47 StGB bedingt auf eine Probezeit von 10 Jahren entlassen.
7 Am 11. Mai 2023 stellte der Mitbeteiligte einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.
8 Mit Bescheid vom 3. November 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 3a iVm § 2 Abs. 1 Z 13 und § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 für unzulässig erklärt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass der Mitbeteiligte sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 26. November 2018 verloren habe (Spruchpunkt IV.).
9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der gegen die Spruchpunkte I., II. und IV. erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung statt und stellte gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 fest, dass dem Mitbeteiligten damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme. In Erledigung der Beschwerde wurden weiters die Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG behoben. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
10 In seiner rechtlichen Begründung ging das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass ein Ausschlussgrund im Sinn des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vorgelegen sei. Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck sei rechtskräftig festgestellt worden, dass der Mitbeteiligte eine Tat begangen habe, die ihm außerhalb seines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands als das Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB zugerechnet werden würde; der Mitbeteiligte sei in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 25. April 2023 sei der Mitbeteiligte unter Auflagen am 5. Mai 2023 aus dem Vollzug der Maßnahme gemäß § 47 StGB bedingt auf eine Probezeit von 10 Jahren entlassen worden. Es sei zu prüfen, ob eine tatsächliche und erhebliche Gefahr zu demjenigen Zeitpunkt bestehe, zu dem die Entscheidung getroffen werde, wobei die Entwicklungen nach der Begehung einer solchen Straftat zu berücksichtigen seien. Wie in der Beweiswürdigung ausführlich dargestellt, sei unter Berücksichtigung der Beweismittel sowie des gewonnenen persönlichen Eindrucks die Feststellung zu treffen gewesen, dass der Mitbeteiligte die ihm auferlegten gerichtlichen Weisungen erfülle. Die Gefährlichkeit des Mitbeteiligten sei bei Fortführung der fachärztlichen Behandlung und konsequenter Medikation nicht mehr gegeben.
11 Hinsichtlich des Vorbringens zu einer Verfolgung führte das Verwaltungsgericht weiters aus, der Mitbeteiligte habe seine sexuelle Orientierung glaubhaft machen können. Er sei der sozialen Gruppe der Homosexuellen zuzurechnen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan drohten mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Eingriffe von hoher Intensität in seine zu schützende persönliche Sphäre, sodass ihm der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen sei.
12 Dagegen richtet sich die Revision der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde.
13 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert gemäß § 28 Abs. 3 VwGG vorgebrachten Gründe zu überprüfen.
16 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wendet sich zunächst gegen die vom Bundesverwaltungsgericht bei der Beurteilung nach § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 vorgenommene Gefährdungsprognose. Sie macht zur Begründung der Zulässigkeit der Revision einen „Begründungsmangel“ geltend. Angesichts der gravierenden Straftat des Mitbeteiligten sei jedenfalls ein längerer Beobachtungszeitraum anzusetzen, um nachhaltig von einem Wegfall der Gefährdung ausgehen zu können. Indem das Bundesverwaltungsgericht nach einem Wohlverhaltenszeitraum von nur einem Jahr und acht Monaten davon ausgegangen sei, dass eine Gefährlichkeit des Mitbeteiligten nicht mehr gegeben sei, sei es von näher dargestellter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Zur Relevanz bringt die Amtsrevision vor, hätte das Verwaltungsgericht die Tatsache, dass sich der Mitbeteiligte noch nicht einmal zwei Jahre in Freiheit befinde sowie die Schwere der Straftat, die Tatumstände und seinen Gesundheitszustand entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gewürdigt, so wäre eine abweisende Entscheidung wahrscheinlich gewesen.
17 Gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.
18 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich nach Vorliegen der Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) je vom 6. Juli 2023, C 402/22, C 8/22 sowie C 663/21, in seinem Erkenntnis vom 25. Juli 2023, Ra 2021/20/0246, ausführlich unter Bedachtnahme auf die unionsrechtlichen Vorgaben mit den Voraussetzungen für die Anwendung des in § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 enthaltenen Ausschlussgrundes befasst. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird insoweit auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
19 Dazu ist anzumerken, dass der Verwaltungsgerichtshof auch in Zusammenhang mit einer Beurteilung nach § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 bereits darauf hingewiesen hat, dass eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Gefährdungsprognose im Allgemeinen, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wird, keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG aufwirft (vgl. VwGH 10.10.2024, Ra 2024/19/0374, mwN).
20 Die revisionswerbende Behörde, die mit ihren Ausführungen tatsächlich keinen Begründungsmangel geltend macht, sondern eine andere rechtliche Bewertung des festgestellten Sachverhalts in Bezug auf die vom Mitbeteiligten ausgehende Gefahr erwirken möchte, greift lediglich einen Aspekt der Gefährdungsprognose, nämlich die heranzuziehende Dauer des Wohlverhaltenszeitraums, heraus. Dabei legt sie nicht dar, welche konkreten Feststellungen zu treffen gewesen wären und welche nicht vom Verwaltungsgericht ohnehin angenommenen Umstände eine andere Bewertung der Gefährlichkeit bewirken würden. Es gelingt der revisionsführenden Behörde nicht, der vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Einzelfallbeurteilung entgegenzutreten und schlüssig darzulegen, weshalb das Verwaltungsgericht von den in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien abgewichen wäre (vgl. zu diesen Kriterien VwGH 25.7.2023, Ra 2021/20/0246, Rn 93 95, mwN).
21 Weiters macht das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in der Zulässigkeitsbegründung geltend, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dahin, ob unter den Tatbestand des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 auch eine Anordnung der Unterbringung in einem forensisch therapeutischen Zentrum iSd § 21 Abs. 1 StGB falle. In Bezug auf die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005, der ein „schweres Verbrechen“ voraussetze, habe der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 22. Oktober 2020, Ro 2020/20/0001, bereits festgehalten, dass den Erläuterungen zur Änderung des § 9 AsylG 2005 (RV 330 BlgNR 24. GP, 9) nicht zu entnehmen sei, dass der Gesetzgeber auch jene Personen als des subsidiären Schutzes nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 unwürdig hätte einstufen wollen, denen ihr strafbares Handeln nicht schuldhaft vorwerfbar sei. Da sowohl von § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 als auch von § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 die Verurteilung wegen eines schweren bzw. besonders schweren Verbrechens und demnach ein gravierendes strafrechtliches Fehlverhalten, das zu einer Verurteilung führt, gefordert werde, sei davon auszugehen, dass das soeben zitierte Judikat auch auf den Ausschluss von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zu übertragen sei. Die fehlende Rechtsprechung sei auch relevant, weil sich das Bundesverwaltungsgericht beim Verneinen von Asylausschlussgründen mit der Prüfung des Tatbestandes des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 begnügt habe, ohne das Vorliegen eines anderen Ausschlussgrundes in Erwägung zu ziehen. Es hätte jedoch insbesondere das Bestehen einer Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich nach § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 prüfen müssen, weil die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach Ansicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl mangels schuldhafter Vorwerfbarkeit kein „besonders schweres Verbrechen“ gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 darstelle. Beim Mitbeteiligten sei aufgrund der Schwere der von ihm begangenen Straftat und des bisher kurzen Zeitraums des Wohlverhaltens jedenfalls von einer Gemeingefährdung auszugehen.
22 Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG auf.
23 Gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt.
24 Im bereits zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes vom 25. Juli 2023, Ra 2021/20/0246 (Rn 62), wurde zu der dort maßgeblichen Bestimmung des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 festgehalten, dass der darin enthaltene Ausschlussgrund inhaltlich mit dem in Art. 14 Abs. 4 lit. b StatusRL genannten Grund korreliert. Danach kann einem Flüchtling die ihm von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Rechtsstellung aberkannt, diese beendet oder ihre Verlängerung abgelehnt werden, wenn der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit des Mitgliedstaates darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde (Art. 14 Abs. 4 StatusRL). Davon ausgehend war beim Verständnis und der Anwendung des Ausschlussgrundes des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 auf die unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 14 Abs. 4 lit. b StatusRL Rücksicht zu nehmen.
25 Nichts anderes gilt für den in der Revision angesprochenen Ausschlussgrund des § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, der sich inhaltlich mit dem in Art. 14 Abs. 4 lit. a StatusRL deckt. Danach kann einem Flüchtling die ihm von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Rechtsstellung aberkannt, diese beendet oder ihre Verlängerung abgelehnt werden, wenn es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaates darstellt, in dem er sich aufhält.
26 In seinem Urteil vom 27. Februar 2025, C 454/23 hat der EuGH ausgesprochen, dass sich Art. 14 Abs. 4 lit. a StatusRL (Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaates) auf eine andere Art von Gefahr bezieht als Art. 14 Abs. 4 lit. b StatusRL, der auf eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaates abstellt (Rn 48). Die Wendung „Sicherheit des Mitgliedstaates, in dem ... sich der Flüchtling aufhält“ in Art.14 Abs. 4 lit. a der StatusRL entspricht dem Begriff der „nationalen Sicherheit“ in Art. 24 Abs. 1 dieser RL (Rn 49). Unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung des EuGH ist damit „sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaates umfasst und dass daher die Beeinträchtigung des Funktionierens der Einrichtungen des Staates und seiner wichtigen öffentlichen Dienste sowie das Überleben der Bevölkerung ebenso wie die Gefahr einer erheblichen Störung der auswärtigen Beziehungen oder des friedlichen Zusammenlebens der Völker oder eine Beeinträchtigung der militärischen Interessen die öffentliche Sicherheit berühren können“ (Rn 49 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH).
27 Die Behörde setzt in ihrem Vorbringen in der Amtsrevision vielmehr die Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich mit einer „Gemeingefährdung oder Gefahr für die Allgemeinheit“ gleich. Dieser Schluss erweist sich vor dem Hintergrund der oben dargelegten Ausführungen als nicht zutreffend. Abgesehen davon erstattet die revisionsführende Behörde auch kein Vorbringen, weshalb und inwieweit der Mitbeteiligte tatsächlich eine Gefahr für die innere und äußere Sicherheit der Republik Österreich darstelle.
28 Damit erübrigt es sich, auf die zusätzlich angesprochenen Fragen einzugehen, weil das rechtliche Schicksal der Revision von der Beantwortung der insoweit aufgeworfenen Rechtsfragen nicht abhängt (vgl. VwGH 25.7.2023, Ra 2023/20/0314, mwN).
29 In der Revision wird sohin keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 24. März 2025