Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrat Mag. Eder und Hofrätin Mag. I. Zehetner als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Stüger, in der Rechtssache der Revision des D M, vertreten durch Mag. Oliver Mathis, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Dezember 2024, L524 2150685 2/13E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Irak, stellte am 29. November 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Dieser Antrag, den der Revisionswerber mit einer ihm im Herkunftsstaat drohenden Verfolgung durch eine schiitische Miliz begründet hatte, wurde im Instanzenzug mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Mai 2018 als unbegründet abgewiesen.
2 Am 3. Mai 2023 stellte der Revisionswerber den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005. Diesen begründete er mit einer ihm drohenden Todesstrafe aufgrund seines Abfalls vom Islam.
3 Mit Bescheid vom 1. Dezember 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte die Zulässigkeit seiner Abschiebung in den Irak fest (Spruchpunkt V.) und erkannte einer Beschwerde gegen die Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.) Es sprach weiters aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VII.).
4 Mit (Teil-)Erkenntnis vom 16. Jänner 2024 gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des bekämpften Bescheides statt, erkannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu und erklärte die Erhebung einer Revision gemäß § 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 17. Dezember 2024 wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis V. des bekämpften Bescheides als unbegründet ab und änderte dessen Spruchpunkt VII. dahin ab, dass die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt wurde. Die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte es für nicht zulässig.
6 Begründend führte es soweit für den Revisionsfall relevant nach näherer Beweiswürdigung im Wesentlichen aus, der Revisionswerber bezeichne sich als religionslos und Deist und sei am 11. Dezember 2023 formal aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich ausgetreten. Den Lehren des Islam stehe der Revisionswerber kritisch gegenüber. Er habe bereits im Irak die Moschee nicht besucht und die religiösen Verhaltensvorschriften sowie Verbote des Islam nicht eingehalten, ohne dass er deswegen Schwierigkeiten zu gewärtigen gehabt habe. Wenn jemand, etwa Familienangehörige, vom Austritt aus der islamischen Religion oder der Austrittserklärung im Herkunftsstaat des Revisionswerbers Kenntnis habe, könne es sich nur um Personen handeln, die der Revisionswerber selbst informiert habe und von denen er nichts zu befürchten habe. Die Behörden im Herkunftsstaat des Revisionswerbers hätten davon keine Kenntnis und es sei auch nicht davon auszugehen, dass sie hiervon im Fall der Rückkehr in den Irak Kenntnis erlangten. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Revisionswerber infolge einer tatsächlichen oder ihm unterstellten Abkehr vom Islam im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer individuellen Gefährdung unterliegen würde oder psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gemäß§ 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen.
10 Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit seiner Revision zunächst im Wesentlichen damit, das Bundesverwaltungsgericht sei von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, „ob im Rahmen einer Erstbefragung nähere Fragen zu Fluchtgründen gestellt werden können/dürfen“, abgegangen. Das Bundesverwaltungsgericht habe wie auch schon die belangte Behörde die Entscheidung „vorrangig auf vermeintliche Widersprüche (des Revisionswerbers) im Fluchtvorbringen bei der Erstbefragung und der niederschriftlichen Vernehmung“ gestützt und damit gegen § 19 AsylG 2005 verstoßen. Deren „einziges Argument“ sei ein vermeintlicher Widerspruch, den es, wäre das Verfahren ohne Verfahrensfehler nämlich ohne die Befragung des Revisionswerbers im Zuge der Erstbefragung nach den Fluchtgründen erfolgt, nicht gegeben hätte. Dieser Widerspruch liege zudem nicht vor, sondern es sei eine ausführlichere Erzählung der Fluchtgründe erfolgt.
11 Damit übersieht der Revisionswerber jedoch, dass die Einschränkung des § 19 Abs. 1 zweiter Satz AsylG 2005, demgemäß die Erstbefragung insbesondere der Ermittlung der Identität und der Reiseroute des Fremden dient und sich nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat, nicht gilt, wenn es sich wie vorliegend um einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 leg. cit.) handelt (§ 19 Abs. 1 dritter Satz AsylG 2005). Ein Abgehen von der in der Zulässigkeitsbegründung zitierten Rechtsprechung, die sich auf Anträge bezieht, die nicht als Folgeantrag im Sinn des AsylG anzusehen sind, oder ein sonstiger Verstoß gegen § 19 AsylG 2005 wird damit schon deshalb nicht aufgezeigt.
12 Darüber hinaus hat sich das Bundesverwaltungsgericht - entgegen dem Revisionsvorbringen - in seiner Beweiswürdigung nicht allein auf Widersprüche im Fluchtvorbringen zwischen der Erstbefragung und der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gestützt, sondern auch auf weitere, zudem für sich betrachtet tragfähige Erwägungen, zu denen es nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der es sich einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschaffen konnte, gelangte, und denen in der Revision nicht substantiiert entgegengetreten wird. So bezog sich das Bundesverwaltungsgericht in Zusammenhang mit dem vorgebrachten Abfall des Revisionswerbers vom Islam nicht nur auf den in der Erstbefragung nicht geltend gemachten Kontaktabbruch und Schwierigkeiten des Revisionswerbers mit seiner Familie, sondern weiters auf verschiedene, näher dargelegte Divergenzen in seinen Aussagen zu seinen Befürchtungen für den Fall der Rückkehr zwischen seinen Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie den Ausführungen in seiner Beschwerde. Die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts erweist sich als nicht unvertretbar im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zum im Revisionsverfahren anzulegenden Maßstab hinsichtlich der Überprüfung der Beweiswürdigung vgl. etwa VwGH 17.12.2024, Ra 2024/20/0759, Rn. 9; 26.4.2021, Ra 2021/20/0006, Rn. 8; jeweils mwN).
13 Der Revisionswerber bringt zur Begründung der Zulässigkeit seiner Revision im Weiteren vor, sein wesentlicher Grund „für die Flucht bzw die Unmöglichkeit seiner Rückkehr“ sei sein Austritt aus der Glaubensgemeinschaft. Es dürfe als offenkundig betrachtet werden, dass die Abkehr von der Religion in einem Land wie dem Irak nicht mit derselben Gelassenheit wie in einem westlichen Land betrachtet werde. Die vom Revisionswerber ins Treffen geführten Gründe, weshalb eine Rückkehr aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich sei, seien „vollkommen denklogisch“ und es stehe „die Begründung des erkennenden Gerichtes im hier angefochtenen Erkenntnis nicht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung oder gar den Bestimmungen der EMRK“. Die Vornahme „fundierter Erhebungen“ scheine geboten.
14 Wird eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, ist in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen habe und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Eine Zulässigkeitsbegründung, die bloß pauschale Behauptungen, jedoch keine konkrete Rechtsfrage und auch keine Bezugnahme auf Judikatur enthält, entspricht diesen Anforderungen nicht (vgl. VwGH 14.12.2023, Ra 2021/20/0474, mwN). Diesem Erfordernis wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision in dem dargelegten Zusammenhang nicht nachgekommen und schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG aufgezeigt.
15 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 5. März 2025