Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des A S, vertreten durch Mag. Nikolaus Rast und Mag. Nirsad Musliu, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Alser Straße 23/14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. April 2025, I425 2310259 1/3E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Ägyptens, stellte am 14. Mai 2024 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er bei seiner nach islamischem Ritus angetrauten und in Österreich asylberechtigten Ehepartnerin leben wolle und sein zuvor gestellter Antrag auf Ausstellung eines Visums von der österreichischen Botschaft in Kairo abgelehnt worden sei. Auf einem anderen Weg als über den Asylantrag könne er nicht nach Österreich kommen.
2 Mit Bescheid vom 27. Februar 2025 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG habe zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen. Zudem wendet sich der Revisionswerber gegen die im Rahmen der Rückkehrentscheidung vorgenommene Interessenabwägung gemäß § 9 BFA VG und führt in diesem Zusammenhang die Schwangerschaft seiner Lebensgefährtin sowie seine Integration in Österreich ins Treffen.
9 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 6.2.2025, Ra 2025/19/0012, mwN).
10 Diesen Anforderungen wird die Zulässigkeitsbegründung der Revision zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung nicht gerecht. Sie verabsäumt es insbesondere, auf die Voraussetzungen des § 21 Abs. 7 BFA VG Bezug zu nehmen und konkret darzulegen, inwiefern das BVwG von den dazu aufgestellten Leitlinien abgewichen wäre (vgl. zu diesen Leitlinien grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018, sowie rezent etwa VwGH 12.2.2025, Ra 2024/19/0547, mwN).
11 Im vorliegenden Fall führte die belangte Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren und trat die Beschwerde den Feststellungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nicht substantiiert entgegen. Das BVwG schloss sich in seiner Beweiswürdigung den tragenden Erwägungen der belangten Behörde an, indem es einzig familiäre Gründe für die Ausreise des Revisionswerbers als glaubhaft annahm und eine Integrationsverfestigung in Österreich verneinte. Zudem traf es seine Entscheidung wenige Wochen nach Erlassung des angefochtenen Bescheides, weshalb auch die gebotene Aktualität vorliegt.
12 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die bei der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung im Allgemeinen wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar (vgl. VwGH 12.12.2024, Ra 2023/19/0472, mwN).
13 Das BVwG ging zutreffend davon aus, dass es bei der Beurteilung des Privat und Familienlebens des Fremden im Sinn des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA VG maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitpunkt gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste. Diese Überlegungen gelten insbesondere auch für eine Eheschließung mit einer in Österreich aufenthaltsberechtigten Person, wenn dem Fremden zum Zeitpunkt des Eingehens der Ehe die Unsicherheit eines gemeinsamen Familienlebens in Österreich in evidenter Weise klar sein musste, und daher umso mehr für eine in einer solchen Situation begründete Lebensgemeinschaft (vgl. VwGH 9.6.2022, Ra 2022/19/0105, mwN).
14 Das BVwG führte aus, dass der Revisionswerber und seine Lebensgefährtin kinderlos seien, kein Abhängigkeitsverhältnis zwischen ihnen bestehe und der Revisionswerber keine maßgeblich intensiven Integrationsmerkmale aufweise. Der Revisionswerber hätte sogar zunächst versucht, auf legalem Weg nach Österreich zu kommen, jedoch sei ihm das hierzu erforderliche Visum seitens der österreichischen Botschaft in Kairo verweigert worden.
15 Dem erstmals in der Revision erstatteten Vorbringen, die Lebensgefährtin des Revisionswerbers sei schwanger, ist entgegen zu halten, dass das BVwG seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach und Rechtslage auszurichten hatte. Die mit der Revision vorgelegte Schwangerschaftsbestätigung datiert erst nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG und kann daher bei der Entscheidung über die Revision keine Berücksichtigung finden (vgl. VwGH 21.9.2022, Ra 2022/19/0147, mwN).
16 Die Revision vermag nicht aufzuzeigen, dass die vom BVwG im Einzelfall vorgenommene Gewichtung der festgestellten Umstände, auch unter Bedachtnahme auf das in Österreich bestehende Familienleben des Revisionswerbers, unvertretbar wäre.
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 30. Juni 2025