JudikaturVwGH

Ra 2025/14/0214 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
18. Juli 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer-Kober sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Marzi als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision des W K, vertreten durch Dr. Johannes Samaan, Rechtsanwalt in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Mai 2025, W241 23129731/4E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 5. Dezember 2024 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 12. Dezember 2024 ein Informationsersuchen an Griechenland. Griechenland teilte am 6. Februar 2025 mit, dass der Revisionswerber am 30. September 2024 einen Antrag auf internationalen Schutz in Griechenland gestellt habe und ihm am 24. Oktober 2024 der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden sei.

3Mit Bescheid vom 28. April 2025 wies das BFA den Antrag des Revisionswerbers gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurück, stellte fest, dass sich der Revisionswerber nach Griechenland zurückbegeben müsse, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 und ordnete die Außerlandesbringung des Revisionswerbers gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) an. Die Abschiebung nach Griechenland sei gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig.

4 Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wies die dagegen erhobene Beschwerde mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab (Spruchpunkt A). Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig (Spruchpunkt B).

5 Begründend führte das BVwG aus, dass der Revisionswerber bereits in Griechenland einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und den Status des Asylberechtigten zuerkannt bekommen habe. Er verfüge über eine verlängerbareAufenthaltsberechtigung bis 23. Oktober 2027. Aufgrund dessen habe das BFA zu Recht den in Österreich gestellten Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 zurückgewiesen und die Außerlandesbringung angeordnet. Der Revisionswerber laufe vor dem Hintergrund der Länderberichte im Falle einer Überstellung nach Griechenland nicht Gefahr, in seinen Rechten nach Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK verletzt zu werden. Zu seinem in Österreich lebenden Bruder liege weder ein gemeinsamer Haushalt noch ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis vor. Auch ließe sich eine über das übliche Maß hinausgehende Beziehung zwischen den Brüdern nicht erkennen und es lägen auch keine Hinweise auf eine außergewöhnliche Integration des Revisionswerbers in Österreich vor. Er sei hier nie selbsterhaltungsfähig oder erwerbstätig gewesen und habe auch keine Unterlagen zum Spracherwerb vorgelegt. Die Aufenthaltsdauer sei kurz und der Revisionswerber verfüge über internationalen Schutz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union. Das öffentliche Interesse an der Außerlandesbringung würde die privaten Interessen des Revisionswerbers überwiegen.

6Dagegen wendet sich die vorliegende Revision, in der zur Begründung ihrer Zulässigkeit geltend gemacht wird, es mangle „an einer einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur nachstehend dargelegten Frage und zwar, ob und inwieweit die Bindung zu einem in Österreich lebenden Verwandten ausreiche, um ein Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK zu begründen, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass kein gemeinsamer Wohnsitz des Revisionswerbers mit seinem in Österreich lebenden Bruder besteht.“

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Mit dem oben angeführten Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

11Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach festgehalten, dass die Frage, ob außerhalb des Bereiches des insbesondere zwischen Ehegatten und ihren minderjährigen Kindern ipso iure zu bejahenden Familienlebens iSd Art. 8 EMRK ein Familienleben vorliegt, nach der Rechtsprechung des EGMR jeweils von den konkreten Umständen abhängt, wobei für die Prüfung einer hinreichend stark ausgeprägten persönlichen Nahebeziehung gegebenenfalls auch die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung sind. Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. für viele etwa VwGH 5.9.2022, Ra 2022/18/0115, Rn. 9, mwN; 24.11.2022, Ra 2022/18/0163, Rn. 16, mwN; 3.6.2024, Ra 2024/14/0297, Rn. 16, mwN).

12Weder wird in der Revision aufgezeigt, inwiefern diese Rechtsprechung uneinheitlich wäre, noch wird dargelegt, dass im Revisionsfall solche besonderen Abhängigkeitsmerkmale vorliegen würden, welche über die üblichen Bindungen hinausgehen und folglich eine unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK fallende familiäre Beziehung unter Erwachsenen zwischen dem Revisionswerber und seinem Bruder begründen würden. Vielmehr ist der Revision selbst zu entnehmen, dass zwischen den Brüdern kein gemeinsamer Haushalt besteht.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 18. Juli 2025