JudikaturVwGH

Ra 2025/14/0110 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
02. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Schartner, Bakk., als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision des S A in M, vertreten durch Mag. Hilal Kafkas, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Schrannengasse 7a/12, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20. November 2024, I422 2301002 1/5E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Türkei, stellte am 8. April 2023 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), den er im Wesentlichen damit begründete, aufgrund seiner Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe sowie seiner regimekritischen und politischen Aktivitäten verfolgt zu werden.

2 Mit Bescheid vom 5. September 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag ab, erteilte dem Revisionswerber keine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte es mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 24. Februar 2025, E 9/2025 7, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Soweit sich der Revisionswerber unter diesem Gesichtspunkt gegen die Beweiswürdigung des BVwG wendet, wonach es ihm nicht gelungen sei, eine asylrelevante Verfolgung glaubhaft zu machen, zeigt er nicht auf, dass die Erwägungen des BVwG unvertretbar gewesen wären (vgl. zum diesbezüglichen Maßstab für das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung etwa VwGH 16.1.2025, Ra 2024/14/0691, mwN).

9 Das BVwG sah es nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, bei der es sich einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschaffen konnte als erwiesen an, dass der Revisionswerber weder aufgrund seiner kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit noch aufgrund seiner (exil)politischen Tätigkeit bzw. der politischen Aktivitäten innerhalb seiner Familie für die HDP in asylrelevanter Weise verfolgt werde. Zu diesen Schlussfolgerungen gelangte das BVwG nach einer umfassenden Beweiswürdigung, in welcher es die Länderberichte berücksichtigte und sich mit den im Erkenntnis näher dargestellten teils widersprüchlichen, vagen und gesteigerten Angaben des Revisionswerbers zu seinen Fluchtgründen auseinandersetzte. Den auf die Person des Revisionswerbers konkret bezogenen Erwägungen des BVwG werden in der Revision keine Argumente entgegengesetzt. Sie begegnet den Ausführungen des BVwG lediglich mit einzelnen, aus den Länderberichten herausgegriffenen Passagen und verweist auf sich aus den Länderberichten in Einzelfällen ergebende Konsequenzen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine Feststellung allgemeiner Umstände im Herkunftsstaat die Glaubhaftmachung der Gefahr einer konkreten, individuell gegen den Revisionswerber gerichteten Verfolgung nicht ersetzen kann (vgl. erneut VwGH 16.1.2025, Ra 2024/14/0691, mwN).

10 Soweit die Revision sich zur Begründung ihrer Zulässigkeit auf Verfahrensmängel im Hinblick auf das Vorbringen zu den politischen Aktivitäten des Revisionswerbers sowie zur Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung stützt, ist ihr Folgendes zu entgegnen:

11 Werden Verfahrensmängel wie hier Begründungs- und Ermittlungsmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 13.5.2024, Ra 2024/14/0221, mwN). Eine solche konkrete und fallbezogene Relevanzdarstellung lässt die Revision mit ihrem allgemein gehaltenen Vorbringen vermissen. Insbesondere verabsäumt sie es konkret auszuführen, welche Feststellungen zu treffen gewesen wären und aufgrund welcher Umstände diese zu einer anderen Entscheidung hätten führen können.

12 Entgegen dem Revisionsvorbringen hat sich das BVwG im Übrigen auch mit der behaupteten Rolle des Revisionswerbers in Zusammenhang mit der HDP und angeblichen Ermittlungen der türkischen Behörden gegen seine Person ausführlich auseinandergesetzt. Dem diesbezüglich auf der Prämisse der Richtigkeit der eigenen Behauptungen aufbauenden und sich insofern vom festgestellten Sachverhalt entfernenden Revisionsvorbringen ist somit schon deswegen der Boden entzogen.

13 Insoweit in der Revision erstmals behauptet wird, gegen den Revisionswerber sei von der Oberstaatsanwaltschaft Mardin ein Haftbefehl wegen Terrorpropaganda im Sinne des Anti Terror Gesetzes erlassen worden, steht diesem Vorbringen schon das sich aus § 41 Abs. 1 VwGG ergebende Neuerungsverbot entgegen (vgl. etwa VwGH 26.2.2025, Ra 2025/14/0036).

14 Soweit sich der Revisionswerber gegen die im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidung nach § 9 BFA VG iVm Art. 8 EMRK vorgenommene Interessenabwägung wendet, ist er darauf hinzuweisen, dass eine solche nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wenn sie wie im vorliegenden Fall auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde, nicht revisibel im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG ist (vgl. erneut VwGH 16.1.2025, Ra 2024/14/0691, mwN). Das BVwG setzte sich mit den maßgeblichen Aspekten des Privat- und Familienlebens des Revisionswerbers in Österreich auseinander und stellte es dem öffentlichen Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung gegenüber. Dabei berücksichtigte es auch die individuellen Lebensumstände des Revisionswerbers in seinem Herkunftsstaat. Dass die derart vorgenommene Beurteilung des BVwG unvertretbar oder sonst mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Fehler behaftet wäre, zeigt der Revisionswerber mit dem bloßen Verweis auf die Länderberichte und die Menschenrechtslage im Herkunftsstaat nicht auf.

15 Sofern der Revisionswerber vorbringt, ihm wäre ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 zu erteilen gewesen, verkennt er dabei die gegenständlich nicht gegebenen Voraussetzungen für die Erteilung dieses Aufenthaltstitels (vgl. dazu ausführlich VwGH 5.8.2021, Ra 2021/20/0254 bis 0257, mwN).

16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 2. Mai 2025

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