JudikaturVwGH

Ra 2025/14/0107 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
22. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Schartner, Bakk., als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision der B Ö (alias B Ö) in F, vertreten durch Dr. Max Kapferer, Dr. Thomas Lechner Dr. Martin Dellasega, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Jänner 2025, L519 2290348 1/29E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige der Türkei und Angehörige der kurdischen Volksgruppe, stellte am 15. Februar 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie begründete ihn im Wesentlichen damit, die Nichte eines hochrangigen PKK Führers zu sein und aufgrund dieses Verwandtschaftsverhältnisses und der Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe diskriminiert und verfolgt zu werden.

2 Mit Bescheid vom 13. März 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte der Revisionswerberin keine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass ihre Abschiebung in die Türkei zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte es mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 11. März 2025, E 356/2025 12, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

5 In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht, die zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen geltend macht, das BVwG habe die Anforderungen an die Glaubhaftmachung von Verfolgung wegen familiärer Nähe zu einem hochrangigen Führer der PKK verkannt und in Bezug auf die Prüfung geschlechtsspezifischer Verfolgung und der besonderen Schutzbedürftigkeit von Frauen in patriarchal geprägten Kontexten die bisherige (nicht näher genannte) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie des „EuGHMR“ (sic) missachtet bzw. fehle eine einheitliche Judikatur. Zudem sei die Verhandlungsführung in der Beschwerdeverhandlung nicht fair gewesen, da unbekannte Personen im Raum anwesend gewesen seien, die den Saal auch teilweise verlassen hätten, welche die Revisionswerberin und die Zeugen aber derart verunsichert hätten, dass sie ihre Angaben nicht frei und unbeeinflusst habe machen können.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Wenn die Revision zur Begründung der Zulässigkeit zunächst vorbringt, das BVwG habe die Anforderungen an die Glaubhaftmachung von Verfolgung wegen familiärer Nähe zu einem hochrangigen Führer der PKK verkannt, so ist dem entgegenzuhalten, dass die Prognoseentscheidung gemäß § 3 AsylG 2005, ob eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht wird, ein als glaubwürdig erachtetes Fluchtvorbringen voraussetzt (vgl. VwGH 22.1.2021, Ra 2021/01/0003, Rn. 7, mwN). Auch hat der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt, dass die Frage der Glaubhaftmachung des Fluchtvorbringens einer einzelfallbezogenen Beurteilung unterliegt (vgl. erneut VwGH 22.1.2021, Ra 2021/01/0003, mwN) und sohin im Allgemeinen nicht revisibel ist. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung zeigt die Revision mit ihrem pauschalen Vorbringen nicht auf, dass die Beurteilung des BVwG unvertretbar wäre.

10 Die Revision führt zur Begründung ihrer Zulässigkeit sodann aus, das BVwG habe die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie des „EuGHMR“ (sic) betreffend geschlechtsspezifische Verfolgung missachtet bzw. fehle eine einheitliche Judikatur. Zudem fehle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage verfahrensrechtlicher Mindeststandards bei Anwesenheit anonymer Personen im Verhandlungssaal. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 11.3.2025, Ra 2024/14/0725, mwN). Diesen Anforderungen wird die Revision, welche nicht näher konkretisiert, von welcher Rechtsprechung das BVwG in diesem Zusammenhang abgewichen wäre bzw. welche konkrete Rechtsfrage vom Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet wurde, nicht gerecht.

11 Soweit in der Revision schließlich Verfahrensmängel (hier: Ermittlungs , Feststellungs und Begründungsmängel) geltend gemacht werden, legt sie nicht dar, dass selbst unter der Annahme, dass diese Verfahrensmängel gegeben wären, ein anderes Verfahrensergebnis möglich gewesen wäre. Dies setzt (in Bezug auf Feststellungsmängel) voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Somit fehlt es aber an der zur Geltendmachung einer Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung geforderten Darlegung der Relevanz eines allfälligen Verfahrensmangels (vgl. für viele VwGH 19.3.2024, Ra 2022/18/0228).

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 22. Mai 2025

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