JudikaturVwGH

Ra 2025/07/0244 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
04. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie Hofrat Mag. Haunold und Hofrätin Dr. Holzinger als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, über die Revision des Mag. M W gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 20. März 2025, LVwG 2025/18/0516 2, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde in einer Angelegenheit des Chemikaliengesetzes 1996 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Tirol), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber ist Rechtsanwalt in Innsbruck.

2 Mit an den Revisionswerber gerichtetem Schreiben vom 11. Februar 2025 wies der Landeshauptmann von Tirol darauf hin, dass die D GmbH bis Ende August 2024 unter einer näher bezeichneten Internet Adresse einen B2BWebshop unter anderem für tabakfreie Nikotinbeutel betrieben habe. Auch sei vor Ende August 2024 „laut Impressum“ der D GmbH ein weiterer konkret bezeichneter Webshop zuzurechnen gewesen. Zur Überprüfung der Einhaltung chemikalienrechtlicher Vorschriften habe zuletzt im Jänner 2025 eine Nachschau im Sinne des § 58 Abs. 1 Chemikaliengesetz 1996 (ChemG 1996) stattgefunden. Die im Vorhinein angekündigte Einsichtnahme in jene Geschäftsunterlagen, die Auskunft über den Bezug sowie die Abgabe von chemikalienrechtlich relevanten Produkten der D GmbH im Jahr 2024 dokumentierten, sei durch die Geschäftsführer bzw. den Vertreter der D GmbH verweigert worden. Gemäß § 62 Abs. 1 ChemG 1996 werde der Revisionswerber daher aufgefordert, binnen einer Frist von einer Woche Auskunft über den Bezug sowie die Abgabe der in einer Anlage zu dem Schreiben ersichtlichen Produkte in einem näher konkretisierten Zeitraum, inklusive Angabe der Menge, der Lieferanten, der Empfänger sowie den jeweiligen Lagerstand dieser Produkte an die Chemikalienbehörde zu erteilen.

3 Gegen dieses Schreiben erhob der Revisionswerber Beschwerde.

4 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) diese Beschwerde als unzulässig zurück. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

5 In seiner Entscheidungsbegründung verwies das Verwaltungsgericht unter anderem darauf, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner näher zitierten Rechtsprechung schon mehrfach festgestellt habe, dass behördlichen Aufforderungen zur Auskunftserteilung keine Bescheidqualität zukomme. Dementsprechend sei auch bei dem verfahrensgegenständlichen Auskunftsverlangen davon auszugehen, dass es sich um eine nicht abgesondert bekämpfbare „Verfahrensanordnung“ handle. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes erweise sich die Beschwerde somit mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig.

6 Im Übrigen wies das Verwaltungsgericht darauf hin, die belangte Behörde sei beim Verfassen der Aufforderung richtigerweise vom Bestehen eines Vertretungsverhältnisses zwischen dem Revisionswerber und der D GmbH ausgegangen. Weiters ging das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf näher zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Unterscheidung zwischen „Empfänger im materiellen und im formellen Sinn“ davon aus, eine Gesamtbetrachtung des „angefochtenen Schreibens und der dort enthaltenen Bezugnahmen“ führe zu dem Ergebnis, dass sich die Aufforderung „an den [Revisionswerber] in seiner Funktion als Rechtsvertreter der [D] GmbH“ richten solle. Deshalb könne so das Verwaltungsgerichtdahingestellt bleiben, ob ihn auch eine Auskunftspflicht als Bevollmächtigter gemäß § 62 Abs. 1 Chemikaliengesetz 1996 (ChemG 1996) treffen könne.

7 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).

9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11Wie dargetan ging das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss davon aus, dass es sich bei dem Schreiben des Landeshauptmannes von Tirol vom 11. Februar 2025 um eine Aufforderung zur Auskunftserteilung gehandelt habe, der keine Bescheidqualität zukomme. Dieser den angefochtenen Beschluss tragenden Ansicht tritt der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision nicht substantiiert entgegen. Selbst wenn man die Behauptung des Revisionswerbers, wonach es „im Zeitpunkt einer (vermeintlichen) Anfrage gem § 62 Abs 1 ChemG 1996 noch gar kein Verfahren“ gebe, als inhaltlich gegen die rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichtes zum Nichtvorliegen eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes gerichtet verstehen wollte, vermag der Revisionswerber damit nicht die Zulässigkeit seiner Revision zu begründen. Insbesondere legt der Revisionswerber nämlich nicht nachvollziehbar dar, aus welchem Grund er annimmt, dass nicht etwa mit der Aufforderung zur Auskunftserteilung als solcher ein Verwaltungsverfahren anhängig gemacht wurde. Folglich erweist sich auch die vom Revisionswerber in diesem Zusammenhang behauptete Aktenwidrigkeit als nicht nachvollziehbar.

12Auch soweit er in der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision eine Verletzung des Parteiengehörs geltend macht und vorbringt, ihm sei ein schriftliches Vorbringen des Landeshauptmannes von Tirol vom 26. Februar 2025 „vorenthalten“ worden, legt der Revisionswerber nicht nachvollziehbar dar, dass bzw. aus welchem Grund das Verwaltungsgericht bei Vermeidung dieses behaupteten Verfahrensmangels in der entscheidungswesentlichen Frage der mangelnden Bescheidqualität des Schreibens vom 11. Februar 2025 zu einem inhaltlich anderen Verfahrensergebnis gekommen wäre (zur Notwendigkeit einer solchen Relevanzdarstellung bei der Geltendmachung von Verfahrensmängeln siehe etwa VwGH 20.5.2025, Ra 2024/07/0125 bis 0127, Rn. 19, mwN). Auch insoweit ergibt sich aus dem Zulässigkeitsvorbringen des Revisionswerbers nicht, weshalb er davon ausgeht, dass nicht etwa mit der in Rede stehenden Aufforderung zur Auskunftserteilung ein Verwaltungsverfahren anhängig gemacht worden ist. Folglich zeigt der Revisionswerber mit seinem diesbezüglichen Vorbringen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG auf.

13Zur Begründung der Zulässigkeit seiner Revision macht der Revisionswerber schließlich geltend, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 62 Abs. 1 ChemG 1996. Allerdings unterlässt es der Revisionswerber in diesem Zusammenhang eine konkrete Rechtsfrage aufzuzeigen, zu der seiner Ansicht nach keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt und deren Beantwortung für den Ausgang des gegenständlichen Revisionsverfahrens maßgeblich wäre, weshalb er schon deshalb mit dem dargestellten Vorbringen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG aufzeigt.

14 Im Übrigen ist dem Revisionswerber zwar dahin Recht zu geben, dass die vom Verwaltungsgericht zur Frage der Adressierung der in Rede stehenden Aufforderung zur Auskunftserteilung an den Revisionswerber als Rechtsvertreter der D GmbH vertretene Ansicht, die Aufforderung solle sich „an den [Revisionswerber] in seiner Funktion als Rechtsvertreter der GmbH richten“, unhaltbar erscheint. Darauf kommt es jedoch im Hinblick darauf, dass das Verwaltungsgericht vom Nichtvorliegen eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes ausgegangen und der Revisionswerber dieser Beurteilung wie dargetan nicht substantiiert entgegen getreten ist, nicht an.

15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 4. September 2025