Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätin Mag. Hainz Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision des W B in B, vertreten durch Dr. Stefan Hämmerle, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Goethestraße 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 5. Februar 2024, Zlen. 1. LVwG 318 111/2023 R8, 2. LVwG 327 11/2023 R8 und 3. LVwG 414 18/2023R8, betreffend eine Anordnung gemäß § 360 GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bludenz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Bestätigung des Spruchpunktes III. des vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheides vom 28. August 2023 richtet, zurückgewiesen.
11.1. Mit Spruchpunkt III. des beim Verwaltungsgericht bekämpften Bescheides der belangten Behörde vom 28. August 2023 wurde gegenüber dem Revisionswerber gemäß § 360 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) die sofortige Schließung einer bestimmten Selbstbedienungs Jausenstation angeordnet. Nur diese Anordnung ist Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens.
21.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der belangten Behörde, mit welchem dem Revisionswerber die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes nach der GewO 1994 aufgetragen worden war, nicht Folge. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
3 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde: Der Revisionswerber habe auf einem bestimmt bezeichneten Grundstück im Uferschutzbereich eines bestimmten Sees ein sowohl nach dem Baugesetz als auch nach dem Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung bewilligtes Wirtschaftsgebäude für landwirtschaftliche Zwecke sowie den dieses Gebäude umgebenden Bereich derart umgestaltet, dass dieses für den Betrieb einer Selbstbedienungs Jausenstation habe genutzt werden können. Rund um das für landwirtschaftliche Zwecke bewilligte Wirtschaftsgebäude seien vom Revisionswerber Geländeveränderungen vorgenommen und ein befestigter Weg, PKW Stellflächen, eine Terrasse mit Sitzmöglichkeiten und einer Abgrenzung aus teerölgetränkten alten Strommasten, eine weitere Terrasse mit Stützbauwerk und Absturzsicherungen sowie ein Balkon aus Stahlgerüst errichtet worden. Am Gebäude selbst seien mehrere Schilder und Werbungen angebracht worden. An der Fassade sei eine Holzbeschilderung als Werbeanlage mit der Aufschrift „Grüaß di beim ...see“ montiert. Für die Gäste würden in einem Schrank abgepackte Speisen und Getränke (darunter auch Bier in Dosen) zur Entnahme gegen Bezahlung eines Entgelts in einer bereitgehaltenen Kassa angeboten. Hierfür seien Tafeln mit Preislisten vorhanden. Auf den Schrank werde mit der von weitem sichtbaren Aufschrift „SB Kästli“ hingewiesen. In einem „Vogelhäuschen“ an der Fassade werde Schnaps gegen Entgelt zur freien Entnahme angeboten.
4Es liege weder eine Gewerbeberechtigung noch eine Betriebsanlagengenehmigung nach der GewO 1994 vor.
5 Dem Revisionswerber sei mit Schreiben der belangten Behörde vom 9. Juni 2023 unter anderem aufgetragen worden, den Betrieb der Selbstbedienungs Jausenstation umgehend einzustellen.
6In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, es sei unstrittig, dass der Revisionswerber weder über eine Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe noch über eine Betriebsanlagengenehmigung am hier in Rede stehenden Standort verfüge. Es würden in einem Schrank zur Selbstentnahme diverse abgepackte Speisen und Getränke, darunter auch Bier in Dosen, zur Entnahme gegen Bezahlung eines Entgelts in einer bereitgehaltenen Kassa angeboten. Weiters werde in einem „Vogelhäuschen“ Schnaps zur selbstständigen Entnahme ebenfalls gegen Entgelt angeboten. Neben dem Selbstbedienungsschrank sowie dem „Schnapshäuschen“ seien jeweils Preislisten angebracht, weshalb augenscheinlich eine Entnahme nur gegen Entrichtung eines Entgelts erfolgen dürfe und die betreffende Anlage gewerblich betrieben werde. Die errichteten Terrassen mit Sitzgelegenheiten würden zum Verweilen und zum Konsumieren einladen. Bei einer solchen Jausenstation handle es sich um eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage. Sofern der Revisionswerber vorbringe, die Speisen und Getränke würden unentgeltlich und daher nicht gewerblich angeboten, sei festzuhalten, dass die Erzielung eines unmittelbaren Ertrages für den Begriff der Gewerbsmäßigkeit kein notwendiges Erfordernis sei. Eine Tätigkeit werde auch dann gewerbsmäßig im Sinne der GewO 1994 ausgeübt, wenn sie neben anderen Kriterien in der Absicht betrieben werde, einen Ertrag oder einen sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt sei. Ertragserzielungsabsicht sei daher schon mit dem Vorliegen der Absicht gegeben, einen „sonstigen“, insbesondere einen bloß mittelbaren wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Auch andere den Geschäftszielen dienende positive Effekte stellten einen wirtschaftlichen Vorteil dar. Die Zurverfügungstellung von Getränken und abgepackten Speisen in einem Schrank zur Entnahme gegen Bezahlung eines Entgeltes habe zweifellos den Zweck, Erträge zu lukrieren. Es liege eine gewerbliche Tätigkeit vor. Der Revisionswerber habe daher ein Gastgewerbe ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt. Es liege somit eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 vor.
Es sei unstrittig, dass für die gegenständliche SelbstbedienungsJausenstation keine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung vorliege. Bereits die grundsätzliche Eignung einer Betriebsanlage zur Gefährdung und Belästigung begründe eine Genehmigungspflicht. Ob im konkreten Einzelfall tatsächlich Gefährdungen bestünden, sei erst im Genehmigungsverfahren nach § 77 GewO 1994 zu prüfen. Soweit der Revisionswerber vorbringe, dass es unerfindlich sei, wie vom Schrank oder vom Vogelhäuschen eine Gefahr für Leib und Leben oder eine Belästigung für Nachbarn ausgehen solle, sei darauf hinzuweisen, dass entsprechend § 360 Abs. 1 GewO bereits der Verdacht, dass eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne Vorliegen der hierfür erforderlichen Genehmigung betrieben werde, die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes rechtfertige. Es stehe fest, dass der Revisionswerber ein Gastgewerbe, nämlich den Betrieb einer SelbstbedienungsJausenstation ohne die erforderliche gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung ausgeübt habe. Es liege somit eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 vor. Nachdem der Revisionswerber der an ihn ergangenen Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht entsprochen habe, habe die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid zu Recht erlassen.
7 2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die nach Ablehnung und Abtretung der beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Februar 2025, E 982/2024, fristgerecht eingebrachte außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
8 3. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 3.1. Die Revision bringt zur Begründung der Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht habe rechtswidriger Weise von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.
123.2. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht nur dann ungeachtet eines Parteiantrages von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Die Akten lassen dann im Sinn des § 24 Abs. 4 VwGVG erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann, wenn also die Voraussetzungen hinsichtlich der Klärung des Sachverhaltes gegeben sind und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, für die eine Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre. Bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem Verwaltungsgericht ist eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC stehen dem Absehen von einer Verhandlung von Seiten des Verwaltungsgerichts nicht entgegen, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht und auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten können, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist (vgl. zu alldem VwGH 19.10.2022, Ro 2022/04/0001, Rn. 34 f, mwN).
133.3. Im vorliegenden Fall wird nicht aufgezeigt, inwiefern die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Tatsachen einer weiteren Klärung bedurft hätten, zumal die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung auf die hier alleine gegenständliche Anordnung gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 nicht Bezug nimmt. Die fallbezogenen Beurteilungen, ob es sich bei der vom Revisionswerber betriebenen Jausenstation um eine gewerbliche Tätigkeit handle bzw. ob die entsprechenden Einrichtungen einer gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung bedürften, stellen jeweils Rechtsfragen dar, die das Absehen von einer mündlichen Verhandlung konkret nicht als rechtswidrig erscheinen lassen.
14 3.4 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 4. Juli 2025