Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofräte Dr. Himberger und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des H L in T, vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in 9900 Lienz, Maria Duci Straße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 4. Dezember 2024, LVwG 2024/28/2518-5, betreffend Waffenverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Lienz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis verhängte das Landesverwaltungsgericht Tirol in Bestätigung eines Vorstellungsbescheides der belangten Behörde vom 22. August 2024 über den Revisionswerber gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) ein Waffen und Munitionsverbot und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
2 Dem legte das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zusammengefasst zu Grunde, der alkoholisierte Revisionswerber habe sich am 28. Jänner 2024 um zirka fünf Uhr früh in eine ihn nicht betreffende Amtshandlung der Polizeistreife „L2“ vor einem näher genannten Lokal immer wieder eingemischt und sei immer aufgebrachter und aggressiver geworden. Einer der beiden Polizeibeamten und der Türsteher des Lokals hätten versucht, den Revisionswerber zu beruhigen, seien jedoch vom Revisionswerber mit folgenden Worten bedroht worden: „I muass gornix, i bring enk um, i stich enk ob, wenn des mi mitnehmts“. Diese Drohung habe der Revisionswerber in der Folge auch gegenüber der zweiten anwesenden Polizeibeamtin geäußert und mehrmals wiederholt. Schließlich sei gegen den Revisionswerber Anzeige wegen Verletzung öffentlichen Anstandes nach § 11 Abs. 1 Tiroler Landes Polizeigesetz und wegen aggressivem Verhalten gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht nach § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz erstattet worden.
3 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, dass die gegenständlichen Aussagen und Drohungen des Revisionswerbers das erhebliche Aggressionspotential und die damit verbundene Gefährlichkeit des Revisionswerbers insbesondere in Verbindung mit Alkoholkonsum verdeutlichen würden. Somit liege beim Revisionswerber ein Gefährdungspotential im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG vor, welches die Verhängung eines Waffenverbotes rechtfertige. Aufgrund des beschriebenen Vorfalls am 28. Jänner 2024 sei die waffenrechtliche Verlässlichkeit des Revisionswerbers nicht mehr gegeben. Seine mehrmaligen verbalen Drohungen würden zu Recht befürchten lassen, dass der Revisionswerber, wäre er im Besitz von Waffen, diese womöglich missbräuchlich verwenden würde und hiedurch das Leben, die Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die demnach für die Zulässigkeit der Revision allein maßgebliche Zulässigkeitsbegründung bringt zunächst vor, das Verwaltungsgericht sei von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, derzufolge eine Beweiswürdigung widerspruchsfrei sein müsse. Die Begründung des Verwaltungsgerichts lasse keine ausreichende Auseinandersetzung „mit den vorgelegten Beweisen bzw. den Aussagen der Zeugen“ erkennen und entspreche nicht dem Unmittelbarkeitsprinzip. Überdies sei das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach zum Alkoholkonsum zusätzliche Gefahrenmomente hinzutreten müssten, um die Verhängung eines Waffenverbotes zu rechtfertigen. Im vorliegenden Fall habe das Verwaltungsgericht den Ausnahmecharakter eines einmaligen Gewaltvorfalles nicht berücksichtigt.
9 Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG auf:
10 Gemäß § 12 Abs. 1 WaffG hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient die Verhängung des Waffenverbotes der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger („missbräuchlicher“) Gebrauch gemacht und dadurch eine Gefährdung im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG herbeigeführt werden könnte. Hierbei ist nach dem dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Schusswaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG setzt voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen (nämlich durch gesetz oder zweckwidrigen Gebrauch) zu befürchten ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 6.12.2024, Ra 2024/03/0033, mwN).
12 Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde gemäß § 12 Abs. 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne dass ein bisher untadeliges Vorleben dem entgegenstünde. Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist (vgl. etwa VwGH 15.3.2024, Ra 2023/03/0206, mwN).
13 Eine Bedrohung mehrerer Menschen mit dem Umbringen stellt eine konkrete Tatsache im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG dar, die ein für die Beurteilung der Voraussetzungen eines Waffenverbotes relevantes Bild von der Persönlichkeit eines Menschen vermitteln kann und wegen des damit zu Tage getretenen Aggressionspotenzials ein Waffenverbot zu rechtfertigen vermag. Auch andere massive Drohungen mit Gewalttaten erlauben die für die Verhängung des Waffenverbots erforderliche Gefährdungsprognose (vgl. nochmals VwGH 15.3.2024, Ra 2023/03/0206, mwN).
14 Die Revision führt zutreffend aus, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Alkoholmissbrauch für sich genommen und ohne Hinzutreten zusätzlicher Gefahrenmomente ein Waffenverbot nicht zu begründen vermag (vgl. etwa VwGH 27.2.2023, Ra 2022/03/0011, mwN); sie lässt jedoch außer Acht, dass das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall seiner Gefährdungsprognose nicht nur die Alkoholisierung des Revisionswerbers, sondern auch sein aggressives Verhalten und seine Äußerungen gegenüber den Polizeibeamten und dem Türsteher des Lokals beim Vorfall am 28. Jänner 2024 zugrunde legte. Dass das vom Verwaltungsgericht angenommene Aggressionspotential des Revisionswerbers ein Waffenverbot zu rechtfertigen vermag, entspricht den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. etwa VwGH 23.4.2008, 2007/03/0041, oder auch VwGH 27.1.2016, Ra 2015/03/0097).
15 Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung im angefochtenen Erkenntnis wendet, legt sie nicht konkret dar, inwiefern sich die vom Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Berücksichtigung der dort abgelegten Aussagen des Revisionswerbers und des beim Vorfall am 28. Jänner 2024 anwesenden Polizeibeamten vorgenommene Beweiswürdigung als unvertretbar darstellt (vgl. zum diesbezüglichen Beurteilungsmaßstab bei der Prüfung der Revisionszulässigkeit etwa VwGH 3.2.2021, Ra 2020/03/0137, Rn. 18, mwN).
16 Was die darüber hinaus noch geltend gemachten Verfahrensmängel betrifft, unterlässt es der Revisionswerber ebenfalls, die Relevanz dieser behaupteten Verfahrensmängel darzulegen (zum Erfordernis der Relevanzdarlegung vgl. etwa VwGH 28.2.2025, Ra 2023/03/0112 bis 0113, mwN).
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 17. Juni 2025