JudikaturVwGH

Ra 2025/02/0075 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
09. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer Kober und Mag. Schindler, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision des Y in I, vertreten durch Mag. Markus Abwerzger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas Hofer Straße 6/2. OG, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 6. März 2025, LVwG 1 1090/2024 R9, betreffend Verfall nach der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bludenz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 9. Juli 2024 wurde das näher bezeichnete Kraftfahrzeug des Revisionswerbers gemäß § 99c Abs. 1 Z 2 iVm § 17 Abs. 1 VStG für verfallen erklärt.

2 Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (Verwaltungsgericht) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis keine Folge gegeben. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig ist.

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, der Revisionswerber sei Eigentümer, Zulassungsbesitzer und alleiniger Verfügungsberechtigter des Fahrzeuges. Der Kaufpreis habe laut Kaufvertrag vom 5. Juni 2022 5.900 Euro betragen. Der Revisionswerber habe zur Tatzeit am Tatort die in diesem Bereich, welcher außerhalb des Ortsgebietes liege, kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 94 km/h überschritten. Die Übertretung sei mit einem technischen Hilfsmittel, nämlich einem geeichten Geschwindigkeitsmessgerät, festgestellt worden; der Revisionswerber sei mit näher bezeichnetem Straferkenntnis der belangten Behörde rechtskräftig wegen der Übertretung des § 99 Abs. 2f StVO (Überschreitung der jeweils zulässigen Geschwindigkeit außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 70 km/h) bestraft worden. Überdies weise der Revisionswerber fünf rechtskräftige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen (davon eine Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit von 60 km/h um 39 km/h auf einem Autobahn-Streckenabschnitt in einem damaligen Baustellenbereich, wobei gleichzeitig eine Bestrafung wegen Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes zum vorderen Fahrzeug erfolgt sei) auf. Außerdem wurde er mehrmals nach der Tiroler Personenbeförderungsbetriebsordnung 2020 und nach dem KFG rechtskräftig bestraft. Das Verwaltungsgericht führte rechtlich zusammengefasst aus, im Hinblick auf die fünf rechtskräftigen Vorstrafen wegen Geschwindigkeitsübertretungen und unter Berücksichtigung des näher umschriebenen Verhaltens des Revisionswerbers bei seiner Anhaltung und seines im Verfahren hervorgekommenen mangelnden Unrechtsbewusstseins ergebe sich in einer Gesamtschau, dass der Verfall des beschlagnahmten Fahrzeuges geboten erscheine, um den Revisionswerber künftig von weiteren gleichartigen Übertretungen abzuhalten. Auch im Hinblick auf die zulässige Strafhöhe und den Kaufpreis des Fahrzeuges scheine der Verfall des Fahrzeuges unter Berücksichtigung des festgestellten Kaufpreises nicht unverhältnismäßig.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8Gemäß § 99c Abs. 1 StVO hat die Behörde zusätzlich zu einer Geldstrafe nach § 99 ein von ihr beschlagnahmtes Fahrzeug gemäß § 17 VStG unter näher bezeichneten Voraussetzungen für verfallen zu erklären, wenn das geboten erscheint, um den Täter von weiteren gleichartigen Übertretungen abzuhalten.

9 In der für die Beurteilung der Zulässigkeit allein maßgebenden Zulässigkeitsbegründung wendet sich der Revisionswerber gegen die gemäß § 99c Abs. 1 StVO gebotene Prognoseentscheidung, ob der Verfall geboten sei, um ihn von weiteren gleichartigen Übertretungen abzuhalten. Dazu wird zusammengefasst vorgebracht, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle, anhand welcher Kriterien die Behörde dabei vorzugehen habe. Es sei unklar, welche Vorstrafen hinsichtlich der „Raserei“ als einschlägig zu erachten und wie diese zu gewichten seien.

10 Dazu ist festzuhalten, dass die Anwendung des § 99c Abs. 1 StVO nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut eine Prognose erfordert, wonach der Verfall geboten erscheint, um den Täter von weiteren gleichartigen Übertretungen abzuhalten. In den Gesetzesmaterialien (2092 BlgNR 27. GP, S. 2) wird beispielhaft erläutert, welche Aspekte dabei Berücksichtigung finden können, („z.B. bei Vorliegen wiederholter, hoher Geschwindigkeitsüberschreitungen und rücksichtslosem Verhalten, im Gegensatz zu vereinzelten, geringen Überschreitungen; insbesondere könnte z.B. die Begehung einer derartigen Geschwindigkeitsüberschreitung in einem Baustellenbereich, für den eine geringere Geschwindigkeit verordnet worden ist, berücksichtigt und anders gewertet werden als Übertretungen der üblichen 50 100 130km/h Grenze“).

11 Auf dieser Grundlage ist nicht zu erkennen, dass es fallbezogen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Auslegung der Norm bedürfe, zumal das Verwaltungsgericht unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalls eine näher begründete Prognoseentscheidung getroffen hat, der von der Revision inhaltlich nicht substantiiert entgegengetreten wird.

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 9. Mai 2025