Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer, Hofrat Mag. Eder und Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Stüger, in der Rechtssache der Revision des M H, vertreten durch Mag. Susanne Singer, Rechtsanwältin in 4600 Wels, Ringstraße 9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31. Mai 2024, W192 2197688 3/4E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 18. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28. Oktober 2021 wurde ihm letztlich im Beschwerdeverfahren der Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 abgeleitet von seiner Ehefrau zuerkannt und festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
2 Der Revisionswerber wurde später im Bundesgebiet straffällig und mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 19. April 2021 wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 201 Abs. 1, 15 Abs. 1 StGB in zumindest zehn Fällen zu einer unbedingt verhängten Freiheitsstrafe von drei Jahren rechtskräftig verurteilt.
3 Daraufhin leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Verfahren zur Aberkennung des dem Revisionswerber zuerkannten Status ein.
4 Mit Bescheid vom 2. November 2023 sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass der dem Revisionswerber früher zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt werde, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Weiters wurde dem Revisionswerber der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 nicht zuerkannt und festgestellt, dass nach § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 und § 52 Abs. 9 FPG seine Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung nach Afghanistan nicht zulässig sei (Spruchpunkt II.).
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung der in der Beschwerde beantragten mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen.
9 Der Revisionswerber wendet sich zur Begründung der Zulässigkeit der Revision gegen den Entfall der mündlichen Verhandlung.
10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind zur Beurteilung, ob im Sinn des § 21 Abs. 7 erster Satz BFA VG „der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich:
11 Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018, sowie aus der jüngeren Rechtsprechung etwa VwGH 28.3.2024, Ra 2024/20/0172, mwN).
12 Ein Abweichen von dieser Rechtsprechung zeigt die Revision nicht auf.
13 Soweit der Revisionswerber auf seine Ausführungen in der Beschwerde verweist, ist nicht zu sehen, dass ein hinreichend substantiiertes Vorbringen vorgelegen wäre, aufgrund dessen die Abstandnahme von der Durchführung einer Verhandlung nach den soeben dargelegten Kriterien nicht gerechtfertigt gewesen wäre.
14 Das Bundesverwaltungsgericht hat zudem entgegen den Revisionsausführungen die vom Revisionswerber in der Beschwerde vorgelegten Therapienachweise zu seinen Gunsten berücksichtigt. Jedoch hat das Bundesverwaltungsgericht dargelegt, dass angesichts der Kürze des seit der Haftentlassung des Revisionswerbers verstrichenen Zeitraumes (Haftentlassung April 2024) nicht auf einen nachhaltigen Therapieerfolg geschlossen werden könne.
15 Dies steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich nach dem Vollzug einer Haftstrafe in Freiheit wohlverhalten hat, wobei dies selbst für den Fall einer bereits erfolgreich absolvierten Therapie gilt (vgl. VwGH 11.4.2024, Ra 2023/21/0073, Rn. 11, mwN). Auf die Frage der Reue kommt es somit fallbezogen nicht entscheidungswesentlich an.
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 8. Oktober 2024