Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Funk-Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des M J, vertreten durch Mag. Leopold Zechner, Rechtsanwalt in 8600 Bruck an der Mur, Fridrichallee 3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. November 2024, W242 2240544 3/5E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte erstmals am 26. Dezember 2019 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er von Regierungsmitgliedern bedroht worden sei und befürchte, wegen seiner Konversion zum Christentum verfolgt zu werden.
2 Mit Bescheid vom 27. Jänner 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) den Antrag des Revisionswerbers ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei, und legte eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit Erkenntnis vom 26. Jänner 2023 wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers mit Beschluss vom 15. März 2023, E 545/2023 5, ab.
5 Am 6. Februar 2024 stellte der Revisionswerber den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz, welchen er im Wesentlichen damit begründete, seit einigen Jahren politisch aktiv zu sein, an zahlreichen Demonstrationen teilgenommen und in den sozialen Medien politische Inhalte veröffentlicht zu haben. Er könne daher nicht in den Iran zurückkehren.
6 Das Bundesamt wies diesen Folgeantrag mit Bescheid vom 11. September 2024 wegen entschiedener Sache zurück, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei, gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise und erließ ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot.
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis behob das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid des Bundesamts vom 11. September 2024 hinsichtlich des ausgesprochenen Einreiseverbotes ersatzlos, wies die Beschwerde im Übrigen ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen. Der Revisionswerber habe bescheinigt, dass er seine religiösen Aktivitäten auch nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens fortgesetzt habe. Dazu hätte der Revisionswerber im Rahmen einer mündlichen Beschwerdeverhandlung befragt und weitere Ermittlungen hätten angestellt werden müssen. Außerdem habe das Bundesverwaltungsgericht die „vorgreifende“ Beweiswürdigung des Bundesamts, wonach iranische Folgeantragsteller auffällig an Demonstrationen teilnehmen würden, um einen Nachfluchtgrund zu schaffen, unkritisch übernommen. Darauf habe der Revisionswerber in seiner Beschwerde hingewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht sei außerdem nicht darauf eingegangen, dass der Iran bei einer Rückkehr von politischen Aktivisten einzelfallbezogen und willkürlich vorgehe.
12 Soweit sich die Revision mit diesem Vorbringen gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts wendet, ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach im Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung (nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen) berechtigen und verpflichten kann, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen, dem Relevanz zukommt (vgl. VwGH 24.10.2024, Ra 2024/19/0400, mwN).
13 Die Beurteilung, ob die behauptete Sachverhaltsänderung einen „glaubhaften Kern“ aufweist, erfolgt stets im Rahmen der Beweiswürdigung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. erneut VwGH 24.10.2024, Ra 2024/19/0400, mwN).
14 Das Bundesverwaltungsgericht teilte die Würdigung des Bundesamts, wonach die im Folgeantrag behauptete Verfolgung des Revisionswerbers in seinem Herkunftsstaat aufgrund exilpolitischer Aktivitäten keinen glaubhaften Kern aufweise. Es stütze dies auf die Angaben des Revisionswerbers in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt und wies darauf hin, dass der Revisionswerber den Annahmen des Bundesamts hinsichtlich seiner Social Media Aktivitäten in der Beschwerde nicht entgegengetreten sei. Hinsichtlich der vorgebrachten Konversion zum Christentum legte das Bundesverwaltungsgericht mit Bezug auf die Angaben des Revisionswerbers im verwaltungsbehördlichen Verfahren dar, dass keine neuen Sachverhaltselemente behauptet worden seien, die im Vergleich zum ersten Asylverfahren eine Konversion des Revisionswerbers aus innerer Überzeugung belegen würden. Die Revision zeigt nicht auf, dass diese Beweiswürdigung an einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel leidet.
15 Soweit die Revision von der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen ausgeht, ist darauf hinzuweisen, dass es nicht ausreicht, Verfahrensmängel als Zulässigkeitsgründe ins Treffen zu führen, ohne deren Relevanz darzulegen (vgl. etwa VwGH 5.9.2024, Ra 2024/19/0262, mwN).
16 Zur Verhandlungspflicht bei Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im asylrechtlichen Zulassungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die im zur Anwendung gelangenden § 21 Abs. 6a BFA VG enthaltene Wendung „Unbeschadet des Abs. 7“ nur so verstanden werden kann, dass damit zum Ausdruck gebracht wird, dass eine Verhandlung jedenfalls immer dann zu unterbleiben hat, wenn die Voraussetzungen des § 21 Abs. 7 BFA VG vorliegen. In einem solchen Fall stellt sich die Frage, ob nach § 21 Abs. 6a BFA VG im Rahmen der Ermessensübung von der Durchführung der Verhandlung Abstand genommen werden kann, nicht mehr (vgl. dazu grundlegend VwGH 30.6.2016, Ra 2016/19/0072).
17 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 21 Abs. 7 BFA VG ist ein Absehen von der mündlichen Verhandlung dann gerechtfertigt, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. dazu grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018; sowie rezent etwa VwGH 5.9.2024, Ra 2023/19/0381, mwN).
18 Die Revision zeigt mit ihrem Vorbringen, das sich im Wesentlichen gegen die Sachverhaltsannahmen des Bundesamts und die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts richtet, nicht auf, dass der Revisionswerber den Sachverhalt in der Beschwerde substantiiert bestritten hätte. Die Revision kann somit nicht darlegen, dass das Bundesverwaltungsgericht von der dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre.
19 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 12. Februar 2025