Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter sowie die Hofrätinnen Dr. in Gröger und Dr. in Sabetzer als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Amesberger, über die Revision des M M, vertreten durch Rast Musliu Rechtsanwälte in 1080 Wien, Alser Straße 23/14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Oktober 2024, L525 2270669-1/18E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 24. September 2021 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass die wirtschaftliche Lage in seinem Heimatstaat sehr schlecht sei und er in Österreich arbeiten wolle.
2 Mit rechtskräftigem Bescheid vom 18. Oktober 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, sprach aus, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Am 6. Juli 2022 stellte der Revisionswerber (nach Rücküberstellung aus Frankreich) den nunmehr maßgeblichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er zusammengefasst damit, dass seine alten Fluchtgründe nicht mehr aufrecht seien. Seine Fluchtgründe seien Grundstücksprobleme und Probleme mit seinem Cousin. Zudem habe er Schwierigkeiten mit einem radikalen Mullah. Bei einer Rückkehr in die Heimat drohe ihm die Todesstrafe oder dass seine Feinde ihn töten würden.
4 Das BFA wies diesen Antrag mit Bescheid vom 10. März 2023 wiederum zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei, erkannte einer Beschwerde gegen die Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
5 In seiner Beschwerde gegen diesen Bescheid brachte der Revisionswerber (erstmals im Verfahren) vor, er sei homosexuell und werde aufgrund seiner sexuellen Orientierung in seiner Heimat verfolgt.
6 Mit Teilerkenntnis vom 25. April 2023 gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) der Beschwerde hinsichtlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde statt und stellte fest, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zukomme.
7 Mit dem gegenständlich angefochtenen Erkenntnis wies das BVwG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde des Revisionswerbers (mit einer hier nicht relevanten Maßgabe) als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
8 Begründend hielt das BVwG soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung fest, der Revisionswerber habe nicht glaubhaft machen können, dass er homosexuell sei und ihm deshalb in seinem Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung drohe. Der Revisionswerber habe sich diesbezüglich auf auffallend oberflächliche und allgemein gehaltene Antworten beschränkt und er habe trotz der angeblich jahrelangen und andauernden Beziehung zu seinem Freund keine detaillierten Antworten zu derselben geben können. Die vorgelegten Ausdrucke aus einer angeblichen Facebook Kommunikation mit dem Freund seien aus näher dargestellten Gründen nicht überzeugend. Zur Rückkehrentscheidung führte das BVwG aus, eine Gesamtschau der individuellen Umstände ergebe, dass die privaten Interessen des Revisionswerbers an einem Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung nicht überwiegen würden. Der Revisionswerber befinde sich seit weniger als drei Jahren in Österreich und eine nachhaltige Integration in die österreichische Gesellschaft sei nicht erkennbar. Engere soziale Kontakte oder freundschaftliche Beziehungen im Bundesgebiet habe er nicht geltend gemacht.
9 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit geltend macht, die Beweiswürdigung des BVwG sei im Hinblick auf die homosexuelle Orientierung des Revisionswerbers unvertretbar. Das BVwG habe bei dessen Befragung die von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eingeforderte Sensibilität im Umgang mit dem sehr privaten Beweisthema vermissen lassen. Das angefochtene Erkenntnis zeige zum Teil stereotype Vorstellungen des Richters und die Beweiswürdigung erfolge einseitig zum Nachteil des Revisionswerbers. Darüber hinaus sei die Rückkehrentscheidung zu Unrecht ergangen. Der Revisionswerber halte sich seit dem Jahr 2022 durchgehend im Bundesgebiet auf. Er sei seither unbescholten, in keiner Weise negativ aufgefallen und weise eine überragende bzw. außergewöhnliche Integration im Bundesgebiet auf.
10 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
14 Sofern sich die Revision zur Begründung der Zulässigkeit gegen die Beweiswürdigung des BVwG richtet, ist Folgendes festzuhalten: Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist somit nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 22.10.2024, Ra 2024/18/0359, mwN).
15 Das BVwG hat sich mit dem Vorbringen des Revisionswerbers hinsichtlich seiner Homosexualität unter Einbeziehung seiner Aussagen während der mündlichen Verhandlung ausführlich auseinandergesetzt und diesem die Glaubhaftigkeit abgesprochen. Es nahm bei seinen Erwägungen insbesondere auf die durchgehend vagen und teilweise widersprüchlichen Antworten des Revisionswerbers zu diesem Thema Bedacht. Dem hält die Revision nichts Stichhaltiges entgegen. Der Vorwurf der Revision, das angefochtene Erkenntnis zeige zum Teil stereotype Vorstellungen des Richters zur Homosexualität, es lasse die eingeforderte Sensibilität im Umgang mit diesem privaten Beweisthema vermissen und es erfolge die Beweiswürdigung einseitig zum Nachteil des Revisionswerbers, erweist sich nach Prüfung des Aktes als nicht nachvollziehbar. Das BVwG hat im vorliegenden Fall die Beweisergebnisse in den wesentlichen Punkten schlüssig beurteilt und damit vertretbar gewürdigt.
16 Die Revision wendet sich in ihrer Zulässigkeitsbegründung überdies gegen die im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorgenommene Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. § 9 BFA VG und hebt dazu ohne dies näher zu spezifizieren hervor, dass der Revisionswerber sich sehr gut in Österreich integriert habe, über einen breiten Freundes und Bekanntenkreis verfüge und kaum Bindungen mehr zu seinem Heimatstaat aufweise.
17 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde nicht revisibel (vgl. z.B. VwGH 18.9.2024, Ra 2024/18/0233, mwN).
18 Das BVwG hat in der angefochtenen Entscheidung eine Gesamtabwägung der für und gegen einen Verbleib des Revisionswerbers in Österreich sprechenden Umstände im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. § 9 BFA VG vorgenommen. Es hat dabei die strafrechtliche Unbescholtenheit des Revisionswerbers und dessen berufliche (Teilzeit )Tätigkeit Bedacht genommen, dem jedoch die Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet von weniger als drei Jahren, das Nichtvorliegen familiärer oder enger privater Bindungen zu Österreich und die Verbindungen zu seinem Heimatland, in dem der Revisionswerber aufgewachsen sei, den größten Teil seines Lebens verbracht und nach wie vor Kontakt zu zumindest einem Teil seiner Familie habe, gegenübergestellt. Dass sich das BVwG bei dieser Abwägung insgesamt von den Leitlinien der höchstgerichtlichen Rechtsprechung entfernt hätte, vermag die Revision nicht aufzuzeigen.
19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 28. November 2024