Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Reinbacher sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision des Finanzamtes Österreich (Dienststelle Vorarlberg) in 6800 Feldkirch, Reichsstraße 154, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 26. März 2024, RV/1100180/2019, betreffend Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG (mitbeteiligte Partei: Dr. R J K in L, vertreten durch die LeitnerLeitner GmbH Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 1040 Wien, Schwarzenbergplatz 14), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Bescheid vom 19. Dezember 2018 setzte das Finanzamt gegenüber dem Mitbeteiligtennachdem dieser mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2017 eine Selbstanzeige gemäß § 29 Finanzstrafgesetz (FinStrG) erstattet hatte eine Abgabenerhöhung gemäß § 10 Abs. 2 KapitalabflussMeldegesetz iVm § 29 Abs. 6 FinStrG in Höhe von 30 % der Summe der sich aus der Selbstanzeige ergebenden Mehrbeträge fest.
2In der dagegen gerichteten Beschwerde brachte der Mitbeteiligte u.a. vor, die Vorschreibung der Abgabenerhöhung sei im Hinblick auf die Verkürzung von Einkommensteuer für die Jahre 2007 bis 2012 erfolgt. Hinsichtlich der Abgabenerhöhung betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2007 sei allerdings bereits Verjährung gemäß § 209 Abs. 3 BAO eingetreten.
3 Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 20. März 2019 ab, woraufhin der Mitbeteiligte mit über FinanzOnline eingebrachtem Schriftsatz vom 29. April 2019 einen Vorlageantrag stellte.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde teilweise Folge und änderte den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass es die Abgabenerhöhung nur für die Jahre 2008 bis 2012 festsetzte. Es sprach weiters aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
5 Das Bundesfinanzgericht führte nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehenshinsichtlich der allein revisionsgegenständlichen Rechtsfrage der Verjährung im Wesentlichen aus, gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG handle es sich bei der Abgabenerhöhung um eine Nebenabgabe iSd § 3 Abs. 2 lit. a BAO. Das Recht, eine Abgabenerhöhung festzusetzen, verjähre gemäß § 207 Abs. 2 BAO gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe. Der auf die Einkommensteuer für das Jahr 2007 entfallende Anteil der Abgabenerhöhung hätte daher aufgrund der bereits gemäß § 209 Abs. 3 BAO mit Ablauf des Jahres 2017 absolut eingetretenen Verjährung nicht mehr festgesetzt werden dürfen.
6Gegen dieses Erkenntnis, soweit damit betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2007 keine Abgabenerhöhung festgesetzt wurde, wendet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision. Zur Zulässigkeit der Revision wird im Wesentlichen vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wann der Abgabenanspruch hinsichtlich einer Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG entstehe.
7In dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren (§ 36 VwGG) erstattete der Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung mit Kostenantrag.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).
10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, besteht der Sachverhalt, welcher zur Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 Finanzstrafgesetz (FinStrG) führt, in der Erstattung einer Selbstanzeige, einem Verhalten nach der Tat (vgl. VwGH 3.6.2020, Ra 2019/16/0125). Damit ist geklärt, dass der Abgabenanspruch hinsichtlich der nach § 29 Abs. 6 FinStrG festzusetzenden Abgabenerhöhung mit Erstattung einer Selbstanzeige anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe bzw. mit Erstattung einer Selbstanzeige wegen Finanzvergehen, denen ein Sachverhalt zugrunde liegt, der zur Bildung von Vermögenswerten geführt hat, deren Zufluss gemäß § 6 Kapitalabfluss Meldegesetz (BGBl. I Nr. 116/2015) meldepflichtig ist (gemäß § 10 Abs. 1 und 2 Kapitalabfluss Meldegesetz), entsteht.
12Weiters ergibt sich bereits aus § 29 Abs. 6 letzter Satz FinStrG, dass die Abgabenerhöhung als Nebenanspruch im Sinne des § 3 Abs. 2 lit. a BAO gilt (vgl. VwGH 24.10.2024, Ro 2022/16/0020, mwN).
13Das Recht, einen Verspätungszuschlag, Anspruchszinsen, Säumniszuschläge oder Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gemäß § 207 Abs. 2 letzter Satz BAO gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe. Die (absolute) Verjährung des Rechts auf Festsetzung der Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG ist aus diesem Grund an die Verjährung des Rechts auf Festsetzung der Abgabe, die Gegenstand der Selbstanzeige nach § 29 Abs. 6 FinStrG ist, gebunden (VwGH 24.10.2024, Ro 2022/16/0020, mwN).
14 Ist die Rechtslage wie vorliegend nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG vor, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer dieser maßgebenden Normen noch keine Rechtsprechung ergangen wäre (VwGH 24.10.2024, Ro 2022/16/0020, mwN).
15Das revisionswerbende Finanzamt legt mit dem Vorbringen nicht dar, dass das Bundesfinanzgericht mit seiner Beurteilung der Verjährung des Rechts auf Festsetzung der Abgabenerhöhung als Nebenanspruch gemäß § 207 Abs. 2 letzter Satz BAO (iVm § 29 Abs. 6 FinStrG) gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung jener Abgabe, die Gegenstand der Selbstanzeige vom 11. Dezember 2017 war (konkret: Einkommensteuer für das Jahr 2007), von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. dem insoweit klaren Wortlaut des § 207 Abs. 2 letzter Satz BAO abgewichen wäre.
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
17Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 28. November 2024