Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter sowie die Hofrätinnen Dr. in Lachmayer und Dr. in Wiesinger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Finanzamtes Österreich, Dienststelle Tirol Ost in 6333 Kufstein, Oskar Pirlo Straße 15, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 21. August 2024, Zl. RV/3100300/2024, betreffend Einkommensteuer 2008 (mitbeteiligte Partei: M S in O, vertreten durch Mag. Helmut Gruber, Rechtsanwalt in 6392 St. Jakob i. H., Moosbach 11), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
1 Zur Vorgeschichte wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Mai 2024, Ra 2024/15/0028, verwiesen, mit dem das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 15. Februar 2022, Zl. RV/3100917/2010, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde.
2 Im fortgesetzten Verfahren stellte das Bundesfinanzgericht fest, der Mitbeteiligte habe im Jahr 2008 als Einzelunternehmer zwei Gastgewerbebetriebe bewirschaftet und seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermittelt. Der Betrieb der M Alm sei im Streitjahr während des ganzen Jahres geführt worden und sei regelmäßig von Mitte Mai bis Mitte Oktober und von Mitte Dezember bis Ostern geöffnet. Die M Alm liege auf 1.200 m Seehöhe in einem nach Nord-Nord-West ausgerichteten, geneigten Gelände. Der Betrieb werde durch eine auch im Winter befahrbare Straße erschlossen und liege an einem Vierersessellift. Die Talabfahrt werde seit 1998 und auch im Streitjahr 2008 künstlich beschneit.
3 Der Mitbeteiligte habe zudem die „K“ im Streitjahr und bis 2014 gepachtet. Auch dieser Betrieb werde ganzjährig geführt und sei regelmäßig und auch im Streitjahr von Mitte Mai bis Mitte Oktober und von Mitte Dezember bis Ostern geöffnet gewesen. Der Betrieb liege direkt an der Mittelstation einer Gondelbahn und an der Haupt-Abfahrtspiste. Diese Schipiste werde seit 1988 und auch im Streitjahr 2008 künstlich beschneit. Die „K“ liege auf 1.200 m Seehöhe in einem nach Norden ausgerichteten, geneigten Gelände.
4 Der Mitbeteiligte habe im Jahr 2007 zwei sogenannte „Wetterderivate“ von der H Versicherungsmakler GmbH erworben und dafür am 8. Jänner 2008 36.940 € bezahlt. Im Jahr 2008 habe der Mitbeteiligte aus diesen „Wetterderivaten“ Zahlungen von insgesamt 110.000 € erhalten.
5 Die „Wetterderivate“ seien laut den Angeboten der H Versicherungsmakler GmbH vom 31. August 2007 wie folgt ausgestaltet gewesen:
„1) Produkt: Call Spread - Nicht Ski Tage NST. Absicherungsperiode: 23.12.2007-24.3.2008 (93 Tage); Wetterstation: Ellmau; Nicht Ski Tag Definition: Ein NST ist definiert als eins (1) wenn die tägliche Schneedeckenhöhe bei der Wetterstation Ellmau kleiner kleiner gleich 20 cm ist; Nicht Ski Tag Index: Die Summe der NST während der Absicherungsperiode; Beginn der Auszahlung (Strike Selbstbehalt): 45 NST; Auszahlung pro NST: EUR 2.500,-; Maximale Auszahlung: EUR 120.000,- oder 48 NST; Schadensauszahlung: 30 Tage nach Absicherungs-Periode; Preis für kleiner gleich 20 cm, EUR 36.090,-....
2) „Produkt: Call Spread - Nicht Ski Tage NST. Absicherungsperiode 10.2.2008-29.2.2008 (20 Tage; Wetterstation: E[...]; Nicht Ski Tag Definition: Ein NST ist definiert als eins (1), wenn die tägliche Schneedeckenhöhe bei der Wetterstation Ellmau größer gleich 100 cm ist; Nicht Ski Tag Index: Die Summe der NST während der Absicherungsperiode; Beginn der Auszahlung (Strike Selbstbehalt): 10 NST; Auszahlung pro NST: EUR 2.500,-; Maximale Auszahlung: EUR 25.000,- oder 10 NST; Schadensauszahlung: 30 Tage nach Absicherungs-Periode; Preis für größer gleich 100 cm, EUR 3.350,-...“
6 Der Mitbeteiligte habe die in den „Wetterderivaten“ genannte Wetterstation Ellmau unter mehreren zur Verfügung stehenden Wetterstationen ausgewählt. Die Wetterstation Ellmau liege auf einem nach Süden gerichteten Hang in 750 m Seehöhe und sei von der M Alm ca. 11 km Luftlinie entfernt.
7 Das Bundesfinanzgericht führte aus, der Mitbeteiligte habe im Jahr 2008 aus der Bewirtschaftung von zwei Gastgewerbebetrieben Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Voraussetzung für die Qualifikation der zugeflossenen Zahlung von 110.000 € als Betriebseinnahmen im Rahmen dieser Betriebe sei, dass es sich bei den angeschafften „Wetterderivaten“ um notwendiges Betriebsvermögen eines oder beider Betriebe handle. Bei Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens sei einerseits ein sachlicher Zusammenhang zum Betrieb erforderlich und andererseits müsse wirtschaftliches Eigentum des Betriebsinhabers vorliegen.
8 Das Vorbringen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung, das „Wetterderivat“ sei ein Versicherungsprodukt, welches eine Versicherungsleistung für den Fall des Einnahmenausfalls aufgrund des Wetters (Schneelage) verspreche, gehe am festgestellten unstrittigen Sachverhalt vorbei: Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut der Vereinbarung habe die H Versicherungsmakler GmbH eine Geldleistung für den Fall zugesagt, dass eine bestimmte Anzahl von Nicht-Ski-Tagen eintrete. Ein Nicht-Ski-Tag sei wiederum allein dadurch definiert, dass eine im Vorhinein festgelegte Schneehöhe an einem bestimmten Punkt über oder unterschritten werde. Es sei keinerlei Bezug zu einem wetterbedingten Einnahmenausfall aufseiten des Mitbeteiligten erkennbar. Der Mitbeteiligte habe dazu weiter angegeben, dass die natürliche Schneehöhe allein für seine Betriebe eine irrelevante Größe sei, zumal die beiden an seinen Betrieben vorbeiführenden Schipisten im Winter seit Jahrzehnten künstlich beschneit werden würden. Dem Mitbeteiligten sei dahin zu folgen, dass mit den „Wetterderivaten“ keinerlei typische betriebliche Risiken im Sinn einer Versicherung abgedeckt worden seien, sondern dass deren spekulativer Charakter eindeutig im Vordergrund stehe. Das Vorbringen, ein bestimmtes Bank- oder Versicherungsprodukt sei aufgrund der Höhe der zu leistenden Prämie für Privatpersonen uninteressant, sei in seiner Allgemeinheit weder haltbar noch geeignet, die betriebliche Notwendigkeit seiner Anschaffung zu belegen. Es sei eine notorische Tatsache, dass die Vermögensverhältnisse innerhalb der österreichischen Bevölkerung stark divergierten. Ebenso sei es eine notorische Tatsache, dass die Finanzkraft österreichischer (Tourismus )Betriebe nicht einheitlich als hoch angesehen werden könne. Im Übrigen zitiere das Finanzamt eine Auskunftsperson dahin, dass das Produkt bei Interesse auch an Privatpersonen verkauft worden wäre.
9 Eine Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen liege nicht schon deshalb vor, weil eine Beteiligung mit betrieblichen Mitteln angeschafft worden sei. Fehle es an einem Zusammenhang des Beteiligungserwerbs mit dem Betrieb des Steuerpflichtigen, sei von einer Entnahme von Betriebsvermögen auszugehen. Nichts anderes könne für die „Wetterderivate“ gelten. Das Vorbringen des Finanzamtes, die Verwendung des Firmenstempels auf der Vollmacht zur Umsetzung von Wetterderivaten sei ein Indiz für die Betriebsnotwendigkeit der Anschaffung der Wetterderivate, überzeuge angesichts der Darstellung des Mitbeteiligten nicht, weil dieser vorgebracht habe, er habe immer wieder freies Geld vom Betriebskonto für private Anschaffungen verwendet und dies buchhalterisch als Privatentnahme deklariert. Er habe die „Wetterderivate“ vor Beginn der Wintersaison gekauft und dafür ebenfalls verfügbares Geld vom Betriebskonto verwendet. Im Zuge der Jahresabschlussarbeiten habe der damit befasste Steuerberater ihm ausdrücklich gesagt, dass die Schneewette nichts im Betrieb verloren habe und die Umbuchung auf das Privatkonto vorgenommen.
10 Der Verwaltungsgerichtshof habe auch ausgesprochen, dass das Bundesfinanzgericht sich mit den Besonderheiten der Betriebe des Mitbeteiligten in Hinblick auf eine Absicherung des betriebswirtschaftlichen Risikos aufgrund des Wetters bzw. einer volatilen Schneelage auseinanderzusetzen habe. Beide Betriebe des Mitbeteiligten seien (auch im Streitjahr) ganzjährig geführt worden. Die „Wetterderivate“ mit ihren „Absicherungsperioden“ 23. Dezember 2007 bis 24. März 2008 und 10. Februar 2008 bis 29. Februar 2008 seien nicht geeignet, während der Sommersaison entstehende betriebswirtschaftliche Risiken welcher Art auch immer auszugleichen. Im Winter führe an beiden Betrieben jeweils eine seit Jahrzehnten und auch im Streitjahr künstlich beschneite Piste (Talabfahrt) vorbei. Das betriebswirtschaftliche Risiko einer „volatilen Schneelage“ sei schon angesichts dieser objektiven Umstände als vernachlässigbar einzustufen. Dies werde durch das Vorbringen des Mitbeteiligten untermauert, dass die Höhe der Naturschneedecke isoliert betrachtet für seine Betriebe völlig irrelevant sei. Beiden Betrieben des Revisionswerbers sei gemeinsam, dass sie auf 1.200 m Seehöhe in nach Norden bzw. Nord-Nord-Westen ausgerichtetem Gelände gelegen seien. Der vom Mitbeteiligten für die Wetterderivate ausgewählte Messpunkt sei hingegen über 400 m tiefer und auf einem nach Süden ausgerichteten Hang gelegen. Es sei eine notorische Tatsache, dass auf zur Sonne geneigten Hängen gefallener Schnee schneller und früher schmelze als auf von der Sonne weggeneigten Hängen gefallener Schnee. Der Mitbeteiligte habe zur Auswahl der Messstation vorgebracht, dass er aufgrund seiner langjährigen Beobachtungen sehr gut habe abschätzen können, wie sich die Schneelage bei der von ihm ausgewählten Messstation üblicherweise entwickeln würde. Keine der Parteien habe auch nur behauptet, dass die Schneelage an der gewählten Messstation jener im Bereich der Betriebe des Mitbeteiligten entsprechen würde, zumal die Benützbarkeit der an den Betrieben vorbeiführenden Schipisten im Winter seit Jahrzehnten durch künstliche Beschneiung sichergestellt gewesen sei. Diese Umstände sprächen gegen eine Eignung der ,,Wetterderivate“ den Mitbeteiligten gegen betriebswirtschaftliche Risiken abzusichern. Insgesamt ergebe sich, dass die „Wetterderivate“ nicht dem notwendigen Betriebsvermögen des Mitbeteiligten zuzuordnen seien. Die im Jahr 2008 zugeflossene Zahlung von 110.000 € sei keine Betriebseinnahme des Mitbeteiligten.
11 Das Finanzamt habe sein Vorbringen, die Einkünfte seien falls keine Betriebsvermögenseigenschaft der „Wetterderivate“ angenommen würde als solche aus Spekulationsgeschäften zu erfassen, nicht weiter konkretisiert und auch nicht dargelegt, weshalb ein Tatbestand der angezogenen Bestimmung des § 30 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 verwirklicht worden wäre. Termin-, Differenz- und Optionsgeschäfte seien derivative Finanzkontrakte, deren Wert bzw. wirtschaftlicher Erfolg vom Preis sowie den Preisschwankungen und erwartungen eines zugrundeliegenden Basisinstruments (zB Aktie, Anleihe, Devisen, Index) abgeleitet werde. Nach diesem Verständnis sei eine naturgegebene, vom Menschen nicht beeinflussbare Größe (wie die Schneehöhe an einem bestimmten Punkt und an einem bestimmten Tag) nicht gleichzusetzen mit dem Preis, den Preisschwankungen und erwartungen von Wertpapieren, Währungen oder Indizes. Letztere würden im weitesten Sinn durch menschliches Handeln bestimmt und beeinflusst. Daher sei eine Wette auf eine bestimmte Schneehöhe zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. über eine bestimmte Zeitspanne derartigen derivativen Finanzkontrakten nicht vergleichbar. Der Tatbestand des § 30 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 sei daher nicht erfüllt. Eine Besteuerung des zugeflossenen Betrages von 110.000 € als Spekulationseinkünfte komme nicht in Betracht.
12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Amtsrevision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, es liege keine schlüssige Beweiswürdigung vor. Die Beweiswürdigung sei in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden. Auf dieser Grundlage komme das Bundesfinanzgericht in seiner rechtlichen Würdigung zum Ergebnis, dass die angeschafften Wetterderivate mangels betrieblicher Veranlassung nicht dem notwendigen Betriebsvermögen zuzurechnen seien. Das Bundesfinanzgericht beschränke sich in seiner Argumentation im Wesentlichen auf die Tatsache, dass die Benutzbarkeit der an den Betrieben vorbeiführenden Schipisten seit Jahrzehnten durch künstliche Beschneiung sichergestellt gewesen sei und die Höhe der Naturschneedecke isoliert betrachtet für die Betriebe der mitbeteiligten Partei völlig irrelevant sei. Diese Würdigung sei nach Ansicht des revisionswerbenden Finanzamtes zu eng. Der bloße Umstand alleine, dass die Schneelage in der unmittelbaren Umgebung des Betriebes in der Regel gut sei, könne nicht zum Schluss führen, dass eine „Schneewette“ durch Erwerb eines Finanzinstrumentes „Wetterderivat“ bei einem Tourismusbetrieb in einem Schigebiet mit diesem keinen sachlichen Zusammenhang aufweise und daher nicht betrieblich veranlasst sei. Die Beweiswürdigung lasse auch unbeachtet, dass der dem Erwerb vorangehende Schriftverkehr über die Firmenadresse abgewickelt worden sei und die für den Erwerb notwendige Vollmacht den Firmenstempel aufgewiesen habe. Weiters sei unbeachtet geblieben, dass die Verbuchung als Privatentnahme erst nachträglich erfolgt sei. Nach Ansicht des revisionswerbenden Finanzamtes sei im Rahmen einer die Denkgesetze und die menschlichen Erfahrungswerte berücksichtigenden Beweiswürdigung zu berücksichtigen, dass durch eine firmenbezogene Korrespondenz der Zusammenhang mit dem Betrieb nach Außen zum Ausdruck gebracht werde, und dieser nicht ohne weiteres als irrelevant beiseite „gewischt“ werden könne. Indem das Bundesfinanzgericht dies bloß mit dem Verweis auf den Umstand, dass die mitbeteiligte Partei immer wieder Firmengelder für private Zwecke verwende, getan habe, sei es nach Ansicht des revisionswerbenden Finanzamtes auch nicht der Anforderung sich mit dem Umstand der betriebsbezogenen Korrespondenz und Vollmacht auseinanderzusetzen nachgekommen, die der Verwaltungsgerichtshof in seinem diesem fortgesetzten Verfahren zu Grunde liegenden Erkenntnis vom 29. Mai 2024, Ra 2024/15/0028 dargelegt habe.
13 In Bezug auf die Beurteilung der betrieblichen Veranlassung des erworbenen Finanzinstrumentes müsse insbesondere berücksichtigt werden, dass der unmittelbar in einem Schigebiet liegende Betrieb bei laufender Wintersaison ein wesentliches Interesse an einer guten Schneelage im gesamten Schigebiet bzw. in der gesamten Region habe. Dies deshalb, weil eine gute Schneelage für den Erfolg des Betriebes nicht unwesentlich sei und eine schlechte Schneelage im gesamten Schigebiet sich nachteilig auf den wirtschaftlichen Erfolg des Betriebes auswirke, weil insgesamt weniger potentielle Gäste die Schiregion aufsuchen würden. Ob die unmittelbare Umgebung der Betriebe relativ schneesicher sei, und diese auch ohne Schi bei schlechter oder keiner Schneelage erreichbar seien, möge zwar einen Vorteil gegenüber anderen Konkurrenzbetrieben im Schigebiet bedeuten, beseitige aber nicht den Umstand, dass auf Grund der höheren Auslastung des gesamten Gebietes bei guter Schneelage auch die Besucherfrequenz der Betriebe der mitbeteiligten Partei eine wesentlich höhere sei, als bei einer niedrigen Auslastung des Schigebietes. Die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichtes, dass der Erwerb der Wetterderivate in keinem sachlichen Zusammenhang mit den Betrieben der mitbeteiligten Partei stünde, finde daher in den Denkgesetzen und den menschlichen Erfahrungswerten keine Deckung. Damit sei aber auch die Annahme, dass die Wetterderivate zur Absicherung eines potentiellen Schneerisikos auf Grund der geographischen Entfernung nicht geeignet gewesen seien, nicht schlüssig, weil es nach den Erfahrungswerten auf das Risiko in einem größeren Gebiet ankomme und die geographische Korrelation der für den Basiswert maßgeblichen Messstation und den Betrieben der mitbeteiligten Partei in einem ausreichend hohen Maß gegeben gewesen sei.
14 Die Unschlüssigkeit der Würdigung des Wetterderivates als bloße Wette zeige sich auch darin, dass die Wetterderivate nicht von einem gewerblichen Wettanbieter, sondern von einer Versicherungsmaklergesellschaft erworben worden seien. Auch aus diesem Umstand müsse der Schluss gezogen werden, dass Wetterderivate gerade für Tourismusbetriebe eine geeignete Absicherung vor Wetterrisiken darstellten.
15 Weiters wendet sich die Revision dagegen, dass bei Verneinen der Betriebsvermögenseigenschaft keine steuerpflichtigen Spekulationseinkünfte vorliegen würden.
16 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Einleitung des Vorverfahrens, in dem eine Revisionsbeantwortung erstattet wurde, erwogen:
17 Die Revision ist zulässig und begründet.
18 Das Bundesfinanzgericht ist davon ausgegangen, dass das Wetterderivat als Wirtschaftsgut anzusehen ist und hat dessen Betriebsvermögenseigenschaft verneint. Ob bei dem Wetterderivat tatsächlich ein Wirtschaftsgut vorlag oder nur ein Aufwand (für eine Versicherungsprämie oder eine Wette) kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil in beiden Fällen die Frage der betrieblichen Veranlassung zu klären ist.
19 Aufwendungen sind betrieblich veranlasst, wenn die Leistung, für die die Ausgaben erwachsen, ausschließlich oder doch vorwiegend aus betrieblichen Gründen (im Interesse des Betriebes) erbracht wird. Die Frage der betrieblichen Veranlassung ist unter Bedachtnahme auf die Verkehrsauffassung zu beurteilen. Ein bloß mittelbarer Zusammenhang mit dem Betrieb genügt, um eine betriebliche Veranlassung annehmen zu können (vgl. VwGH 22.10.2024, Ra 2024/13/0003, mwN).
20 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gehören alle Wirtschaftsgüter, die objektiv erkennbar dem Betrieb zu dienen bestimmt sind, zum notwendigen Betriebsvermögen (vgl. VwGH 17.10.2017, Ro 2015/15/0040, mwN).
21 Zunächst ist zu bemerken, dass das Bundesfinanzgericht möglicherweise von einem unzutreffenden Begriff des notwendigen Betriebsvermögens ausgeht, weil es teilweise von der „betrieblichen Notwendigkeit“ der Wetterderivate oder der „Betriebsnotwendigkeit der Anschaffung“ spricht. Beim notwendigen Betriebsvermögen handelt es sich nicht um Wirtschaftsgüter, die für den Betrieb eines Steuerpflichtigen unerlässlich bzw. unentbehrlich, also notwendig sind, sondern um solche, die dem Betrieb tatsächlich dienen, somit betrieblich verwendet werden. Dabei sind die Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes, die Besonderheiten des Betriebes und des Berufszweiges des Abgabepflichtigen sowie die Verkehrsauffassung maßgebend (vgl. VwGH 4.9.2024, Ra 2023/13/0165, mwN).
22 Ebenso wenig ist in der Regel für eine betriebliche Veranlassung eines Aufwandes erforderlich, dass dieser für den Betrieb notwendig oder unerlässlich ist.
23 Wie die Amtsrevision zu Recht vorbringt, kann dem Wetterderivat nicht schon grundsätzlich die Eignung abgesprochen werden, dem Betrieb bzw. den Betrieben des Mitbeteiligten als Risikoabsicherung zu dienen, weil es sich bei diesen um Gastronomiebetriebe in einer Skiregion handelt und damit die generelle Schneelage in der Region und nicht nur in der unmittelbaren Umgebung der Betriebe eine Rolle für die Auslastung mit Gästen bzw. für die Buchungslage spielen kann. Daran ändert auch die künstliche Beschneiung der Skipisten, an denen die Gastronomiebetriebe gelegen sind, nichts.
24 Wenn das Bundesfinanzgericht dazu darauf verweist, dass die Wetterstation, die als Messpunkt für das Wetterderivat gewählt wurde, nicht im Skigebiet des Mitbeteiligten liegt, kann schon deshalb nichts daraus geschlossen werden, weil nicht festgestellt wurde, welche anderen Wetterstationen als Messpunkte bei dem Produkt überhaupt zur Verfügung gestanden wären.
25 Wenn das Bundesfinanzgericht weiters ausführt, die Qualifikation als Versicherungsprodukt wäre schon deshalb unrichtig, weil nicht der Einnahmenausfall des Mitbeteiligten versichert wurde, sondern eine Zahlung für eine bestimmte Anzahl von Nicht Ski Tagen gewährt wurde, dann dürfte das Bundesfinanzgericht übersehen, dass bei Gastronomiebetrieben in einem Skigebiet die allgemeine Schneelage eine direkte Auswirkung auf deren Einnahmen haben kann.
26 Das Produkt wurde von einem Versicherungsunternehmen angeboten und spricht in seinen Produktbeschreibungen von „Absicherungsperioden“ und „Schadenauszahlungen“. Bereits im Einkommensteuerbescheid hat das Finanzamt darauf verwiesen, dass es sich bei dem Produkt laut Auskunft der H Versicherungsmakler GmbH um ein Versicherungsprodukt handle, wonach insbesondere Betrieben die Möglichkeit geboten worden sei, sich gegen Mindereinnahmen auf Grund der geringen Schneelage zu versichern.
27 Damit hat sich das Bundesfinanzgericht ebenso wenig auseinandergesetzt wie damit, dass der Versicherungsmakler angegeben hatte, dass das Produkt für Privatpersonen aufgrund der Kosten uninteressant sei. Die lapidare Bemerkung, es sei notorisch, dass es in Österreich unterschiedliche Vermögensverhältnisse gebe, stellt keine Auseinandersetzung mit dieser Aussage dar. Im Fall einer betrieblichen Veranlassung kann der Aufwand für die Anschaffung nämlich steuerlich geltend gemacht werden, was die Kosten dieses Produkts vermindert, dies ist im Privatbereich nicht möglich. Wenn das Bundesfinanzgericht noch ausführt, dass der Makler selbst angegeben habe, dass er das Produkt bei Interesse auch an Privatpersonen verkauft hätte, verabsäumt es, die ganze Aussage wiederzugeben, nämlich, dass (bis zum Jahr 2010) mangels Interesse keine Verkäufe an Privatpersonen stattgefunden hätten.
28 Die Amtsrevision bringt weiters zutreffend vor, dass sich das Bundesfinanzgericht nicht schlüssig damit auseinandergesetzt habe, dass der Mitbeteiligte den Auftrag auf Firmenpapier erteilt habe und die Vollmacht zum Kauf mit Firmenstempel versehen gewesen sei. Die diesbezüglichen Ausführungen des Bundesfinanzgerichts, das Vorbringen des Finanzamtes sei nicht überzeugend, weil der Mitbeteiligte angegeben habe, dass er immer wieder betriebliche Mittel für Privatanschaffungen entnommen und diese als Privatentnahme verbucht habe, sind nicht geeignet zu erklären, wieso der Mitbeteiligte den Auftrag an den Makler auf Firmenpapier und mit Firmenstempel getätigt hatte. Hätte der Mitbeteiligte nur (vorläufig) das Geld vom Betriebskonto entnehmen und das Wetterderivat privat anschaffen wollen, dann wäre kein Auftrag über den Betrieb des Mitbeteiligten ergangen. Gerade die Aussagen des Mitbeteiligten, er habe das Wetterderivat mit betrieblichen Mitteln am Anfang des Jahres erworben und erst der Steuerberater habe ihm erklärt, die Anschaffung sei nicht als betrieblich anzusehen und deshalb als Privatentnahme zu buchen, zeigt in Zusammenschau mit der Verwendung des Firmenpapiers und -stempels, dass der Mitbeteiligte die Anschaffung bzw. den Aufwand im Betrieb und nicht im Privatbereich tätigen wollte.
29 Im Übrigen sind auch die Ausführungen des Bundesfinanzgerichts unzutreffend, das Vorbringen des Finanzamtes, der Mitbeteiligte habe zum Zeitpunkt der Umbuchung bereits absehen können, dass er einen Gewinn aus den Wetterderivaten erzielen würde, sei reine Spekulation und nicht weiter belegt worden. Bereits in der Berufungsvorentscheidung die vom Bundesfinanzgericht auch in seiner Entscheidung wiedergegeben wird hat das Finanzamt angegeben, dass die Zahlung nicht von einem Privatkonto erfolgt sei, sondern über das Firmenkonto. Es sei zwar richtig, dass die Zahlung im Zuge der Verbuchung als Privateinnahme erfasst worden sei. Da die Verbuchung des Monates Jänner, bedingt dadurch, dass die Umsatzsteuervoranmeldung für diesen Monat erst mit 15. März fällig gewesen sei, erfahrungsgemäß erst gegen Ende Februar bzw. Anfang März durchgeführt werde, sei zu diesem Zeitpunkt bereits absehbar gewesen, dass aus dem Wetterderivat ein entsprechendes positives Ergebnis zu erwarten sein werde. Das buchhalterische Erfassungsprotokoll sei zwar abverlangt, allerdings nicht vorgelegt worden. Dies, in Zusammenschau mit der nicht erfolgten Vorlage des abverlangten buchhalterischen Protokolls, hätte das Bundesfinanzgericht würdigen müssen.
30 Eine spätere Buchung als Privatentnahme kann die ursprüngliche betriebliche Veranlassung nicht mehr nachträglich beseitigen. Eine Veranlassung durch den Betrieb liegt vor, wenn ein sachlicher (wirtschaftlicher) Zusammenhang mit dem Betrieb besteht (vgl. VwGH 3.9.2024, Ra 2023/13/0118).
31 Wie bereits dargelegt kann das Wetterderivat nicht von vorneherein als nicht den Betrieben des Mitbeteiligten dienend angesehenen werden, weil dem Produkt eine Eignung zur Risikoabsicherung nicht abgesprochen werden kann.
32 Die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts zum Vorliegen der sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen für die betriebliche Veranlassung ist in wesentlichen Punkten als unschlüssig zu beurteilen.
33 Das angefochtene Erkenntnis war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Wien, am 27. Mai 2025