Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr. in Lachmayer und Dr. in Wiesinger als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des Finanzamtes Österreich Dienststelle Tirol Ost in 6130 Schwaz, Brandlstraße 19/1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 19. April 2024, Zl. RV/3100093/2024, betreffend Normverbrauchsabgabe 08/2022 und Verspätungszuschlag (mitbeteiligte Partei: K GmbH in K, vertreten durch Mag. Hubertus Rohracher und Dr. Clemens Winkler, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Achenweg 16), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
1 Am 28. November 2022 erließ das Finanzamt gegenüber der mitbeteiligten Partei einen Bescheid über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe in Höhe von 22.113,69 € sowie einen Bescheid über einen diesbezüglichen Verspätungszuschlag in Höhe von 1.769,10 €. Begründend wurde darin ausgeführt, die Lieferung des mit Kaufvertrag vom 24. August 2022 veräußerten Fahrzeugs unterliege der Normverbrauchsabgabe (NoVA); die Voraussetzungen für eine Einstufung als Oldtimer lägen nicht vor.
2 In der Beschwerde brachte die mitbeteiligte Partei vor, dass die Erstzulassung des strittigen Fahrzeuges im Jahr 1968 und somit vor mehr als 30 Jahren erfolgt sei, sodass das Fahrzeug ein Oldtimer sei und somit kein Kraftfahrzeug im Sinne des NoVAG 1991 darstelle.
3 Mit Beschwerdevorentscheidung gab das Finanzamt der Beschwerde teilweise Folge und verringerte den Abgabenbetrag. Das Fahrzeug sei laut Einzelgenehmigungsbescheid in der Klasse M1 eingestuft. Mangels Eintragung als historisches Fahrzeug im Einzelgenehmigungsbescheid bzw. in der approbierten Liste der historischen Fahrzeuge des Kuratoriums Historische Mobilität Österreich (KMHÖ) könne es nicht als NoVA befreites Fahrzeug angesehen werden.
4 Die mitbeteiligte Partei stellte einen Vorlageantrag und legte diesem eine Bestätigung des KMHÖ bei, dass das gegenständliche Fahrzeug in der approbierten Liste der historischen Fahrzeuge enthalten und daher von der NoVA befreit sei. In einer Stellungnahme an das Bundesfinanzgericht führte das Finanzamt aus, dass es keine Zweifel an der Erhaltungswürdigkeit des gegenständlichen Fahrzeugs und seiner abstrakten Eignung, ein historisches Fahrzeug im Sinne des § 2 Z 43 KFG 1967 darzustellen, hege, aber das gegenständliche Fahrzeug mangels Ausnahmegenehmigung gemäß § 34 Abs. 4 KFG 1967 und entsprechender Eintragung im Einzelgenehmigungsbescheid dennoch nicht von der NoVA befreit sei.
5 Das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde Folge und hob den Bescheid auf. Es stellte fest, dass das revisionsgegenständliche Fahrzeug mit einer näher bezeichneten Fahrzeugidentifikationsnummer ein Ford Mustang Convertible mit einer Motorleistung von 147 kW bzw. 200 PS sei. Es sei im Jahr 1967 gebaut und in den Vereinigten Staaten von Amerika erstzugelassen worden. Mit Kaufvertrag vom 21. April 2022 habe die mitbeteiligte Partei das Fahrzeug von einem Kfz Händler in Deutschland gekauft. Es sei mit Einzelgenehmigungsbescheid vom 22. Juni 2022 erstmals im Inland und auch erstmals in der Europäischen Union zugelassen worden (Ausnahmegenehmigung nach § 34 KFG 1967, aber nicht nach § 34 Abs. 4 KFG 1967, Einstufung als PKW der Klasse Ml). Mit Kaufvertrag vom 24. August 2022 habe die mitbeteiligte Partei das gegenständliche Fahrzeug an ein Unternehmen in Österreich veräußert. Die Käuferin habe das Fahrzeug nicht zur gewerblichen Weiterveräußerung erworben. Das gegenständliche Fahrzeug (Marke, Typ und Motorvariante) sei zum Zeitpunkt der Veräußerung in der vom Bundesministerium für Klimaschutz (BMK) approbierten Liste der historischen Kraftfahrzeuge enthalten gewesen. Es sei erhaltungswürdig und nicht zur ständigen Verwendung bestimmt. Das Fahrzeug habe im Zeitraum zwischen dem 24. August 2022 und dem 5. März 2024 höchstens 5.608 km zurückgelegt. Dass das Fahrzeug nicht zur ständigen Verwendung bestimmt sei, ergebe sich für das Gericht zum einen aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung, wonach solche Fahrzeuge aufgrund des mit einer solchen Verwendung einhergehenden Wertverlustes regelmäßig nicht ständig verwendet würden, und zum anderen aufgrund der festgestellten geringen Kilometerleistung des Fahrzeugs.
6 Das Fahrzeug habe alle Tatbestandselemente des § 2 Z 43 lit. b KFG 1967 erfüllt. Entsprechend dem klaren Wortlaut des § 2 Abs. 1 letzter Satz NoVAG 1991 gelte das gegenständliche Fahrzeug daher im Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht als Kraftfahrzeug und unterliege in weiterer Folge nicht der Normverbrauchsabgabe. Die Rechtsansicht des Finanzamtes, wonach für die Ausnahme von der NoVA Pflicht zusätzlich eine hier nicht vorliegende - Ausnahmegenehmigung nach § 34 Abs. 4 KFG 1967 (Ausnahmegenehmigung für historische Fahrzeuge) vorliegen müsse, da § 2 Abs. 2 NoVAG 1991 auf die kraftfahrrechtliche Einstufung abstelle, sei mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht in Einklang zu bringen. § 2 Abs. 1 NoVAG 1991 verweise allein auf die Definition von historischen Fahrzeugen gemäß § 2 Z 43 KFG 1967. Nach Ansicht des Gerichts greife die Ausnahmebestimmung daher bereits dann, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Einstufung als historisches Fahrzeug im Sinne des § 2 Z 43 KFG 1967 erfüllt seien, ohne dass weitere Bedingungen erfüllt werden müssten.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision, die zu ihrer Zulässigkeit ausführt, es existiere keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob bei der Beurteilung des § 2 Abs. 1 letzter Satz NoVAG 1991 mit dem Verweis auf § 2 Z 43 KFG 1967 dieser in Verbindung mit § 34 Abs. 4 KFG 1967 gelesen werden müsse. Die Rechtsfrage sei aus dem Gesetz nicht eindeutig abzuleiten, da die Bestimmung des § 2 Z 43 lit. b KFG 1967 zwar die Definition von historischen Fahrzeugen enthalte, mit dem Wortlaut „nicht zur ständigen Verwendung bestimmtes Fahrzeug“ jedoch eindeutig auf die Bestimmung des § 34 Abs. 4 KFG 1967 verweise, welcher definiere, was unter dieser Wortfolge zu verstehen sei. Aus § 34 Abs. 4 KFG 1967 sei eindeutig zu entnehmen, dass historische Kraftwagen nur an höchstens 120 Tagen und historische Krafträder nur an höchstens 60 Tagen im Jahr verwendet werden dürften, da diese definitionsgemäß (§ 2 Z 43 KFG 1967) „nicht zur ständigen Verwendung“ bestimmt seien.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Einleitung des Vorverfahrens, indem die mitbeteiligte Partei eine Revisionsbeantwortung erstattet hat, erwogen:
9 Die Revision ist zulässig und begründet.
10 § 2 Abs. 1 NoVAG 1991 lautet:
„§ 2. (1) Als Kraftfahrzeuge gelten:
1. Krafträder und Kraftfahrzeuge mit zwei oder drei Rädern (Klassen L3e, L4e und L5e), jeweils mit einem Hubraum von mehr als 125 Kubikzentimetern;
2. Schwere vierrädrige Kraftfahrzeuge (Klasse L7e) mit einem Hubraum von mehr als 125 Kubikzentimetern;
3. Personen und Kombinationskraftwagen (Klasse M1) sowie
4. Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung mit mindestens vier Rädern und einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 3.500 kg (Klasse N1).
Ausgenommen sind jeweils historische Fahrzeuge gemäß § 2 Abs. 1 Z 43 Kraftfahrgesetz 1967.“
11 § 2 Z 43 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) lautet:
§ 2. Begriffsbestimmungen
„Im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt als:
43. historisches Fahrzeug ein erhaltungswürdiges, nicht zur ständigen Verwendung bestimmtes Fahrzeug,
a) mit Baujahr 1955 oder davor, oder
b) das älter als 30 Jahre ist und in die vom Bundesminister für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie approbierte Liste der historischen Fahrzeuge eingetragen ist (§ 131b);“
12 § 34 Abs. 4 KFG 1967 lautet:
„(4) Vor Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für historische Fahrzeuge sind deren Erhaltungswürdigkeit und deren Erhaltungszustand nachzuweisen. Bei Fahrzeugen, die nicht in die Liste der historischen Fahrzeuge eingetragen sind, hat der Beirat für historische Fahrzeuge (§ 131b) eine Empfehlung abzugeben. Historische Kraftwagen dürfen nur an 120 Tagen pro Jahr verwendet werden, historische Krafträder nur an 60 Tagen pro Jahr. Über diese Verwendung sind fahrtenbuchartige Aufzeichnungen zu führen und der Behörde auf Verlangen vorzulegen. Diese Aufzeichnungen sind drei Jahre ab der letzten Eintragung aufzubewahren.“
13 Die Materialien zu § 34 Abs. 4 KFG 1967 (RV 712 Blg NR 20. GP, 32ff; damals § 34 Abs. 1a) lauten:
„Für historische Kraftfahrzeuge kann eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden, wenn die Erhaltungswürdigkeit und der Erhaltungszustand nachgewiesen sind. Bei Fahrzeugen die in die Liste der historischen Fahrzeuge eingetragen sind, ist lediglich deren Zustand zu beurteilen, ob dieser noch die weitere Erhaltung rechtfertigt. Diesbezüglich hat der Beirat für historische Kraftfahrzeuge Empfehlungen abzugeben.
Weiters wird festgelegt, daß historische Kraftwagen nur an höchstens 120 Tagen und historische Krafträder nur an höchstens 60 Tagen im Jahr verwendet werden dürfen, da diese definitionsgemäß (§ 2 Z 43) nicht zur ständigen Verwendung bestimmt sind.“
14 Von der NoVA befreit sind historische Fahrzeuge gemäß § 2 Z 43 KFG 1967. Ein solches liegt nur dann vor, wenn ein erhaltungswürdiges, nicht zur ständigen Verwendung bestimmtes Fahrzeug vorliegt, dessen Baujahr bestimmte Jahresfristen überschreitet. Dass das Fahrzeug erhaltungswürdig ist, ist nicht strittig. Was „nicht zur ständigen Verwendung bestimmt“ bedeutet, wird vom Gesetz nicht explizit definiert.
15 Aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ergibt sich aber, dass die Zeitangaben in § 34 Abs. 4 KFG 1967 dazu dienen sollten, die Wortfolge „nicht zur ständigen Verwendung bestimmtes Fahrzeug“ in § 2 Z 43 KFG 1967 näher zu definieren. Ein historisches Kraftfahrzeug im Sinne des § 2 Abs. 1 NoVAG 1991 iVm § 2 Z 43 KFG 1967 liegt somit nur dann vor, wenn es an maximal 120 Tagen pro Jahr verwendet wird, wobei entsprechende Aufzeichnungen in einem Fahrtenbuch zu führen sind.
16 Das Finanzamt hat schon im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht darauf hingewiesen, dass § 34 Abs. 4 KFG 1967 bei der Auslegung, ob ein historisches Fahrzeug vorliegt, zu berücksichtigen ist.
17 Das Bundesfinanzgericht hat in seinem Erkenntnis für die Prüfung, ob ein historisches Fahrzeug im Sinne des § 2 Z 43 KFG 1967 vorliegt, allerdings lediglich auf die Kilometerleistung des Fahrzeugs abgestellt und zusätzlich ausgeführt, dass sich die nicht ständige Verwendung „aus der allgemeinen Lebenserfahrung ergebe“, wonach solche Fahrzeuge aufgrund des mit einer solchen Verwendung einhergehenden Wertverlustes regelmäßig nicht ständig verwendet würden. Tatsächlich hätte das Bundesfinanzgericht allerdings anhand eines Fahrtenbuchs prüfen müssen, ob das Fahrzeug an maximal 120 Tagen pro Jahr verwendet wird.
18 Das Bundesfinanzgericht hat somit die Rechtslage verkannt und sein Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Es war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 24. Juni 2025
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