JudikaturVwGH

Ra 2024/13/0136 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
28. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. in Lachmayer als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Stüger, über die Revision der ARGE T in S, vertreten durch Mag. Julia Fiegl Lang, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, Stiftgasse 23/III, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 29. Oktober 2024, Zlen. LVwG 2024/49/1945 3 und LVwG 2024/49/1946 3, betreffend Beiträge nach dem Tiroler Tourismusgesetz für die Jahre 2019 und 2020, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Bescheiden vom 4. November 2021 setzte die Tiroler Landesregierung als Abgabenbehörde die von der Revisionswerberin einer ARGE an den Tourismusverband Ö (Ortsklasse: A) und an den Tiroler Tourismusförderungsfonds zu entrichtenden Beiträge nach dem Tiroler Tourismusgesetz 2006 für das Jahr 2019 endgültig und für das Jahr 2020 vorläufig fest.

2 In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte die Revisionswerberin vor, Zweck ihrer Gründung als ARGE sei die Errichtung einer Tiefgarage gewesen, die in der Folge von den Gästen der beiden Gesellschafter einer Camping KG und einer Hotel GmbH genutzt werden sollten. Die ARGE sei nur zwecks Erlangung des Vorsteuerabzugs errichtet worden. Die Umsätze der ARGE würden beitragsfreie Grundstücksumsätze darstellen. Zudem sei aus dieser Tätigkeit kein Nutzen aus dem Tourismus entstanden, weswegen die gegenständlichen Umsätze nicht der Beitragspflicht nach dem Tiroler Tourismusgesetz 2006 unterliegen würden.

3 Nach teilweise stattgebenden Beschwerdevorentscheidungen stellte die Revisionswerberin Vorlageanträge.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht die Beschwerden als unbegründet ab und setzte den Beitrag für das Jahr 2020 im Sinne der Beschwerdevorentscheidung endgültig fest. Es stellte fest, dass die Revisionswerberin aus dem Zusammenschluss der C KG und der Gasthof B GmbH bestehen würde. Zweck der ARGE sei die Errichtung einer Tiefgarage mit 80 Stellplätzen für die Gäste der beiden ARGE Partner gewesen, welche im Rahmen eines Wohnungseigentumsvertrags in das Baurechtseigentum der beiden ARGE Partner übertragen worden sei. Der Gesamtumsatz der Revisionswerberin habe im Jahr 2019 1.666.666,67 € und im Jahr 2020 320.020,34 € betragen. Die Umsätze resultierten ausschließlich aus der Errichtung der Tiefgarage (Bau- und Errichtungskosten). Umsätze aus Lieferungen von Grundstücken gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 seien nicht enthalten. Die Revisionswerberin sei im Geschäftsverkehr nach außen in Erscheinung getreten. Die am Bauvorhaben beteiligten Firmen hätten die Rechnungen an die Revisionswerberin gestellt und diese seien ohne Aufschlag an die zwei ARGE Partner im Verhältnis des Wohnungseigentumsvertrags weiterverrechnet worden.

5 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, bei der Revisionswerberin handle es sich um eine ARGE, die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisiert sei. Eine nicht rechtsfähige Personenvereinigung wie die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei dann Unternehmerin iSd Umsatzsteuerrechts, wenn sie selbständig sei und durch gewerbliche oder berufliche Leistungen als Gesellschaft nach außen hin in Erscheinung trete. Im Revisionsfall sei die Revisionswerberin im rechtsgeschäftlichen Verkehr und dem Finanzamt gegenüber nach außen hin in Erscheinung getreten. Die für eine Pflichtmitgliedschaft nach dem Tiroler Tourismusgesetz 2006 erforderlichen subjektbezogenen und geografischen Tatbestandsmerkmale lägen damit vor. Neben dem Vorliegen der subjektbezogenen und geografischen Tatbestandsmerkmale sei zusätzlich das Vorliegen eines unmittelbaren bzw. mittelbaren Nutzens aus dem Tourismus für eine Pflichtmitgliedschaft und Beitragspflicht nach dem Tiroler Tourismusgesetz 2006 Voraussetzung. Entscheidend sei, ob und in welcher Weise die erzielten Umsätze vom Fremdenverkehr beeinflusst seien. Ein Interesse und somit ein mittelbarer Nutzen am Tourismus liege vor, wenn durch Touristen in einem Bereich eine Hebung der wirtschaftlichen Lage eintrete, die sich wieder auf andere Geschäftszweige belebend auswirke.

6 Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts liege bei der Revisionswerberin, auch wenn deren Umsätze sich ausschließlich aus der aufschlagsfreien Weiterverrechnung an ihre ARGE Partner ergäben und sie nach ihren Ausführungen keinen Nutzen aus dem Tourismus ziehen würde, ein mittelbarer Nutzen aus dem Tourismus vor und es sei somit auch das objektbezogene Tatbestandsmerkmal erfüllt. Mit dem Bauvorhaben werde durch die Revisionswerberin die Errichtung einer Tiefgarage mit 80 Stellplätzen, die den Gästen eines Campingplatzes und eines Hotels diene, abgewickelt. Damit liege zweifelsfrei ein mittelbarer Konnex zum Tourismus vor und ergebe sich dadurch eine Hebung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage. Durch den Zusammenschluss der beiden ARGE Partner zur Revisionswerberin für die Abwicklung des Bauprojektes seien die entsprechenden Umsätze der Revisionswerberin steuerlich zurechenbar. Durch diese Konstruktion hätten auch unternehmerische Zwecke und damit ein zusätzlicher Nutzen verwirklicht werden können, etwa hinsichtlich einer gemeinschaftlichen Planung, besseren Konditionen aufgrund des größeren Auftrags- und Bauvolumens und der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, die Revisionswerberin sei eine auf Anleitung der Finanzverwaltung gegründete „Wohnungseigentümer Errichtergemeinschaft“ mit der einzigen und ausschließlichen Funktion, den Vorsteuerabzug aus den Baukosten eines Gebäudes im konkreten Fall einer Tiefgarage im Wohnungseigentum sicherzustellen. § 2 Tiroler Tourismusgesetz 2006 setze für eine Pflichtmitgliedschaft in einem Tourismusverband des Bundeslandes Tirol einen (unmittelbaren oder mittelbaren) „wirtschaftlichen Nutzen aus dem Tourismus in Tirol“ voraus. Die Baukosten (Entgelte + 20% USt) würden ohne Gewinnaufschlag an die einzelnen Wohnungseigentümer weiterverrechnet, weshalb die Revisionswerberin Null Euro wirtschaftlichen Nutzen aus dem Tourismus in Tirol ziehe. Der Tourismus befeuere im Gegenteil die Nachfrage nach Bauleistungen und treibe so die Preise für Bauleistungen zur Errichtung von Gebäuden im Wohnungseigentum in die Höhe. Ein „wirtschaftlicher Nutzen“ aus dem Tourismus in Tirol sei für „Wohnungseigentümer Errichtergemeinschaften“ bei dieser Sachlage auszuschließen. Ob und welchen Nutzen die einzelnen Wohnungseigentümer nach der Einräumung von Wohnungseigentum aus dem Tourismus in Tirol ziehen würden, ändere nichts an der Tatsache, dass die Revisionswerberin nur die Kosten im Parifizierungsschlüssel weiterleite und somit aus dem Tourismus in Tirol keinen wirtschaftlichen Nutzen erziele.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Gemäß § 2 Abs. 1 des Tiroler Tourismusgesetzes 2006 sind jene Unternehmer iSd § 2 Abs. 1 und 2 UStG 1994, die unmittelbar oder mittelbar einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Tourismus in Tirol erzielen und im Gebiet des Tourismusverbandes ihren Sitz oder eine Betriebsstätte haben, Pflichtmitglieder eines Tourismusverbandes.

12 Nach § 30 Abs. 1 des Tiroler Tourismusgesetzes 2006 haben die Pflichtmitglieder für jedes Haushaltsjahr des Tourismusverbandes an diesen Pflichtbeiträge nach Maßgabe ihres im Bemessungszeitraum unmittelbar oder mittelbar aus dem Tourismus in Tirol erzielten wirtschaftlichen Nutzens zu entrichten. Weiters haben die Pflichtmitglieder nach § 45 Abs. 1 Tiroler Tourismusgesetz 2006 Beiträge an den Tourismusförderungsfonds zu leisten.

13 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird ein wirtschaftlicher Nutzen aus dem Tourismus mittelbar erzielt, wenn durch die Fremden (Gäste) in einem Bereich eine Hebung der wirtschaftlichen Lage eintritt, die wieder auf andere Geschäftszweige belebend wirkt. Dabei bewirkt der Umstand, dass die Revisionswerberin nach der Beitragsgruppenverordnung einer bestimmten Berufsgruppe zuzuzählen ist, nicht schon für sich, dass ein (mittelbarer) wirtschaftlicher Nutzen zu bejahen wäre, da das Gesetz insoweit keine Fiktion und auch keine (widerlegbare) Rechtsvermutung aufstellt. Die Frage, ob tatsächlich ein Nutzen aus dem Tourismus gezogen wird, ist gegebenenfalls im Einzelfall zu beurteilen (vgl. VwGH 1.3.2023, Ra 2022/13/0062, mwN).

14 Bewirkt der Tourismus in einem Land eine Belebung der Wirtschaftstätigkeit der gesamten Bevölkerung, so kann davon ausgegangen werden, dass Umsätze, die mit diesen Personen erzielt werden, auf Einnahmen aus dem Tourismus zurückgehen. Entscheidend ist demnach, ob zufolge der auf den Tourismus zurückzuführenden Hebung der wirtschaftlichen Lage in Tirol die Revisionswerberin höhere Umsätze erzielen konnte, als wenn der Tourismus dort nicht existieren würde. Es kommt also darauf an, ob und in welcher Weise die von der Revisionswerberin in Tirol erzielten Umsätze vom dortigen Fremdenverkehr beeinflusst sind (vgl. nochmals VwGH 1.3.2023, Ra 2022/13/0062, mwN).

15 Der Fremdenverkehrsnutzen muss nicht auf einer unmittelbaren Beziehung des Erwerbstätigen zu den Fremden beruhen, sondern der Nutzen kann auch auf eine mittelbare Beziehung zurückzuführen sein (vgl. VwGH 25.6.2013, 2011/17/0001).

16 Die Revision vermag nicht aufzuzeigen, dass das Verwaltungsgericht von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre.

17 Die Revisionswerberin ist eine Wohnungseigentümer-Errichtergemeinschaft für eine Tiefgarage, die von den Gästen eines Campingplatzes und eines Hotels genutzt werden soll. Die revisionswerbende Gesellschaft bürgerlichen Rechts erzielt Umsätze (nur) gegenüber ihren Mitgliedern, was nach § 2 Abs. 1 dritter Satz UStG 1994 nichts an der Unternehmereigenschaft der Revisionswerberin ändert (dass sie nicht nachhaltig tätig sei, wird in der Revision nicht behauptet). Die Empfänger der Leistungen der Revisionswerberin (also ihre Gesellschafter) erzielen wiederum Umsätze u.a. aus der Zuverfügungstellung der Tiefgaragenplätze an ihre Gäste. Dass diese Umsätze der Gesellschafter vom Tourismus in Tirol (positiv) beeinflusst werden, wird von der Revisionswerberin auch nicht in Abrede gestellt. Damit sind aber auch die von der Revisionswerberin erzielten Umsätze mittelbar vom Tourismus in Tirol (positiv) beeinflusst; auf eine Gewinnerzielungsabsicht kommt es insoweit nicht an (vgl. VwGH vom heutigen Tag, Ra 2022/13/0081, ebenfalls zu einer Wohnungseigentümer Errichtergemeinschaft).

18 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. Mai 2025

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