JudikaturVwGH

Ra 2024/11/0138 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
02. September 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm und den Hofrat Dr. Faber sowie die Hofrätin Dr. in Oswald als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, über die Revision des K S in W, vertreten durch Mag. Thomas Pfaller, Rechtsanwalt in 2340 Mödling, Hauptstraße 47/23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Juli 2024, Zl. W296 2294776 1/5E, betreffend Zuweisung zum ordentlichen Zivildienst und Aufschub des ordentlichen Zivildienstes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zivildienstserviceagentur), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Spruchpunkt A.I. des angefochtenen Erkenntnisses wies das Bundesverwaltungsgericht nach Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 3. April 2024, mit welchem dieser einer näher genannten Einrichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes für den Zeitraum vom 1. August 2024 bis 30. April 2025 zugewiesen wurde, als unbegründet ab. Mit Spruchpunkt A.II. dieses insoweit unzutreffend nicht als Beschluss gefassten Erkenntnisses wies das Verwaltungsgericht den „Antrag auf Aufschub zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes“ zurück. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

2 Das Verwaltungsgericht führte auf das hier Wesentliche beschränkt aus, mit Bescheid der belangten Behörde vom 22. Jänner 2010 sei der Eintritt der Zivildienstpflicht des Revisionswerbers mit 11. Jänner 2010 festgestellt worden. Der Revisionswerber wisse seitdem von seiner Zivildienstpflicht. Er sei bis zu seiner Zuweisung mit (wirksam zugestelltem) Bescheid vom 3. April 2024, sohin 14 Jahre und zwei Monate, weder bei einer Wunscheinrichtung vorstellig geworden, noch habe ihn eine solche angefordert oder habe er die belangte Behörde kontaktiert und um Zuweisung ersucht. In seinem nunmehr dreiunddreißigsten Lebensjahr entfalte er nach der Zuweisung zur Ableistung des Zivildienstes eine berufliche Tätigkeit im Ausland, indem er am 30. April 2024 eine Firma mit Sitz in Großbritannien gegründet habe. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe kein rechtliches Hindernis für die Einberufung eines Wehrpflichtigen, der sich überwiegend mit seinem „Lebensmittelpunkt“ im Ausland befinde (Hinweis auf VwGH 22.8.1995, 95/11/0255).

3 Zwar sei bei einer Zuweisung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes 14 Jahre und zwei Monate nach Feststellung der Zivildienstpflicht eine „Vorlaufzeit“ von nur vier Monaten knapp bemessen, aber im Hinblick auf § 8 Abs. 2 Zivildienstgesetz 1986 ZDG, der lediglich eine Sechswochenfrist vorsehe, rechtskonform. Überdies sei der Revisionswerber bereits im 33. Lebensjahr und könne gemäß § 7 Abs. 1 ZDG nur bis zum 35. Lebensjahr zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes verpflichtet werden.

4 Zu Spruchpunkt A.II. führte das Verwaltungsgericht aus, der Revisionswerber habe erst im Zuge des Rechtsmittelverfahrens einen (neuen) Antrag auf Aufschub der Leistung des ordentlichen Zivildienstes gestellt. Dieser hätte bei der belangten Behörde und nicht im Wege einer Beschwerde beim Verwaltungsgericht eingebracht werden müssen, weswegen der Antrag zurückzuweisen gewesen sei.

5 Gegen diese Entscheidung dem gesamten Umfang nach richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 In der demnach für die Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung wird zum einen vorgebracht, dem Revisionswerber sei vor Erlassung des Zuweisungsbescheides nicht die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden, was insbesondere angesichts des seit dem Eintritt der Zivildienstpflicht vergangenen Zeitraumes von mehr als 14 Jahren erforderlich gewesen wäre.

10 Damit macht die Revision einen Verfahrensmangel, nämlich eine Verletzung des Parteiengehörs geltend. Auch die Verletzung des Parteiengehörs bewirkt nur dann einen wesentlichen Mangel, wenn das Verwaltungsgericht bei dessen Vermeidung zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können. Der Revisionswerber muss deshalb die entscheidenden Tatsachen behaupten, die dem Verwaltungsgericht wegen des Verfahrensmangels unbekannt geblieben sind. Er darf sich nicht darauf beschränken, den Mangel bloß zu rügen, sondern muss konkret darlegen, welches Vorbringen er im Fall der Einräumung des vermissten Parteiengehörs erstattet hätte und inwiefern das Verwaltungsgericht dadurch zu einer anderen (für ihn günstigeren) Entscheidung hätte gelangen können (vgl. VwGH 20.12.2023, Ra 2022/03/0266, mwN).

11 Eine solche Relevanzdarstellung enthält die Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht.

12 Zum anderen bringt die Revision zu ihrer Zulässigkeit vor, es stelle sich die Rechtsfrage, ob der mit Bescheid der belangten Behörde festgelegte Zuweisungszeitraum nicht mit Beschwerde bekämpft werden könne und das „Beschwerdebegehren auf die Verschiebung des Zuweisungszeitraumes“ daher zu Recht zurückgewiesen worden sei.

13 Auch damit zeigt die Revision eine Rechtsfrage iSd. Art. 133 Abs. 4 B VG nicht auf:

14 Die belangte Behörde hat mit dem auf die §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 9 Abs. 1 ZDG gestützten Bescheid vom 3. April 2024 (ausschließlich) über die Zuweisung des Revisionswerbers zum ordentlichen Zivildienst abgesprochen, wobei im Zuweisungsbescheid gemäß § 11 Abs. 1 ZDG auch der Zeitpunkt, zu dem der Zivildienstpflichtige seinen Dienst anzutreten hat und der Zeitpunkt, in dem der Zivildienst endet, anzuführen ist. Das Verwaltungsgericht deutete das in der Beschwerde gegen diesen Bescheid enthaltene Vorbringen des Revisionswerbers, er „ersuche [...], den Zivildiensttermin auf einen Zeitraum nach dem 1. Mai 2025 zu verschieben“, erkennbar als Antrag auf Aufschub des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 14 ZDG, über den zu entscheiden es funktionell unzuständig sei.

15 Die Revision legt nicht dar, dass diese einzelfallbezogene Auslegung einer Parteierklärung unvertretbar wäre (vgl. zum diesbezüglichen Prüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 7.3.2022, Ra 2020/12/0048, mwN).

16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 2. September 2024

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