Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Mag. Haunold und die Hofrätin Dr. Holzinger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, über die Revision der H GmbH Co KG in R, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 1. Juli 2024, Zl. LVwG AV 2768/001 2023, betreffend Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) vom 24. August 1998 wurde einer Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin unter anderem die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb eines Kleinwasserkraftwerks auf den Grundstücken Nr. 342 und 343, KG L., befristet bis zum 31. Dezember 2087 erteilt. Durch dieses Kraftwerk werden die Wasserkräfte der Deutschen Thaya ausgenutzt, wobei das Wasser zum Betrieb des Kraftwerks mit einer Leistung von 41 kW an einer Wehranlage ausgeleitet wird. Über die Wehranlage sind als Restwassermenge in den Monaten April bis Mitte Juni zumindest 500 l/s, in der übrigen Zeit des Jahres 400 l/s abzugeben.
2 Mit Bescheid vom 1. April 2014 erteilte die belangte Behörde der Revisionswerberin die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Fischwanderhilfe längs der rechten Flussböschung sowie für die Aufhöhung des Mittelteils der Wehrkrone der gegenständlichen Wasserkraftanlage. Bei dieser Fischaufstiegshilfe handelt es sich um ein Schlitzpass Betonbauwerk mit einer Länge von ca. 75 m und einer Breite von ca. 2,5 m. Als Auflagen wurden unter anderem eine ganzjährige Mindestdotation der Fischaufstiegshilfe mit 260 l/s und die Abgabe von mindestens 70 l/s über die Ausnehmung der Wehrkrone vorgeschrieben.
3 Mit weiterem Bescheid der belangten Behörde vom 11. Dezember 2015 wurde der Revisionswerberin die bis 31. Dezember 2017 befristete wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Fischaufstiegshilfe in Form einer Fischschleuse aus Fertigstahlbetonschachtelementen auf den Grundstücken Nr. 342 und 343 erteilt. Diese Bewilligung wurde zur Ermöglichung eines wasserwirtschaftlichen Versuches mit dem Ziel erteilt, der Konsensinhaberin die Erprobung einer alternativen Fischaufstiegshilfe zu ermöglichen. Der Versuch selbst wurde mit einem gesonderten Bescheid vom 11. Dezember 2015 bewilligt. Darin wurde der Revisionswerberin auferlegt, nach Fristablauf dieser Bewilligung einen Abschlussbericht vorzulegen und mitzuteilen, ob der ursprünglich genehmigte Vertical Slot Fischpass umgesetzt oder um Änderung der „ursprünglich genehmigten Anlage“ durch Errichtung der neuartigen Fischschleuse nach dem System „Alpin Umwelttechnik“ angesucht werde.
4 Bereits mit Eingabe vom 11. März 2015 hatte die Revisionswerberin unter anderem um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Abänderung der Wasserkraftanlage durch Errichtung einer Fischwanderhilfe in Form einer Fischschleuse angesucht. Diesen Antrag wies die belangte Behörde nach Durchführung eines mehrjährigen Versuches, währenddessen das Bewilligungsverfahren unterbrochen war mit Bescheid vom 31. Oktober 2023 ab.
5 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde. Subsidiär wurde ein Antrag nach § 12a Abs. 3 WRG 1959 gestellt und begehrt, die beantragte Bewilligung auf die Dauer von sechs Jahren unter Abstandnahme vom Stand der Technik zu erteilen.
6 Diese Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) mit einer hier nicht relevanten Maßgabe abgewiesen. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ließ das Verwaltungsgericht nicht zu.
7 Nach Wiedergabe des Gutachtens des beigezogenen gewässerökologischen Amtssachverständigen stellte das Verwaltungsgericht fest, der vom Kleinwasserkraftwerk betroffene Wasserkörper sei wie auch die unmittelbar angrenzenden als „erheblich verändert“ einzustufen. Laut Bewertung im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan sei als ökologischer Gesamtzustand das mäßige oder schlechtere Potential (für das biologische Qualitätselement „Fische“ die Zustandsklasse 3; „mäßig“) ausgewiesen. Für den Wasserkörper komme die Sanierungspflicht nach dem NÖ Sanierungsprogramm 2012 zum Tragen. Die maximale Leistung der 1998 bewilligten Anlage betrage 41 kW. Die ganzjährige Fischpassierbarkeit der Wehranlage sei insofern nicht gegeben, als mit den konsensgemäß vorhandenen Anlagen die Zielvorgaben des auf die gegenständliche Anlage anzuwendenden NÖ Sanierungsprogramms 2012 nicht erreicht würden.
8 Auch mit der antragsgegenständlichen Fischschleuse des Systems „Alpin Umwelttechnik“, welche im Werkskanal im Bereich der Turbine installiert und mittels eines mehrjährigen Versuchs erprobt worden sei, werde die Fischpassierbarkeit nicht hergestellt, wie sie mit Anlagen erreicht werde, die dem gegenwärtigen Stand der Technik entsprächen. Diese Fischschleuse sei, jedenfalls mit Aussagekraft für Gewässer wie das vorliegende, nicht hinreichend erprobt bzw. es habe auch durch den aufgrund der Bewilligung vom 11. Dezember 2015 durchgeführten (und danach noch fortgesetzten) Versuch eine Gleichwertigkeit dieser Anlage mit den dem Stand der Technik entsprechenden Anlagen nicht nachgewiesen werden können. Vielmehr weise die gegenständliche Anlage im Vergleich zu fachlich allgemein anerkannten und erprobten Systemen und Fischaufstiegsanlagentypen, namentlich auch zur mit Bescheid vom 1. April 2014 der Revisionswerberin bewilligten wesentliche Funktionsdefizite auf.
9 Insbesondere sei nicht gewährleistet, dass die für das Gewässer typischen Fischarten in ausreichender Anzahl mithilfe der gegenständlichen Anlage die den Fischaufstieg behindernde Wehranlage des Wasserkraftwerks passieren könnten. Die im Werkskanal situierte Fischschleuse sei nicht gleichwertig mit einer direkt im Gewässer am Querbauwerk situierten, dem Stand der Technik entsprechenden Fischaufstiegshilfe. Die unzureichende Funktion der Anlage in Bezug auf die Mittelstreckenwanderer konterkariere auch Aufwendungen, die im betroffenen Wasserkörper zur Herstellung der Fischpassierbarkeit getroffen worden bzw. noch im Gange seien.
10 Die mit der Verwirklichung einer dem Stand der Technik entsprechenden Anlage verbundenen Kosten würden nach wie vor mit ca. 50 % aus öffentlichen Mitteln gefördert. Eine solche Anlage könne mit vertretbarem Aufwand hergestellt werden (wird näher dargelegt).
11 Im Rahmen der Beweiswürdigung folgte das Verwaltungsgericht den Ausführungen des gewässerökologischen Amtssachverständigen und dem damit in Einklang stehenden Vorbringen des Vertreters des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans. Der gewässerökologische Amtssachverständige habe schlüssig dargelegt, dass die zur Bewilligung vorgelegte Anlage nicht in der Lage sei, die Fischpassierbarkeit des Gewässers im Bereich der in Rede stehenden Wasserkraftanlage in einer Weise wiederherzustellen, dass damit hydromorphologisch zumindest das gute ökologische Potential des Gewässers erreicht würde. Die zur Zielerreichung erforderliche ökologische Durchgängigkeit könne nämlich nicht in hinreichendem Maße hergestellt werden. Die von Seiten der Revisionswerberin vorgebrachten Einwände seien vom Amtssachverständigen nachvollziehbar widerlegt worden.
12 Der Amtssachverständige habe sich auch überzeugend mit dem Vorbringen zum Verhältnis der von der Revisionswerberin als maßgeblich erachteten (vom Österreichischen Fischereiverband herausgegebenen) Richtlinie „Woschitz et al 2003“ und der Richtlinie „Woschitz et al 2020“ auseinandergesetzt. Es sei plausibel, dass die spätere Richtlinie, weil sie zwischenzeitlich erlangte Erkenntnisse berücksichtige, eine bessere Beurteilungsgrundlage darstelle als die frühere, ganz abgesehen von der Berücksichtigung zwischenzeitlich veröffentlichter neuer Rechtsquellen. Der Amtssachverständige habe die Richtlinie aus dem Jahr 2020 auch nicht unkritisch übernommen, sondern nachvollziehbar dargelegt, dass die Ausführungen und Methoden der Richtlinie „Woschitz et al 2020“ deutlich besser abgesichert und plausibler einzustufen seien als die kritischen Ausführungen des von der Revisionswerberin befassten Gutachters Dr. M. Die Erklärung des Amtssachverständigen, dass die Richtlinie „Woschitz et al 2020“ grundlegende Bewertungen und Ansätze liefere, die unter Berücksichtigung des Einzelfalls eine entsprechende Funktionsbewertung einer Fischaufstiegshilfe erlaube, sei nachvollziehbar. Schließlich habe der Amtssachverständige auch plausibel dargelegt, dass selbst die Anwendung der Richtlinie „Woschitz et al 2003“ nicht zu einem im Sinn der Revisionswerberin positiven Ergebnis führte, wobei die ältere Richtlinie in einzelnen Punkten sogar strenger als die jüngere gewesen sei.
13 Im Zusammenhang mit dem nach § 12a Abs. 3 WRG 1959 gestellten Antrag obliege dem Antragsteller der Nachweis, dass im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände mit wirtschaftlich zumutbarem Aufwand der Stand der Technik nicht eingehalten werden könne bzw. technisch nicht herstellbar sei. Diesen Nachweis habe die Revisionswerberin nicht erbracht. Die technische Möglichkeit der Herstellung einer dem Stand der Technik entsprechenden Fischaufstiegsanlage sei schon durch die Bewilligung vom 1. April 2014 belegt und letztlich auch nicht strittig.
14 In seinen rechtlichen Erwägungen hielt das Verwaltungsgericht im Wesentlichen fest, das gute ökologische Potential im Gewässer in Bezug auf die ökologische Durchgängigkeit könnte durch eine dem heutigen Stand der Technik entsprechende Fischaufstiegshilfe erreicht werden, die ein Passieren des mit der Wasserkraftanlage verbundenen Querbauwerks durch die maßgeblichen Fischarten in ausreichender Zahl ermögliche. Dies vermöge die beantragte Fischaufstiegshilfe nicht zu leisten, weil sie wie auf sachverständiger Basis festgestellt nicht dem Stand der Technik entspreche (bzw. gleichwertig sei) und daher nicht genehmigt werden könne.
15 Für die Heranziehung des § 12a Abs. 3 WRG 1959 bleibe bei der vorliegenden Fallkonstellation kein Raum. Es sei auf die speziellere Bestimmung des § 33d Abs. 4 WRG 1959 hinzuweisen, die im gewissen Rahmen die Verlängerung der Sanierungsfristen ermögliche. Selbst bei einer gegenteiligen Sichtweise könnte dem Begehren der Revisionswerberin nicht Rechnung getragen werden, sei doch weder der Nachweis im Sinn des § 12a Abs. 3 zweiter Satz WRG 1959 gelungen, noch eröffne die angestrebte Vorgangsweise die zu fordernde Perspektive für die Vorgangsweise nach Ablauf der begehrten 6 Jahres Frist.
16 Auch die Berufung auf das Unionsrecht (durch die Revisionswerberin) verfange nicht. Die Umsetzung einer dem Stand der Technik entsprechenden Fischaufstiegshilfe, wie sie etwa im Jahre 2014 genehmigt worden sei, bewirkte nämlich keinerlei Einbußen in Bezug auf die Energieerzeugungskapazität der gegenständlichen Wasserkraftanlage. Ein Widerspruch zum Interesse an der Ausnutzung erneuerbarer Energien sei daher von vornherein nicht zu erkennen, sodass dahingestellt bleiben könne, ob bei einer Anlage mit derart geringer Leistung (41 kW) überhaupt von einem besonderen öffentlichen Interesse gesprochen werden könne. Schließlich könne das Verwaltungsgericht nicht finden, dass die im Vergleich zur gegenständlichen Anlage höheren Investitionskosten für eine die Zielerreichung ermöglichende Anlage schon angesichts der zu erwartenden Förderung ein Ausmaß erreichten, das zur Stilllegung der Anlage und damit zu einem Verlust der durch diese erzeugte erneuerbare Energie führte.
17 2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
18 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein, in dem keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde.
19 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
20 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
21 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
22 2.1. Zur Begründung ihrer Zulässigkeit wird in der Revision vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Anwendbarkeit der Verordnung (EU) 2022/2577 des Rates vom 22. Dezember 2022 zur Festlegung eines Rahmens für einen beschleunigten Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien (im Folgenden: Verordnung (EU) 2022/2577), sowie der Richtlinie (EU) 2023/2413 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Oktober 2023 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2018/2001, der Verordnung (EU) 2018/1999 und der Richtlinie 98/70/EG im Hinblick auf die Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Aufhebung der Richtlinie (EU) 2015/652 (im Folgenden: RL RED III).
23 In Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2022/2577 werde normiert, dass für die Zwecke (unter anderem) des Art. 4 Abs. 7 der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie; im Folgenden: WRRL) bei der Abwägung rechtlicher Interessen im Einzelfall angenommen werde, dass (unter anderem) die Planung, der Bau und der Betrieb von Anlagen und Einrichtungen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen im überwiegenden öffentlichen Interesse lägen und der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit dienten. Diese unionsrechtliche Verordnung sei in allen Teilen verbindlich und gelte unmittelbar. Es sei der Anwendungsvorrang von unmittelbar wirksamem Unionsrecht zu beachten.
24 Ferner stellten die Mitgliedstaaten nach Maßgabe des mit der RL RED III in der Richtlinie (EU) 2018/2001 neu eingeführten Art. 16f bis spätestens 21. Februar 2024 sicher, dass bis zum Erreichen der Klimaneutralität (unter anderem) im Genehmigungsverfahren und bei der Planung, beim Bau und beim Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarer Energie davon ausgegangen werde, dass sie im überragenden öffentlichen Interesse lägen und der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit dienten, wenn für Zwecke (unter anderem) des Art. 4 Abs. 7 der WRRL im Einzelfall rechtliche Interessen abgewogen würden. Gegenüber einem säumigen Mitgliedstaat bestehe die unmittelbare Wirksamkeit von Richtlinien.
25 Art. 4 Abs. 7 der WRRL sei im österreichischen Recht in § 104a WRG 1959 umgesetzt. Da § 104a WRG 1959 sowie § 33d WRG 1959 bisher nicht novelliert worden seien, um Art. 16f der Richtlinie (EU) 2018/2001 in der Fassung der RL RED III entsprechend umzusetzen, sei § 104a WRG 1959 richtlinienkonform im Sinn der RL RED III zu interpretieren.
26 Die erwähnten unionsrechtlichen Regelungen gälten auch für den Betrieb von Wasserkraftanlagen, daher auch für Sanierungsverfahren nach § 21a WRG 1959, Sanierungsprogramme nach § 33d WRG 1959, im vorliegenden Fall auch für das gegenständliche wasserrechtliche Bewilligungsverfahren (Bezugnahme auf Katalan/Jantscher , Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot im Lichte der EU Notfallverordnung und der RED III, RdU 2024/7). Im Hinblick auf das ausnahmslose Herstellen eines guten Zustandes des Oberflächengewässers stelle sich die Rechtsfrage, ob nicht § 33d WRG 1959 unionswidrig sei. Dies gelte auch für das NÖ Sanierungsprogramm 2012.
27 Unter Berücksichtigung auch der Größe der Wasserkraftanlage (41 kW) ergebe eine Interessensabwägung im Sinne der zitierten unionsrechtlichen Bestimmungen, dass die gegenständliche Fischschleuse System „Alpin Umwelttechnik“ genehmigungsfähig sei.
28 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt dann, wenn die Rechtslage eindeutig ist, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht vor, und zwar selbst dann nicht, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. VwGH 23.8.2023, Ra 2021/07/0067, mwN).
29 Gemäß Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2022/2577 tritt diese Verordnung nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Diese Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union erfolgte am 29. Dezember 2022.
30 Nach Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2022/2577 in der Fassung der Verordnung (EU) 2024/223 des Rates vom 22. Dezember 2023 gilt diese Verordnung für alle Verfahren zur Genehmigungserteilung, deren Beginn innerhalb ihrer Geltungsdauer liegt, und sie lässt nationale Bestimmungen unberührt, mit denen kürzere als die in Art. 5 Abs. 1 vorgesehenen Fristen festgelegt werden.
31 Unstrittig hatte die Revisionswerberin bereits mit Anbringen vom 11. März 2015 um Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Abänderung der Wasserkraftanlage durch Errichtung einer Fischwanderhilfe in Form einer Fischschleuse angesucht. Über diesen Antrag wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 31. Oktober 2023 bzw. mit dem angefochtenen Erkenntnis abweisend entschieden. Auch wenn das Verfahren während der Durchführung eines mehrjährigen Versuches unterbrochen war, fällt es somit nicht in den zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung (EU) 2022/2577.
32 Zwar können gemäß Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2022/2577 die Mitgliedstaaten diese Verordnung auch auf laufende Verfahren zur Genehmigungserteilung anwenden, bei denen vor dem 30. Dezember 2022 noch keine endgültige Entscheidung ergangen ist, sofern das Verfahren zur Genehmigungserteilung damit verkürzt wird und bereits bestehende Rechte Dritter gewahrt werden. Dass ihr daraus subjektive Rechte erwüchsen, hat die Revisionswerberin jedoch nicht dargelegt und ist auch nicht zu erkennen. Es erübrigt sich daher, auf die Bestimmungen der Verordnung (EU) 2022/2577 im Einzelnen einzugehen.
33 Ferner wird im Erwägungsgrund 34. der von der Revisionswerberin ebenso erwähnten RL RED III ausdrücklich festgehalten, dass die in der WRRL festgelegten Verpflichtungen weiterhin für Wasserkraftwerke gelten . Dies gilt auch für den Fall, dass ein Mitgliedstaat Beschleunigungsgebiete für erneuerbare Energie im Zusammenhang mit Wasserkraft ausweist, um sicherzustellen, dass eine potenzielle nachteilige Auswirkung auf das oder die betreffenden Gewässer gerechtfertigt ist und dass alle einschlägigen Minderungsmaßnahmen durchgeführt werden.
34 Dementsprechend bestimmt Art. 15c Abs. 1 lit. b der RL RED III für die Lösung eines Zielkonfliktes zwischen der Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen einerseits und den qualitativen Zielen der WRRL andererseits, dass (Anmerkung: sogar) bei Ausweisung von Beschleunigungsgebieten für erneuerbare Energie (wobei überdies die Mitgliedstaaten unter anderem Wasserkraftwerke ausnehmen können) in den entsprechenden Plänen „geeignete Regeln für wirksame Minderungsmaßnahmen“ festzulegen sind, die (unter anderem) bei der Errichtung von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie zu ergreifen sind, „um mögliche negative Umweltauswirkungen zu vermeiden oder, falls dies nicht möglich ist, gegebenenfalls erheblich zu verringern, wobei die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass geeignete Minderungsmaßnahmen verhältnismäßig und zeitnah durchgeführt werden, damit die Verpflichtungen gemäß [...] Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer i der Richtlinie 2000/60/EG [...] eingehalten werden und keine Verschlechterung eintritt und ein guter ökologischer Zustand oder ein gutes ökologisches Potenzial gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Richtlinie 2000/60/EG erreicht wird .“ (Hervorhebungen durch den Verwaltungsgerichtshof)
35 Auch wenn Art. 16f der RL RED III bei der Abwägung rechtlicher Interessen unter anderem für die Zwecke des Art. 4 Abs. 7 der WRRL von einem „überragenden öffentlichen Interesse“ von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarer Energie im Genehmigungsverfahren spricht, besteht somit kein Zweifel, dass auch vor dem Hintergrund der RL RED III die qualitativen Ziele der WRRL (Erhaltung oder Wiederherstellung eines guten Zustands der Oberflächengewässer) weiter relevant sind (vgl. in diesem Sinn auch Primosch , Replik auf Katalan/Jantscher, Verschlechterungsverbot und Verbesserungsverbot im Lichte der EU Notfallsverordnung und der RED III, RdU 2024/7, RdU 2024/115).
36 Angesichts dessen und im Hinblick darauf, dass die Revisionswerberin den Darlegungen des Verwaltungsgerichts, wonach die Umsetzung einer dem Stand der Technik entsprechenden Fischaufstiegshilfe, wie sie etwa im Jahre 2014 genehmigt worden sei, keinerlei Einbußen in Bezug auf die Energieerzeugungskapazität der gegenständlichen Wasserkraftanlage bewirkte, ein Widerspruch zum Interesse an der Ausnutzung erneuerbarer Energien daher von vornherein nicht zu erkennen sei, nicht entgegentritt, vermag sie in diesem Zusammenhang fallbezogen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.
37 Vor diesem Hintergrund wird von der Revisionswerberin auch die von ihr angesprochene Unionsrechtswidrigkeit des „§ 33d WRG 1959 mit der ausnahmslosen Herstellung des guten Zustandes des Oberflächengewässers“ fallbezogen nicht nachvollziehbar dargelegt, dient doch ein auf dieser Rechtsgrundlage erlassenes Sanierungsprogramm letztlich der Erreichung der in Rede stehenden von der RL RED III ausdrücklich nicht in Frage gestellten Umweltziele im Sinn der Richtlinie WRRL und zöge wie ausgeführt gegenständlich die Umsetzung einer dem Stand der Technik entsprechenden Fischaufstiegshilfe unstrittig keine Einbußen in Bezug auf die Energieerzeugungskapazität nach sich.
38 2.2. Mit dem zweiten Fragenbereich ihrer Zulässigkeitsbegründung wendet sich die Revisionswerberin im Zusammenhang mit ihrer diesbezüglichen Antragstellung gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach für die Heranziehung des § 12a Abs. 3 WRG 1959 in der gegenständlichen Fallkonstellation angesichts der speziellen Bestimmung des § 33d Abs. 4 WRG 1959 kein Raum bleibe. Dazu fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
39 Dieses Vorbringen vermag fallbezogen die Zulässigkeit der Revision bereits deshalb nicht zu begründen, weil die Revisionswerberin der Argumentation des Verwaltungsgerichts, wonach selbst bei einer gegenteiligen Sichtweise dem Begehren der Revisionswerberin nicht Rechnung getragen werden könne, weil diese den Nachweis im Sinne des § 12a Abs. 3 zweiter Satz WRG 1959 (wonach der Antragsteller nachzuweisen hat, dass im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände mit wirtschaftlich zumutbarem Aufwand der Stand der Technik nicht eingehalten werden kann bzw. technisch nicht herstellbar ist) nicht erbracht habe, nicht entgegentritt. Das rechtliche Schicksal der Revision hängt daher von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht ab. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG aber nicht zuständig (vgl. etwa VwGH 23.8.2023, Ra 2023/07/0029, 0030, mwN).
40 2.3. Schließlich bringt die Revisionswerberin vor, es gebe noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, inwieweit bei der Ermittlung des Standes der Technik für Fischaufstiegshilfen und der Bewertung deren Funktionsfähigkeit die Richtlinie „Woschitz 2020 et al“ als Sachverständigenrichtlinie herangezogen werden könne. Es liege keine Verordnung des (zuständigen) Bundesministers gemäß § 12a Abs. 2 WRG 1959 betreffend den Stand der Technik für Fischaufstiegshilfen vor. Der Stand der Technik sei daher im Einzelfall im Wasserrechtsverfahren bzw. mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln. „Gutachten von Universitätsprofessoren“ widersprächen der Beurteilung, dass die Richtlinie „Woschitz 2020 et al“ den Stand der Technik wiedergebe. Die Revisionswerberin verweist auf das von ihr vorgelegte Gutachten des ao. Univ.Prof. Dipl. Ing. Dr. Helmut M., Universität für Bodenkultur, vom 23. April 2023. Trotz der von der Revisionswerberin vorgetragenen Bedenken habe sich der gewässerökologische Amtssachverständige „sehr stark“ auf die „Richtlinie Woschitz 2020 et al“ gestützt. Das Verwaltungsgericht habe sich in seiner Beweiswürdigung den diesbezüglichen Überlegungen des Amtssachverständigen angeschlossen.
41 Bestimmt der (zuständige) Bundesminister den Stand der Technik im Sinn des § 12a WRG 1959 nicht in einer Verordnung nach § 12a Abs. 2 WRG 1959, ist diese Frage im Einzelfall mit Hilfe von Sachverständigen zu klären. Dabei können von den Sachverständigen als Grundlage für die Beurteilung des Standes der Technik neben nicht auf § 12a Abs. 2 WRG 1959 gestützten Verordnungen des Bundesministers auch einschlägige Regelwerke, wie z.B. ÖNORMEN, als objektivierte, generelle Gutachten herangezogen werden (vgl. VwGH 17.6.2010, 2009/07/0037, mwN).
42 Ist eine Partei durch Vorlage eines Privatgutachtens dem gerichtlich bestellten Sachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und liegen demzufolge einander in ihren Schlussfolgerungen widersprechende Gutachten vor, so kann das Verwaltungsgericht seine Entscheidung nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf eines der beiden Gutachten stützen. Es hat in diesem Fall im Rahmen seiner Beweiswürdigung darzulegen, aus welchen Gründen es einem der beiden formal gleichwertigen - Beweismittel den höheren Beweiswert zubilligt als dem anderen. Allenfalls ist es Aufgabe des Verwaltungsgerichts, den in der Sache gerichtlich bestellten Sachverständigen aufzufordern, sein eigenes Gutachten zu ergänzen und sich dabei mit den Aussagen des Privatsachverständigen auseinander zu setzen und gegebenenfalls darzulegen, warum die Annahme des Privatgutachters seiner Ansicht nach nicht zutreffen (VwGH 3.10.2024, Ra 2024/07/0011, mwN).
43 Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG auf. Vor dem Hintergrund des Umfangs der Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit einer im Einzelfall erfolgten Beweiswürdigung vielmehr nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer grob fehlerhaften, unvertretbaren Weise vorgenommen hat, sodass dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt ist (vgl. VwGH 17.12.2024, Ra 2024/07/0054, mwN).
44 Das Verwaltungsgericht hatte den beigezogenen gewässerökologischen Amtssachverständigen unter anderem mit den im Verfahren gegen die Richtlinie „Woschitz 2020 et al“ geäußerten Bedenken konfrontiert, der dazu, aber auch zum Verhältnis der Richtlinie „Woschitz et al 2020“ und der (von der Revisionswerberin als maßgeblich erachteten) Richtlinie „Woschitz et al 2003“ ausführlich Stellung nahm.
45 Das Verwaltungsgericht bewertete die gutachterlichen Ausführungen des Amtssachverständigen, dass die spätere Richtlinie, die zwischenzeitlich erlangte Erkenntnisse (und zwischenzeitlich veröffentlichte neue Rechtsquellen) berücksichtige, eine bessere Beurteilungsgrundlage darstelle als die frühere Richtlinie, als plausibel. In diesem Zusammenhang hob das Verwaltungsgericht hervor, dass nach den nachvollziehbaren Darlegungen des Amtssachverständigen die Ausführungen und Methoden der Richtlinie „Woschitz et al 2020“ deutlich besser abgesichert und plausibler einzustufen seien als die kritischen Ausführungen im von der Revisionswerberin vorgelegten Gutachten des Dr. M. Als nachvollziehbar beurteilte das Verwaltungsgericht auch die amtssachverständige Beurteilung, wonach die Richtlinie „Woschitz et al 2020“ grundlegende Bewertungen und Ansätze liefere, die unter Berücksichtigung des Einzelfalls eine entsprechende Funktionsbewertung einer Fischaufstiegshilfe, so auch im vorliegenden Fall, erlaube.
46 Diesen beweiswürdigenden Darlegungen des Verwaltungsgerichts tritt die Revisionswerberin in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht konkret entgegen. Sie bestreitet aber auch nicht die vom Verwaltungsgericht als plausibel beurteilten Ausführungen des Amtssachverständigen, wonach selbst die Anwendung der Richtlinie „Woschitz et al 2003“ nicht zu einem im Sinn der Revisionswerberin positiven Ergebnis führen würde.
47 Welche konkreten Aspekte der verwaltungsgerichtlichen Beweiswürdigung aufgrund des von ihr vorgelegten Gutachtens gegebenenfalls unzutreffend wären, führt die Revisionswerberin nicht aus. Angesichts dessen zeigt sie in der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision das Vorliegen einer Unvertretbarkeit der dem angefochtenen Erkenntnis zu Grunde liegenden Beweiswürdigung nicht auf.
48 3. In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 20. März 2025