Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des H H in S, vertreten durch die Dr. Schartner § Mag. Kofler Rechtsanwälte GmbH in 5541 Altenmarkt, Obere Marktstraße 58, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 6. August 2024, 405 3/1249/1/10 2024, betreffend Übertretung des Baupolizeigesetzes 1997 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 18. März 2024 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H. GmbH am 3. März 2023 zu verantworten, dass die Gesellschaft, welche als Bauführerin bei der Ausführung einer näher genannten baulichen Maßnahme (Errichtung eines Bauernwohnhauses im Bereich der Hofstelle des L. Gutes auf näher genannten Grundstücken der KG F., bewilligt mit Bescheid vom 13. Mai 2019) tätig gewesen sei, nicht für die Einhaltung der Bewilligung und der maßgeblichen Bauvorschriften Sorge getragen habe, weil das Bauernwohnhaus gegenüber der bewilligten Lage um ca. 6,00 m in Richtung Osten verschoben errichtet worden sei. Der Revisionswerber habe dadurch § 23 Abs. 1 Z 9 Baupolizeigesetz 1997 (BauPolG) verletzt, weshalb über ihn gemäß § 23 Abs. 1 erster Strafrahmen eine Geldstrafe in der Höhe von € 2.300, (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage und achtzehn Stunden) verhängt wurde. Gemäß § 64 VStG wurde dem Revisionswerber außerdem ein Kostenbeitrag zum verwaltungsbehördlichen Strafverfahren vorgeschrieben.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab (I.), erlegte ihm gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Strafverfahren auf (II.) und erklärte eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig (III.).
3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, zu deren Zulässigkeit zusammengefasst ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verbot der Doppelbestrafung geltend gemacht wird.
4 Die belangte Behörde teilte im vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren mit, von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung abzusehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 Die Revision ist zulässig und auch begründet.
6 Die Revision bringt vor, der Revisionswerber sei bereits mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 15. Mai 2023 in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H. GmbH wegen derselben Tathandlung bestraft worden. Aufgrund einer dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers sei dieses Straferkenntnis durch das LVwG mit einem näher bezeichneten Erkenntnis aufgehoben worden. Dieses Strafverfahren sei eingestellt worden, weshalb im Revisionsfall „im Sinne einer doppelten Beurteilung desselben Sachverhaltes“ eine „klassische Doppelbestrafung“ vorliege.
7 Dem Inhalt des vorgelegten Verfahrensaktes ist zu entnehmen, dass mit Erkenntnis des LVwG vom 31. Oktober 2023, 405 3/1125/1/5 2023, der Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 15. Mai 2023, JO/461230010013, mit welchem dem Revisionswerber zur Last gelegt worden war, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H. GmbH, welche als Bauführerin bei der ausgeführten Baumaßnahme tätig gewesen sei, am 3. März 2023 zu verantworten, dass bei der Ausführung des Bauernwohnhauses im Bereich der Hofstelle des L. Gutes auf näher genannten Grundstücken der KG F., bewilligt mit Bescheid vom 13. Mai 2019, nicht nur geringfügig vom Baukonsens abgewichen worden sei, da das Bauernwohnhaus gegenüber der bewilligten Lage um ca. 6,00 m Richtung Osten verschoben worden sei, weshalb über den Revisionswerber gemäß § 23 Abs. 1 Z 3 iVm § 23 Abs. 1 erster Strafrahmen BauPolG eine Geldstrafe in der Höhe von € 2.300, (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage und achtzehn Stunden) verhängt worden war, Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren „wegen Übertretung des § 23 Abs 1 Z 3 Salzburger Baupolizeigesetz 1997“ gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt wurde.
Begründend führte das LVwG dazu, soweit hier wesentlich, aus, eine Bestrafung des vom Bauherrn bestellten Bauführers wegen § 23 Abs. 1 Z 3 BauPolG käme nur als Beitragstäter gemäß § 7 VStG in Betracht. Fallbezogen würden konkrete Feststellungen der belangten Behörde zur vorsätzlich begangenen Beitragshandlung der Bauführerin gemäß § 7 VStG fehlen. Dem LVwG sei es verwehrt, dem Revisionswerber in Abänderung des Tatvorwurfes die Tatbegehung in Form der Beihilfe zur Übertretung des unmittelbaren Täters (des Bauherrn) erstmalig vorzuwerfen. Dies wäre eine unzulässige Auswechslung der Tat (Hinweis auf VwGH 20.6.1990, 89/01/0219; vgl. dagegen aber etwa VwGH 28.1.2025, Ra 2024/09/0071, oder auch VwGH 22.10.2023, Ra 2022/12/0005, jeweils mwN).
8 Gemäß § 23 Abs. 1 Z 3 BauPolG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist wegen dieser nach § 23 Abs. 1 erster Strafrahmen leg. cit. zu bestrafen, wer bei der Ausführung der baulichen Maßnahme nicht nur geringfügig vom Baukonsens abweicht (§ 16 Abs. 4 bzw. 7).
Gemäß § 23 Abs. 1 Z 9 BauPolG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist wegen dieser nach § 23 Abs. 1 erster Strafrahmen leg. cit. zu bestrafen, wer als Bauausführender oder Bauführer nicht für die Einhaltung der Bewilligung und der maßgeblichen Bauvorschriften im Sinn des § 11 Abs. 3 bzw. 4 sorgt.
9 Fallbezogen wurde dem Revisionswerber zunächst mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 15. Mai 2023 wegen der oben näher beschriebenen Tathandlung eine Übertretung des § 23 Abs. 1 Z 3 BauPolG angelastet und über ihn gemäß § 23 Abs. 1 erster Strafrahmen eine Geldstrafe samt Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Nachdem dieses Straferkenntnis mit Erkenntnis des LVwG vom 31. Oktober 2023 aufgehoben und das bezughabende Verwaltungsstrafverfahren eingestellt worden war, wurde über den Revisionswerber mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 18. März 2024 neuerlich wegen derselben Tathandlung gemäß § 23 Abs. 1 erster Strafrahmen eine Geldstrafe samt Ersatzfreiheitsstrafe verhängt; dies nunmehr wegen einer angelasteten Übertretung des § 23 Abs. 1 Z 9 BauPolG.
10 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, hat die Einstellung eines Strafverfahrens nach § 45 VStG zur Folge, dass eine Bestrafung wegen derselben Tathandlung unter Anwendung einer anderen Verwaltungsvorschrift den Grundsatz „ne bis in idem“ verletzt und deshalb inhaltlich rechtswidrig ist (vgl. etwa VwGH 22.11.2023, Ra 2023/02/0155, mwN).
11 Zur Würdigung der Frage, ob „dieselbe Sache“ vorliegt, ist dabei nach der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes allein auf die Fakten abzustellen und nicht auf die rechtliche Qualifikation derselben; eine neuerliche Strafverfolgung ist dann unzulässig, wenn sie sich auf denselben oder zumindest im Wesentlichen denselben Sachverhalt bezieht (vgl. nochmals etwa VwGH 22.11.2023, Ra 2023/02/0155, mwN).
12 Fallbezogen lag dem Straferkenntnis der belangten Behörde vom 15. Mai 2023 welches vom LVwG mit Erkenntnis vom 31. Oktober 2023 aufgehoben wurde und hinsichtlich dessen im selben Erkenntnis die Einstellung des Verfahrens verfügt wurde und dem hier zugrunde liegenden Straferkenntnis vom 18. März 2024 dieselbe Tathandlung, nämlich der Vorwurf an den Revisionswerber, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H. GmbH am 3. März 2023 zu verantworten, dass bei der Ausführung eines näher bezeichneten Bauernwohnhauses auf näher genannten Grundstücken der KG F. nicht nur geringfügig vom Baukonsens abgewichen worden sei, da das Bauernwohnhaus gegenüber der bewilligten Lage um ca. 6,00 m Richtung Osten verschoben worden sei, zu Grunde. Dies wird vom Revisionswerber in der vorliegenden Revision auch vorgebracht und von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt.
13 Indem das LVwG dies im angefochtenen Erkenntnis nicht beachtete und nach Einstellung des Verfahrens eine Bestrafung wegen derselben Tathandlung unter Anwendung einer anderen Verwaltungsvorschrift aussprach, verstieß es gegen den Grundsatz „ne bis in idem“ und belastete das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. nochmals etwa VwGH 22.11.2023, Ra 2023/02/0155, mwN). Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
14 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 10. Juni 2025