JudikaturVwGH

Ra 2024/06/0099 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
15. Oktober 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des R J in B, vertreten durch die Battlogg Rechtsanwalts GmbH in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 6. Mai 2024, LVwG 318 83/2023 R16, betreffend Versagung einer Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Bludenz; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Stadt Bludenz hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. Juni 2023 wurde dem Revisionswerber gemäß § 28 Abs. 3 Baugesetz (BauG) die Baubewilligung für die Errichtung eines Carports beim bestehenden Wohn und Geschäftsgebäude auf einem näher genannten Grundstück in B. versagt. Dies wurde einerseits damit begründet, dass der Carport den Mindestabstand von 2 m gemäß § 6 Abs. 1 lit. b BauG nicht einhalte und auch keine Abstandsnachsicht gemäß § 7 Abs. 1 und 2 leg. cit. erteilt worden sei. Zudem gehe aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Amtssachverständigen für Ortsbildschutz hervor, dass der Carport ortsuntypisch sei und nicht den Anforderungen des § 17 BauG entspreche.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) der Beschwerde des Revisionswerbers keine Folge, bestätigte den Bescheid der belangten Behörde und erklärte eine Revision für unzulässig.

Begründend führte das LVwG nach wörtlicher Wiedergabe des Gutachtens des Amtssachverständigen für Raumplanung, Landschaftsschutz und Baugestaltung vom 8. Februar 2024 zusammengefasst und unter Hinweis auf näher angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus, die Frage, ob Bauvorhaben das Ortsbild oder Landschaftsbild beeinträchtigten, sei Gegenstand des Beweises durch Sachverständige, weil nur der Sachverständige aufgrund seines Fachwissens in der Lage sei, objektive Beurteilungsmaßstäbe heranzuziehen; Aufgabe der entscheidenden Behörde sei es, das Gutachten auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen. Das Gutachten des beigezogenen Amtssachverständigen enthalte eine Umschreibung des Bauvorhabens sowie der näheren und erweiterten Umgebung bzw. jenes Ortsteils, der im Sinne des § 17 Abs. 1 und 2 BauG für die Beurteilung maßgeblich sei. Der Amtssachverständige habe einen Ortsaugenschein durchgeführt und vom unmittelbaren Umfeld (im Radius von 100 m) eine Fotodokumentation erstellt; er habe entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers die maßgebliche Umgebung plausibel dargestellt. Das Gutachten des Amtssachverständigen sei hinsichtlich der Befundung des Bestandes sowie hinsichtlich der Beeinträchtigung des Orts und Landschaftsbildes durch die Anordnung des Carports schlüssig, vollständig und nachvollziehbar.

Das LVwG folge dem schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachten des Amtssachverständigen, wonach der verfahrensgegenständliche Carport so angeordnet sei, dass er sich nicht in die Umgebung, in der er optisch in Erscheinung trete, einfüge und der Umgebung auch auf andere Art nicht gerecht werde. Darüber hinaus sei aufgrund des Gutachtens des Amtssachverständigen festzustellen gewesen, dass die Anordnung des Carports in der Umgebung, in der es optisch in Erscheinung trete, keine gleichwertige Anordnung finde, welche auf eine ortsübliche bauliche Lösung schließen ließe.

Der vom Revisionswerber beigezogene Privatsachverständige DI A.K. habe nichts vorgebracht, das geeignet sei, Zweifel an der Schlüssigkeit des Gutachtens des Amtssachverständigen aufkommen zu lassen.

Das Vorbringen des Revisionswerbers, wonach das Gutachten des Amtssachverständigen mit den Denkgesetzen der Logik nicht in Einklang zu bringen sei, weil der Radius von 100 m viel zu klein gewählt worden sei und für das Ortsbild einer Stadt ein ganzer Straßenzug fallbezogen die R straße in ihrer gesamten Erstreckung heranzuziehen wäre, sei nicht geeignet, „Widersprüche in den Erfahrungen des Lebens und zu den Denkgesetzen im Gutachten des Amtssachverständigen“ aufzuzeigen. Der Amtssachverständige habe ausgeführt, der Bereich, in dem das gegenständliche Bauvorhaben verwirklicht werden solle, zähle aus städtebaulicher Sicht zum Stadtteil U[...] und aus räumlicher Sicht zum Stadtteil R[...]. Er habe eine detaillierte Befundaufnahme einschließlich einer Fotodokumentation von jener Umgebung, in dem der Carport in Erscheinung trete, vorgenommen. Dass für das Ortsbild einer Stadt ein ganzer Straßenzug heranzuziehen wäre, sei weder § 17 Abs. 1 und 2 BauG noch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu entnehmen.

Ergebe sich aus dem schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachten des Amtssachverständigen, dass sich das Bauvorhaben in der Umgebung, in der es in Erscheinung trete, nicht in das Orts und Landschaftsbild einfüge, müsse nicht noch näher geprüft werden, wie das Bauvorhaben in die weitere Umgebung passe. In diesem Zusammenhang sei nicht begründet dargelegt worden, aus welchem Grund sowie aufgrund welcher typischer Charakteristik hinsichtlich der Anordnung des Carports die weitere Umgebung miteinbezogen werden müsste.

Die Baubewilligung sei somit gemäß § 28 Abs. 2 BauG zu versagen gewesen. Auf die Erteilung einer allfälligen Abstandsnachsicht nach § 7 BauG sei daher nicht weiter einzugehen und einem Beweisantrag auf Einvernahme eines näher genannten Zeugen hinsichtlich der Verkehrssicherheit in Bezug auf § 7 leg. cit. nicht zu entsprechen gewesen.

3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, zu deren Zulässigkeit u.a. vorgebracht wird, das angefochtene Erkenntnis weiche von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Überprüfung von Gutachten auf deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit ab. Das vorliegende Gutachten sei „nicht richtig“, da der Radius von 100 m zu eng gefasst worden sei; es sei auch nicht vollständig, da kein Befund und Gutachten zum Ortsbild von B. in Bezug auf freistehende Carports erstattet worden sei. Darüber hinaus sei nicht festgestellt worden, ob dem vorhandenen Bestand ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik (wenn auch nicht vollständiger Einheitlichkeit) eigen sei und dieser überhaupt schützenswert im Sinn des § 17 Abs. 1 BauG sei (Hinweis auf VwGH 22.10.2008, 2007/06/0065).

4 Die Vorarlberger Landesregierung beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

5 Die Revision ist zulässig.

6 §§ 6, 7, 17 und 28 BauG, LGBl. Nr. 52/2001 idF LGBl. Nr. 58/2023, lauten auszugsweise:

„§ 6

Mindestabstände

(1) Der Mindestabstand zur Nachbargrenze beträgt für:

a) ein Gebäude 3 m;

b) ein sonstiges Bauwerk 2 m.

(2) ...

§ 7

Abstandsnachsicht

(1) Die Behörde kann Ausnahmen von den Vorschriften des § 5 Abs. 1 bis 6 sowie des § 6 Abs. 1 bis 3 zulassen (Abstandsnachsicht), wenn die Interessen der Sicherheit, der Gesundheit sowie des Schutzes des Orts und Landschaftsbildes nicht beeinträchtigt werden und überdies

a) ...

§ 17

Schutz des Orts- und Landschaftsbildes

(1) Bauwerke und sonstige Anlagen müssen so angeordnet und hinsichtlich Größe, Form, Farbe und Baustoffen so gestaltet sein, dass sie sich in die Umgebung, in der sie optisch in Erscheinung treten, einfügen oder auf andere Art der Umgebung gerecht werden.

(2) Auf eine erhaltenswerte Charakteristik des Orts- oder Landschaftsteiles, dem das Bauwerk oder die sonstige Anlage zuzuordnen ist, sowie auf erhaltenswerte Sichtbeziehungen mit anderen Orts- oder Landschaftsteilen ist besonders Rücksicht zu nehmen. Die Charakteristik eines Ortsteiles ist jedenfalls dann erhaltenswert, wenn der Ortsteil durch kulturhistorisch oder architektonisch wertvolle Bauwerke geprägt ist.

(3) ...

§ 28

Baubewilligung

(1) Die Behörde hat über den Bauantrag ehestens zu entscheiden.

(2) Die Baubewilligung ist zu erteilen, wenn das Bauvorhaben nach Art, Lage, Umfang, Form und Verwendung den bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften entspricht und auch sonst öffentliche Interessen, besonders solche der Sicherheit, der Gesundheit, des Verkehrs, des Denkmalschutzes, der Energieeinsparung und des haushälterischen Umgangs mit Grund und Boden (§ 2 Abs. 3 lit. a Raumplanungsgesetz), nicht entgegenstehen.

(3) Die Baubewilligung ist zu versagen, wenn die im Abs. 2 für eine Bewilligung genannten Voraussetzungen nicht gegeben sind und auch durch Befristungen, Auflagen oder Bedingungen gemäß § 29 nicht erfüllt werden können.

(4) ...“

7 Der Revisionswerber bringt zusammengefasst und soweit für die gegenständliche Entscheidung relevant vor, das Gutachtens des Amtssachverständigen vom 8. Februar 2024 sei „nicht richtig, unvollständig, nicht schlüssig und die Behörde hätte erkennen müssen, dies im Zusammenhang mit der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass das Amtssachverständigengutachten nicht den Denkgesetzen der Logik entspricht und auch nicht den rechtlichen Vorgaben, die es zu beachten gilt, wenn das Ortsbild im Sinne des § 17 Abs. 1 Vlbg. BauG zu beurteilen ist.“ Der Radius von 100 m sei zur Beurteilung des Ortsbildes jedenfalls zu klein. Der gegenständliche Carport habe einen Abstand von 1 m zur Grundgrenze; innerhalb des Radius von 100 m habe das Carport der Zimmerei N. vergleichbare Abstände. Andere Carports in B. befänden sich direkt an der Grundgrenze oder wiesen einen Abstand von 30 cm auf.

Das LVwG habe entscheidungsrelevante Beweisergebnisse übergangen und sei damit von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgegangen. Bei einer Einholung eines Gutachtens „außerhalb eines Radius von 100 Meter“ wie in der mündlichen Verhandlung beantragt wäre der Amtssachverständige zum Ergebnis gelangt, dass es im Stadtgebiet von B. zahlreiche freistehende Carports gebe, die in Bezug auf Größe, Form, Farbgestaltung und Baustoffe identisch mit dem verfahrensgegenständlichen Carport seien und sich der verfahrensgegenständliche Carport auch in Bezug auf seiner Entfernung von der Grundstücksgrenze nicht von den sonstigen baurechtlich genehmigten Carports und Einhausungen abhebe.

Die „Vorinstanzen“ hätten „die räumlichen Erstreckungen der Ortsteile“ vorgeben müssen, welche das Sachverständigengutachten zu umfassen habe, indem dem Amtssachverständigen aufgetragen werde zu erheben, „ob und inwieweit sich der beantragte Carport von den übrigen Carports der Stadt B[...] nach Größe, Form, Farbe und Baustoff unterscheidet“.

Der Amtssachverständige habe selber ausgeführt, dass als einziges Bestandsgebäude die Zimmerei N. mit dem zur R. straße zugewandten Vordach als vergleichbares Bauwerk klassifiziert werden könne. Ein direkter Vergleich mit dem Bestandsgebäude der Zimmerei N. sei nach Auffassung des Amtssachverständigen nicht möglich, da es sich bei der Zimmerei um einen Betrieb handle und dieser in einem veränderten Kontext in Erscheinung trete sowie baulich andere Anforderungen mit sich bringe. Dieser Teil des schriftlichen Gutachtens sei rechtswidrig. Ob es sich um ein Betriebsgebäude handle, sei für die Beurteilung des Ortsbildes irrelevant, weil auch das Betriebsgebäude der Zimmerei N. Teil des Ortsbildes sei, über eine Baugenehmigung verfüge und daher bei der Beurteilung nach 17 Abs. 1 und 2 BauG heranzuziehen sei .

Es gebe im Stadtgebiet von B. kein einheitliches Erscheinungsbild von Carports, weder hinsichtlich der Größe, Form, Farbgestaltung und Baustoffe noch in Bezug auf die Abstände von den Grundgrenzen.

8 Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 17 Abs. 1 und 2 BauG zufolge ist das Ortsbild anhand des (konsentierten) vorhandenen Bestandes zu beurteilen, insoweit ihm ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik (wenn auch nicht vollständiger Einheitlichkeit) eigen ist, welche den (notwendigen) Maßstab dafür bildet, ob ein Bauvorhaben dieses Ortsbild erheblich beeinträchtigt. Wenn voneinander abgrenzbare, je eine verschiedene Charakteristik aufweisende Ortsteilbilder festgestellt werden können, muss das Bauvorhaben an dem jeweiligen Ortsteilbild gemessen werden, dem es zuzuordnen ist. Maßgebliche Voraussetzung für eine Beurteilung gemäß § 17 Abs. 1 und 2 BauG ist einerseits der konsensgemäße Bestand jener Umgebung, in der eine bauliche Anlage in Erscheinung tritt, bzw. der konsensgemäße Bestand jenes Ortsteiles, dem die bauliche Anlage zuzuordnen ist, unter Umständen auch der konsensgemäße Bestand eines anderen Ortsteiles, von dem aus oder zu dem es erhaltenswerte Sichtbeziehungen gibt; es ist daher zunächst im Befund eines derartigen Gutachtens die Umgebung bzw. der Ortsteil, der im Sinn dieser Bestimmung maßgeblich ist, genau zu umschreiben (vgl. etwa VwGH 3.10.2022, Ra 2022/06/0097 0098, Rn. 8).

Der Verwaltungsgerichtshof hielt auch bereits fest, dass die Frage des Ortsbildbegriffes eine Rechtsfrage ist, die genaue Umschreibung der Umgebung bzw. des Ortsteiles, der im Sinn des § 17 Abs. 1 und 2 BauG maßgeblich ist, jedoch im Befund eines dazu einzuholenden Sachverständigengutachtens zu erfolgen hat (vgl. nochmals VwGH 3.10.2022, Ra 2022/06/0097, Rn. 10, mwN). Nur der Sachverständige ist auf Grund seines Fachwissens in der Lage, objektive Beurteilungsmaßstäbe heranzuziehen. Aufgabe der entscheidenden Behörde ist es, das Gutachten auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen (vgl. VwGH 27.11.2007, 2004/06/0038, mwN). Ein solches Gutachten setzt für seine Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit voraus, dass der Sachverständige in seinem Befund das relevante Ortsbild nach sachlichen Gesichtspunkten nachvollziehbar abgrenzt (vgl. VwGH 17.8.2010, 2008/06/0093, mwN). Einwendungen gegen die Schlüssigkeit eines Gutachtens [...] haben ebenso wie Einwendungen gegen die Vollständigkeit des Gutachtens auch dann Gewicht, wenn sie nicht auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelt sind, also insbesondere auch ohne Gegengutachten erhoben werden (vgl. VwGH 10.1.2023, 2021/06/0091 bis 0097, Rn. 18, mwN).

9 Soweit der Revisionswerber vorbringt, die „Vorinstanzen“ hätten dem Amtssachverständigen die maßgeblichen rechtlichen Vorgaben betreffend die räumliche Erstreckung des Ortsbildes vorgeben müssen, wird auf die oben angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach es Aufgabe des Amtssachverständigen ist, aufgrund objektiver Beurteilungsmaßstäbe die maßgebliche Umgebung festzustellen und zu beschreiben.

10 Es trifft jedoch zu, dass sich das LVwG in seiner Entscheidung auf ein mangelhaftes Gutachten stützt und dieses somit nicht den Anforderungen des § 29 iVm § 17 VwGVG entspricht (vgl. zu den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Begründung einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts aus der ständigen Rechtsprechung beispielsweise VwGH 24.10.2017, Ra 2016/06/0012, Rn. 23, mwN).

Dem Gutachten des Amtssachverständigen ist nämlich eine entsprechende Begründung dafür, auf Basis welcher objektiven Beurteilungsmaßstäbe im Sinn der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Untersuchungsbereich mit einem Radius von 100 m festgelegt wurde, nicht zu entnehmen; das LVwG traf auch keine Feststellungen, dass in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich eine Begründung durch die Amtssachverständigen ergänzt worden wäre. Wenn das LVwG (in Punkt. 4.3. des angefochtenen Erkenntnisses) ausführt, der Amtssachverständige habe entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers die „maßgebliche Umgebung plausibel dargelegt“, ist dies insofern nicht nachvollziehbar, als nicht begründet wurde, aufgrund welcher Beurteilungsmaßstäbe im vorliegenden Fall der angenommene Radius von 100 m als „maßgebliche Umgebung“ anzusehen ist. Die vom LVwG in das angefochtene Erkenntnis übernommenen Ausführungen des Amtssachverständigen, „dass der Bereich, in dem das gegenständliche Bauvorhaben verwirklicht werden soll, aus städtebaulicher Sicht zum Stadtteil U[...] und aus räumlicher Sicht zum Stadtteil R[...] zählt“ und der Amtssachverständige „eine detaillierte Befundaufnahme inkl Fotodokumentation von jener Umgebung, in dem der Carport in Erscheinung tritt“ vorgenommen habe, stellen keine fachliche Begründung für die Abgrenzung des maßgeblichen Untersuchungsbereiches dar.

Das Bestandsgebäude der Zimmerei N. wurde vom Amtssachverständigen in seinem Gutachten als „vergleichbares Bauwerk“ innerhalb des 100 m Radius beurteilt, dessen Abstand zur Grundgrenze wurde jedoch nicht festgestellt. Das LVwG übernahm diese Aussage sowie die Beurteilung des Amtssachverständigen, dass „die Anordnung des Carports in der Umgebung, in der es optisch in Erscheinung tritt, keine gleichwertige Anordnung findet, welche auf eine ortsübliche bauliche Lösung schließen lassen würde“, ohne jedoch zu begründen, weshalb das Bestandsgebäude der Zimmerei N. obwohl es ein „vergleichbares Bauwerk“ ist bei der Beurteilung der Umgebung, in der das verfahrensgegenständliche Carport in Erscheinung tritt, außer Betracht bleibt. Die Begründung des Amtssachverständigen in seinem Gutachten („Ein direkter Vergleich mit dem Bestandsgebäude der Zimmerei N[...] ist jedoch nicht möglich, da es sich bei der Zimmerei um einen Betrieb handelt und somit in einem veränderten Kontext in Erscheinung tritt sowie baulich andere Anforderungen mit sich bringt.“) ist schon deshalb nicht relevant, weil das bloße Anführen von Beweisergebnissen wie vorliegend das Gutachten des Amtssachverständigen nicht hinreichend ist, um den Anforderungen an die Begründungspflicht gemäß § 29 iVm § 17 VwGVG gerecht zu werden (vgl. nochmals VwGH 24.10.2017, Ra 2016/06/0012, Rn. 23, mwN). Auch in diesem Punkt erweist sich das angefochtene Erkenntnis als nicht nachvollziehbar.

11 Darüber hinaus stellte das LVwG fest, „die unmittelbare Umgebung des Carports ist durch sehr heterogene Strukturen geprägt. Neben großvolumigen Baukörper (zB Zimmerei N[...], R[...]straße), den Mehrparteienhäuser in der R[...] und U[...]straße, finden sich auch kleinteilige Strukturen in Form von Einfamilienhausbebauungen.“ (Fehler im Original). Daraus ergibt sich nicht, ob hinsichtlich des Bestandes zumindest ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik (wenn auch nicht vollständiger Einheitlichkeit) vorhanden ist, welche den (notwendigen) Maßstab dafür bildet, ob ein Bauvorhaben dieses Ortsbild erheblich beeinträchtigt (vgl. nochmals VwGH 3.10.2022, Ra 2022/06/0097, Rn. 8).

12 Infolge seiner mangelhaften Begründung vermag das angefochtene Erkenntnis die Beurteilung, das verfahrensgegenständliche Carport beeinträchtige das Orts- und Landschaftsbild wesentlich, nicht zu tragen. Es war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b VwGG aufzuheben.

13 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die geltend gemachte Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen nach dieser Verordnung bereits enthalten ist (vgl. etwa VwGH 13.6.2024, Ro 2024/01/0004, Rn. 15, mwN).

Wien, am 15. Oktober 2024

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