JudikaturVwGH

Ra 2024/03/0097 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
02. Oktober 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofräte Dr. Himberger und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Mag. Dr. K B in I, vertreten durch Dr. Anton Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2 4/23, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. April 2024, Zl. W170 2281776 1/8E, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem Sachverständigen und Dolmetschergesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident des Landesgerichtes Innsbruck), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht eine Säumnisbeschwerde des Revisionswerbers betreffend seinen Antrag vom 15. September 2021 auf Rezertifizierung nach § 6 Sachverständigen und Dolmetschergesetz als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass eine Revision gegen diesen Beschluss nicht zulässig sei.

2 Begründend stützt es sich darauf, dass die belangte Behörde den Antrag des Revisionswerbers nach Vorlage der Säumnisbeschwerde mit Bescheid vom 23. Februar 2024 erledigt habe. Es liege daher unbeschadet einer allfälligen Rechtswidrigkeit des Bescheides mangels Zuständigkeit der Behörde keine Säumnis der Behörde mehr vor, sodass die Säumnisbeschwerde mangels Rechtschutzinteresses zurückzuweisen sei. Weiters führte das Verwaltungsgericht aus, dass gemäß § 16 Abs. 1 letzter Satz VwGVG das Säumnisbeschwerdeverfahren, wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, einzustellen sei, wobei diese Verfahrenseinstellung von der belangten Behörde noch vorzunehmen sei.

3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (konkret VwGH 15.2.2024, Ra 2023/14/0349) abgewichen, weil es keine Rechtsanschauung zu maßgeblichen Rechtsfragen dargelegt, sondern ohne die im konkreten Fall zu lösenden Rechtsfragen zu entscheiden der Verwaltungsbehörde die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens aufgetragen habe.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision außerhalb der gesonderten Zulässigkeitsbegründung anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 24.2.2022, Ra 2022/03/0040, mwN).

8 Die von der Revision vorgebrachte Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt nicht vor: Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Februar 2024, Ra 2023/14/0349, und die dort zitierte Vorjudikatur behandelten die Wahlmöglichkeit des Verwaltungsgerichts nach § 28 Abs. 7 VwGVG, im Falle einer zulässigen Säumnisbeschwerde anstelle der Entscheidung in der Sache selbst sich zunächst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen zu beschränken und das Verfahren an die Behörde mit dem Auftrag zurückzuverweisen, den ausstehenden Bescheid unter Bindung an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes innerhalb einer Frist von maximal acht Wochen nachzuholen. Eine maßgebliche Voraussetzung für eine solche Entscheidung sei, dass das Verwaltungsgericht darin über einzelne maßgebliche Rechtsfragen der Angelegenheit entscheidet. Ein zurückverweisendes Erkenntnis nach § 28 Abs. 7 VwGVG, in dem der Behörde nicht eine Entscheidung in den einzelnen (und daher fallbezogen) maßgeblichen Rechtsfragen vorgegeben werde, sei inhaltlich rechtswidrig.

9 Im vorliegenden Fall ist das Verwaltungsgericht jedoch zum Ergebnis gekommen, dass die Säumnisbeschwerde mangels Säumnis der belangten Behörde nicht (mehr) zulässig und daher zurückzuweisen sei (vgl. zu den Fällen, in denen eine Säumnisbeschwerde zurückzuweisen sein kann, VwGH 31.1.2024, Ko 2023/03/0004, Rn 22). Ein Fall des § 28 Abs. 7 VwGVG liegt damit gerade nicht vor.

10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 2. Oktober 2024

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