Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und den Hofrat Dr. Faber als Richter sowie die Hofrätin Dr. in Sabetzer als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des G S, vertreten durch die Gruböck Lentschig Rechtsanwälte OG in Baden, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 7. Mai 2024, Zl. LVwG AV 2447/001 2023, betreffend Vorpachtrecht nach dem NÖ Jagdgesetz 1974 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Tulln), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, einen Bescheid der belangten Behörde vom 11. August 2023 bestätigend, den Antrag des Revisionswerbers auf Vorpacht näher bestimmter Liegenschaften nach dem NÖ Jagdgesetz 1974 (NÖ JG) ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
2 Das Verwaltungsgericht stellte fest, mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. November 2021 sei das zuletzt mit Jagdgebietsfeststellungsbescheid vom 12. Dezember 2019 definierte Eigenjagdgebiet der Stadtgemeinde T samt Vorpachtrechten und Abrundungen dahingehend geändert und festgestellt worden, dass es (u.a.) um die Grundstücke Nr. 1449/3 und Nr. 1449/4 alle hier genannten Grundstücke sind solche der KG L O bzw. KG L U reduziert worden sei. Gleichzeitig seien die Genossenschaftsjagdgebiete L und T mit ihrer jeweiligen ziffernmäßigen Gesamtfläche, unter Berücksichtigung von Vorpachtrechten und Abrundungen, festgestellt worden.
3 Mit Antrag vom 20. Oktober 2022 habe der Revisionswerber die Anerkennung der Befugnis zur Eigenjagd und die Zuerkennung des Vorpachtrechtes am Grundstück Nr. 1484 beantragt.
4 Das im Eigentum der Stadtgemeinde T stehende Grundstück Nr. 1449/3 sei im Herbst 2022 geteilt worden. Dabei sei in dessen östlichen Bereich das Grundstück Nr. 1449/5 abgespalten bzw. neu geschaffen worden.
5 Mit Antrag vom 21. Dezember 2022 habe die Stadtgemeinde T die Anerkennung der Befugnis zur Eigenjagd für das Grundstück Nr. 1449/3 (neu) im nunmehr verminderten Ausmaß und die Zuteilung zur Eigenjagd der Stadtgemeinde T beantragt. Für das neu geschaffene Grundstück Nr. 1449/5 sei hingegen kein Antrag auf Anerkennung der Befugnis zur Eigenjagd eingebracht worden, weswegen das Grundstück als Teil des Genossenschaftsjagdgebietes L verblieben sei.
6 Durch das Grundstück Nr. 1449/5 sei eine Verbindung vom Grundstück Nr. 1484 zum restlichen Genossenschaftsjagdgebiet L hergestellt worden.
7 Schließlich sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. August 2023 das Eigenjagdgebiet der Stadtgemeinde T um die Eigengrundfläche des Grundstückes Nr. 1449/3 (neu) in näher genanntem Ausmaß erweitert worden. Mit Bescheid der belangten Behörde vom selben Tag sei der Antrag des Revisionswerbers auf Erweiterung der bestehenden Eigenjagd um die Vorpachtfläche des Grundstückes Nr. 1484 abgewiesen worden.
8 Das Grundstück Nr. 1484 stehe in Eigentümergemeinschaft von 25 Personen („G U“).
9 Die Fläche, die im Wesentlichen dem neu geschaffenen Grundstück Nr. 1449/5 entspreche, sei bereits seit dem Jahr 2011 von der Jagdgenossenschaft L bejagt worden. Grundlage dafür sei eine Vereinbarung der Jagdgesellschaft Eigenjagd T und der Jagdgesellschaft L gemäß § 15 Abs. 1 NÖ JG gewesen.
10 Die Teilung des Grundstückes Nr. 1449/3 sei von der Stadtgemeinde T veranlasst worden, um den in der Vergangenheit durch eine Vereinbarung nach § 15 Abs. 1 NÖ JG hervorgerufenen Zustand rechtlich zu vereinfachen und eine Zugehörigkeit des Grundstückes Nr. 1484 zum Genossenschaftsjagdgebiet L zu ermöglichen.
11 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, die Befugnis zur Eigenjagd für das Grundstück Nr. 1484 komme, da es nicht im Eigentum des Revisionswerbers stehe, der agrarischen Eigentümergemeinschaft zu. § 14 NÖ JG ermögliche ein Vorpachtrecht an Flächen, die nicht im Eigentum des Berechtigten stünden. Werde ein solches Vorpachtrecht von mehreren Eigenjagdberechtigten beansprucht, stehe es zunächst jenem Jagdberechtigten zu, dessen Jagdgebiet in längster Ausdehnung angrenze.
12 Die Einbeziehung einer Liegenschaft in ein Eigenjagdgebiet erfordere neben dem Eigentum daran auch einen entsprechenden Antrag des Eigentümers (Hinweis auf VwGH 21.9.1994, 94/03/0079). Es liege in dessen freier Entscheidung, ob und allenfalls für welche Teile seines Grundeigentums er die Feststellung seines Rechts zur Eigenjagd begehre. Es stehe daher der Stadtgemeinde T als Grundeigentümerin der Liegenschaften Nr. 1449/3 und Nr. 1449/4 zu, zunächst auf die Einbeziehung dieser beiden Grundstücke, später auf die Einbeziehung des abgespaltenen Teils in Gestalt der Liegenschaft Nr. 1449/5 in ihr Eigenjagdgebiet zu verzichten.
13 Mit dem Verzicht auf die Einbeziehung des Grundstückes Nr. 1449/5 in das Eigenjagdgebiet der Stadtgemeinde T sei dieses dem Genossenschaftsjagdgebiet L zugefallen. Folglich schließe das Grundstück Nr. 1484 nicht mehr ausschließlich an Eigenjagdgebiete an, weswegen die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Vorpachtrecht nicht vorlägen.
14 Dass die Trennung des gegenständlichen Grundstückes (gemeint: Nr. 1449/3) durch die Stadtgemeinde T rechtsmissbräuchlich erfolgt wäre und daher dieser Rechtsakt mit Nichtigkeit behaftet sei, habe das Verfahren nicht aufgezeigt. Die Gründe für die Teilung seien von der Stadtgemeinde T nachvollziehbar dargelegt worden. Das NÖ JG sehe nicht vor, dass ein Eigenjagdberechtigter generellen Anspruch auf das Jagdrecht an Fremdgrundflächen geltend machen könne. Dies sei eben nur unter den Voraussetzungen des § 15 (gemeint wohl: § 14) NÖ JG möglich, die im gegenständlichen Fall nicht vorlägen.
15 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete im Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung.
16 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
17Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
18Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
19 In der demnach für die Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung wird im Wesentlichen geltend gemacht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der rechtsmissbräuchlichen Beantragung von Jagdgebietsfeststellungen „zur Verleidung des Vorpachtrechts eines anderen“. Zur „Ausschaltung“ des Vorpachtrechtes des Revisionswerbers sei eine Konstruktion gewählt worden, nach der zunächst eine Reduktion einer Eigenjagdfläche beantragt, dann eine Teilung eines betroffenen Grundstückes herbeigeführt und schließlich beantragt worden sei, einen der nach Teilung verbliebenen Teile wieder der Eigenjagd zuzuschlagen. Diese Konstruktion sei „klar rechtsmissbräuchlich“. Rechtsmissbrauch sei die nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilende zweckwidrige Inanspruchnahme einer eigentlich zustehenden Rechtsposition. Auch wer über ein einklagbares Recht verfüge, dürfe dieses nicht missbräuchlich ausüben, wenn lediglich der Zweck verfolgt werde, einem anderen Schaden zuzufügen. Das hinter den „verfahrensgegenständlichen Anträgen“ stehende „wahre Motiv“ seien „offenkundig“ die bescheidmäßigen Feststellungen, die zum „Erlöschen“ des Vorpachtrechtes des Revisionswerbers geführt hätten. Diese Feststellungen seien daher „unbeachtlich“. Sodann führt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung näher aus, woraus sich die Rechtsmissbräuchlichkeit ergebe.
20 Schließlich macht die Revision zu ihrer Zulässigkeit Verfahrensfehler geltend, weil das Verwaltungsgericht einem Antrag des Revisionswerbers auf Beischaffung von Behördenakten zum Beweis dafür nicht nachgekommen sei, dass „die gegenständlichen Anträge“ erst nach Vorliegen eines Gutachtens aus dem Jahr 2021, in dem auf das Vorpachtrecht des Revisionswerbers hingewiesen worden sei, gestellt wurden. Auch habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht eine schriftliche Stellungnahme der Stadtgemeinde T zum Zweck der Teilung der Liegenschaft Nr. 1449/3 ihren Feststellungen zu Grunde gelegt und damit auch gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz verstoßen. Diese Verfahrensfehler seien für den Beweis einer rechtsmissbräuchlichen Vorgangsweise relevant.
21 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B VG nicht dargelegt:
22 Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist ausschließlich die Abweisung des Antrages des Revisionswerbers auf ein Vorpachtrecht am Grundstück Nr. 1484, weil dieses Grundstück nicht dem ganzen Umfang nach von Eigenjagdgebieten umschlossen sei (vgl. zu diesem Erfordernis VwGH 21.9.1994, 94/03/0079). Die Revision behauptet nun gar nicht, dass das Verwaltungsgericht die gesetzlichen Voraussetzungen des § 14 NÖ JG falsch beurteilt hätte. Sie wendet sich vielmehr gegen die Rechtmäßigkeit verschiedener anderer, hier nicht revisionsgegenständlicher Jagdgebietsfeststellungen mit dem Argument, diese beruhten auf rechtsmissbräuchlichen Antragstellungen, weswegen sie „unbeachtlich“ seien. Die Revision kann aber keine gesetzliche Bestimmung nennen, aus der sich diese, vom Revisionswerber behauptete „Unbeachtlichkeit“ von Jagdgebietsfeststellungen im Rahmen der hier allein revisionsgegenständlichen Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 14 NÖ JG ergeben sollte. Sie nennt in diesem Zusammenhang auch keine konkrete Rechtsfrage, von deren Beantwortung die Entscheidung über die Revision abhinge. Es kann daher auch dahinstehen, ob der behauptete Rechtsmissbrauch überhaupt vorliegt.
23 Angesichts dessen gehen auch die von der Revision zu ihrer Zulässigkeit geltend gemachten Verfahrensfehler (Nichtbeischaffung von Behördenakten; unzutreffende Beweiswürdigung und Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz), deren Relevanz in der Darlegung der Rechtsmissbräuchlichkeit liegen soll, ins Leere.
24 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
25Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf § 47 Abs. 2 Z 2, § 48 Abs. 2 Z 1 und § 51 VwGG in Verbindung mit § 1 Z 2 lit. a VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 18. September 2025