JudikaturVwGH

Ra 2023/16/0075 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
17. Dezember 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Funk Leisch und den Hofrat Mag. M. Mayr, LL.M., als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision des O K in W, vertreten durch Mag. Nikolaus Reisner, Rechtsanwalt in 1120 Wien, Schönbrunner Schloßstraße 46/19, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom 13. April 2023, RV/7300041/2022, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde in einer Angelegenheit des Finanzstrafgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Erkenntnis vom 21. Juni 2022 erkannte der Spruchsenat beim Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde den Revisionswerber für schuldig, er habe als Einzelunternehmer jeweils in einem näher genannten Zeitraum und in näher genannter Höhe vorsätzlich eine Verkürzung von Umsatzsteuer bewirkt sowie selbst zu berechnende Abgaben nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit gemeldet oder entrichtet und eine abgabenoder monopolrechtliche Pflicht zur Führung oder Aufbewahrung von Büchern oder sonstigen Aufzeichnungen verletzt, hierdurch das Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a Finanzstrafgesetz (FinStrG) sowie die Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG und § 51 Abs. 1 lit. c FinStrG begangen und verhängte über den Revisionswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 12.000 € samt Ersatzfreiheitsstrafe und erkannte ihn schuldig, einen Beitrag zu den Kosten des Finanzstrafverfahrens zu leisten.

2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesfinanzgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Beschluss zurück und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig. Der Spruch des angefochtenen Beschlusses „in der Finanzstrafsache des [Revisionswerbers]“ lautet: „Die Beschwerde wird als unzulässig durch [M G] eingebracht zurückgewiesen“.

3 Begründend führte das Bundesfinanzgericht soweit für das Revisionsverfahren relevant aus, mit Postaufgabe vom 2. September 2022 sei eine mit 31. August 2022 datierte Beschwerde beim Amt für Betrugsbekämpfung eingebracht worden, die den Namen des Revisionswerbers als Unterfertiger genannt, und eine unleserliche Handschrift als Unterschrift gezeigt habe. In weiterer Folge sei eine Ergänzung der Beschwerde durch einen Rechtsanwalt eingebracht worden. Weder der vertretende Rechtsanwalt noch die erkennende Richterin des Bundesfinanzgerichts hätten zunächst in Zweifel gezogen, dass die Beschwerde durch den Beschuldigten persönlich verfasst worden sei. Der Beschuldigte habe jedoch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht am 7. März 2023 ausgesagt, dass die Unterschrift auf der Beschwerde nicht von ihm stamme.

4 Die Anfrage des Bundesfinanzgerichts vom 8. März 2023 an M G, ob M G zur Vertretung in Finanzstrafsachen als Verteidiger berechtigt sei und die Beschwerde im Auftrag und unrichtig mit dem Namen des Revisionswerbers unterfertigt habe, sei nicht beantwortet worden. Demnach sei der Aussage des Revisionswerbers, auf der Beschwerde befände sich nicht seine Unterschrift, nicht entgegengetreten worden und es ergebe sich aus der Beschwerde, dass sie von der G Consulting eingereicht worden sei, ohne dass dazu eine rechtliche Berechtigung bestanden habe. Die Beschwerde sei somit mangels zulässiger Erhebung durch eine dazu berechtigte Person als unzulässig eingebracht zurückzuweisen.

5 Das Bundesfinanzgericht verfügte die Zustellung des angefochtenen Beschlusses an das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde, an die Amtsbeauftragte und an M G „als beschwerdeführende Partei“.

6 Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Revisionswerbers, die das Bundesfinanzgericht dem Verwaltungsgerichtshof vorlegte. Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein; die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung in der sie die Zurück- und in eventu die Abweisung der Revision beantragte.

7 Nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B VG kann gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben, wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

8 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das Bundesfinanzgericht hätte aufgrund der Aussage des Revisionswerbers, dass die Unterschrift auf der Beschwerde nicht seine Unterschrift gewesen sei, ein Verbesserungsverfahren einleiten und an den Revisionswerber und nicht an M G eine Anfrage stellen müssen. Der Revisionswerber habe die Beschwerde zudem über seinen eigenen Finanz Onlinezugang am 2. September 2022 eingebracht, weshalb die Beschwerde dem Revisionswerber zuzurechnen sei. Hinzu komme, dass das Bundesfinanzgericht sich ohne Begründung über einen Beweisantrag, nämlich die Einvernahme von M G, hinweggesetzt und zu Lasten des Revisionswerbers geschlussfolgert habe, dass keine Beauftragung oder Bevollmächtigung der G Consulting vorgelegen habe.

9 Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Bundesfinanzgericht die im Namen des Revisionswerbers aufgesetzte Beschwerde als von M G erhoben angesehen und als unzulässig zurückgewiesen. Das Bundesfinanzgericht ging dabei davon aus, dass die Beschwerde nicht dem Revisionswerber zuzurechnen sei. Dies ergibt sich aus der Formulierung des Spruchs, der Begründung und der Zustellung des Beschlusses an M G und nicht an den Revisionswerber durch das Bundesfinanzgericht. Dass der Beschluss laut seinem Kopf „in der Finanzstrafsache“ des Revisionswerbers erging, schadet dabei nicht. Das Bundesfinanzgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss somit nicht über eine vom Revisionswerber erhobene Beschwerde, sondern über eine Beschwerde des M G abgesprochen.

10Beschuldigte können sich nach § 77 Abs. 1 FinStrG nur durch Verteidiger vertreten lassen. Ein Einspruch, der nicht vom Beschuldigten, auf den sich die Strafverfügung bezieht, sondern von einer anderen nicht zum Kreise der Verteidiger gehörenden Person, sei es auch in Vertretung von der Ehegattin, eingebracht wird, leidet nicht an einem Formmangel, sondern ist inhaltlich verfehlt und kein wirksamer „Einspruch“ iSd FinStrG (vgl. VwGH 26.1.1989, 88/16/0201). Bei der Einbringung einer Beschwerde durch eine nicht zur Einbringung legitimierte Person ist ein Mängelbehebungsauftrag nicht zu erlassen (vgl. Ritz/Koran, BAO 7 § 85 Rz 15, mwN).

11 Da der Revisionswerber nicht Adressat des angefochtenen Beschlusses war und ihm dieser nicht rechtswirksam zugestellt wurde, konnte der Beschluss gegenüber dem Revisionswerber auch keine Rechtswirkungen entfalten (vgl. etwa VwGH 23.10.2008, 2007/16/0032, mwN).

12Der Revisionswerber ist daher zur Erhebung einer Revision gegen den angefochtenen Beschluss nicht berechtigt. Die Revision war schon aus diesem Grund gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 17. Dezember 2024