Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätinnen Mag. a Nussbaumer Hinterauer und Dr. Holzinger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die Revision der M R in W, vertreten durch Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in 1050 Wien, Schönbrunner Straße 42/6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 11. November 2022, VGW 171/092/13337/2022 2, betreffend Nebengebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die Revisionswerberin steht als Bedienstete der Verwendungsgruppe B in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Über Antrag der Revisionswerberin wurde ihre Arbeitszeit im Zeitraum 1. August 2019 bis 31. Jänner 2024 gemäß § 27 Abs. 1 Dienstordnung 1994 (DO 1994) auf ein Ausmaß von 36 Wochenstunden herabgesetzt und beträgt somit 90 % der Normalarbeitszeit. Seit 1. März 2021 wird die Revisionswerberin als Psychotherapeutin eingesetzt.
2 Die Revisionswerberin erhält seit 1. März 2021 eine Zulage gemäß Punkt 34.) der Beilage E II/IV/WIGEV des Beschlusses des Stadtsenates vom 16. März 2021, 178978 2021 GGK, in der Fassung der Beschlüsse des Stadtsenates vom 15. Juni 2021, 620161 2021 GGK, und vom 12. Oktober 2021, 1129167 2021 GGK (Nebengebührenkatalog 2021), sowie vom 22. März 2022, 569503 2022 GGK (Nebengebührenkatalog 2022), in der Höhe von rund 64,8% des für vollbeschäftigte Bedienstete festgesetzten Betrages. Dabei wird das in dieser „Psychotherapeutinnenzulage“ enthaltene Überstundenentgelt in Höhe von 28% zur Gänze herausgerechnet und der Restbetrag der Revisionswerberin aliquotiert entsprechend dem Ausmaß ihrer Arbeitszeit (90%) ausbezahlt.
3 Mit Schreiben vom 8. Februar 2022 beantragte die Revisionswerberin die Feststellung der Gebührlichkeit der „Psychotherapeutinnenzulage“ im Ausmaß von 90% des Vollbezugs. Die erfolgte Kürzung durch gänzliche Streichung des Überstundenanteils sei unzulässig.
4 Mit Bescheid vom 2. August 2022 wies die belangte Behörde den Antrag der Revisionswerberin ab und stellte fest, dass ihr die „Psychotherapeutinnenzulage“ seit 1. März 2021 für die Dauer ihrer Verwendung als Psychotherapeutin unter Abzug des Anteils von 28% Überstundenentgelt im Ausmaß von 90% gebühre.
Begründend verwies die belangte Behörde darauf, dass die Arbeitszeit der Revisionswerberin im relevanten Zeitraum auf ein Ausmaß von 36 Wochenstunden herabgesetzt sei und daher 90% der Normalarbeitszeit betrage.
Nach Art. I Abs. 1 Nebengebührenkatalog 2021 und 2022 seien Mehrdienstleistungen teilzeitbeschäftigter Bediensteter, durch welche die Normalarbeitszeit für vollbeschäftigte Bedienstete überschritten werde, durch die in Beilage K zum jeweiligen Nebengebührenkatalog vorgesehenen Mehrdienstleistungsvergütungen abzugelten. Werde die Normalarbeitszeit für vollbeschäftigte Bedienstete nicht überschritten, seien Mehrdienstleistungen bei einer Abgeltung nach besoldungsrechtlichen Vorschriften zusätzlich mit einem Zuschlag im Ausmaß von 25% der gemäß Beilage K vorgesehenen Normalstundensätze zu vergüten; bei einem Ausgleich im Verhältnis 1:1 in Freizeit und zusätzlicher Abgeltung nach den besoldungsrechtlichen Vorschriften gebührten Zuschläge im Ausmaß von 25% der Normalstundensätze der Beilage K. Es sei vorgesehen, dass alle übrigen Nebengebühren teilzeitbeschäftigten Bediensteten in dem ihrer Arbeitszeit entsprechenden Ausmaß zustünden.
Eine Überstundenpauschale sei bei teilzeitbeschäftigten Bediensteten generell ausgeschlossen, da diese gemäß § 27 Abs. 7 DO 1994 nur im Einzelfall zu Mehrdienstleistungen herangezogen werden dürften.
5 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin wies das Verwaltungsgericht Wien mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Das Verwaltungsgericht Wien erklärte die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
6 Begründend verwies das Verwaltungsgericht darauf, dass nach Art. I Z 2 Nebengebührenkatalog 2021 und 2022 Mehrdienstleistungen teilzeitbeschäftigter Bediensteter unterschiedlich abgegolten würden, je nachdem, ob die Normalarbeitszeit für vollbeschäftigte Bedienstete überschritten sei oder nicht. Teilzeitbeschäftigten Bediensteten stünde keine Mehrdienstleistungsvergütung im Verhältnis zur verrichteten Arbeitszeit zu.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.
8 Zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision verweist die Revisionswerberin auf das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung der einschlägigen Bestimmungen der DO 1994 sowie der Nebengebührenkataloge. Weiters behauptet die Revisionswerberin einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot von Teilzeitarbeitnehmerinnen gemäß der Teilzeitarbeitsrichtlinie sowie eine Verletzung des sich aus dem Gleichheitssatz ergebenden Sachlichkeitsgebots.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 § 33 Besoldungsordnung 1994 (BO 1994), LGBl. Nr. 55/1994 idF LGBl. Nr. 33/2017, lautet:
„ Nebengebühren
§ 33. (1) Neben den Monatsbezügen (§ 3) und den Naturalbezügen (§ 12) können dem Beamten Nebengebühren und einmalige Belohnungen (§ 39) gewährt werden.
(2) Nebengebühren sind:
1. Gebühren aus Anlaß von Dienstverrichtungen außerhalb der Dienststelle, Dienstzuteilungen und Versetzungen (§ 34);
2. Entschädigungen für einen sonstigen in Ausübung des Dienstes erwachsenden Mehraufwand (Aufwandentschädigung) (§ 35);
3. Mehrdienstleistungsvergütungen (§ 36);
4. Sonderzulagen (§ 37);
5. Leistungszulagen (§ 37a).
(3) Die Nebengebühren und die einmaligen Belohnungen gemäß § 39 Abs. 2 werden vom Stadtsenat festgesetzt.“
13 § 36 Besoldungsordnung 1994 (BO 1994), LGBl. Nr. 55/1994, lautet:
„ § 36.
Mehrdienstleistungsvergütungen können für Leistungen gewährt werden, die über das vorgeschriebene Ausmaß der Arbeitszeit hinausgehen. Bei Festsetzung der Mehrdienstleistungsvergütung ist auch die Festsetzung einer monatlichen Pauschalvergütung unter Bedachtnahme auf den Durchschnitt der Mehrdienstleistungen zulässig.“
14 Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung zu § 15 Abs. 2 Gehaltsgesetz 1956 (GehG 1956) davon aus, dass dem Beamten kein subjektives Recht auf die Pauschalierung von Nebengebühren eingeräumt ist. Die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Pauschalierung stellt vielmehr eine Berechnungsart dar, die der Verwaltungsvereinfachung dient. Der Beamte hat in diesem Zusammenhang aber keinen Anspruch darauf, dass eine einmal vorgenommene Pauschalierung beibehalten wird. Vielmehr bleibt es der Dienstbehörde unbenommen, von der Pauschalierung auf deren Einzelverrechnung überzugehen. Unabhängig von einer Änderung des Aufgabenbereichs des Beamten verletzt auch eine geringere Bemessung pauschalierter Nebengebühren bis auf null diesen in keinem subjektiven Recht auf (Pauschal-)Verrechnung von Nebengebühren, weil es dem Beamten in jedem Fall unbenommen bleibt, sein Begehren auf Nebengebühren im Wege der Einzelverrechnung zu stellen (vgl. etwa VwGH 4.12.2019, Ra 2019/12/0068, Rn. 12, mwN).
15 Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung, die auch auf die im vorliegenden Revisionsfall anzuwendende Bestimmung des § 36 BO 1994 zu übertragen ist, erweist sich die von der Revisionswerberin aufgeworfene Rechtsfrage mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit durch die angefochtene Entscheidung als nicht entscheidungswesentlich. Es bleibt der Revisionswerberin unbenommen, ihr Begehren auf Nebengebühren im Wege der Einzelverrechnung zustellen (vgl. VwGH 2.7.2018, Ra 2018/12/0028, 5.9.2018, Ra 2018/12/0027, jeweils mwN).
16 Für die Revisionswerberin ist deshalb auch aus dem Verweis auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Juni 2022, G 379/2021 9, nichts zu gewinnen. Diese Entscheidung hatte eine Regelung zum Gegenstand, der zufolge tatsächlich erbrachte Mehrdienstleistungen je nachdem, ob sie von einem Teilzeitbeschäftigten oder einem Vollzeitbeschäftigten erbracht wurden, unterschiedlich abgegolten wurden. Gerade die Abgeltung von tatsächlich erbrachten Mehrdienstleistungen ist vorliegend jedoch nicht verfahrensgegenständlich. Der vom Verwaltungsgericht Wien im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellung, wonach die Revisionswerberin ihre dienstlichen Aufgaben in der Regelarbeitszeit erbringt, ist die Revision nicht entgegengetreten. Im Übrigen könnte auch eine allfällige Gesetz- oder Verfassungswidrigkeit der vom Verwaltungsgericht angewendeten Bestimmungen für sich betrachtet die Zulässigkeit der Revision nicht begründen (vgl. VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0121, mwN).
17 Soweit die Revisionswerberin schließlich ganz pauschal und unsubstantiiert einen Verstoß gegen die Teilzeitarbeitsrichtlinie 97/81/EG geltend macht, ist sie darauf zu verweisen, dass es nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist, die abstrakte Vereinbarkeit einer innerstaatlichen Rechtsnorm mit Bestimmungen des Unionsrechts zu prüfen, ohne dass bereits in der Zulässigkeitsbegründung der Revision eine konkrete Auslegungsfrage des Unionsrechts aufgezeigt wird (vgl. VwGH 21.3.2017, Ra 2017/12/0014, 0016 und 0018).
18 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 26. April 2023