Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm und die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Kronegger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Janitsch, über die Revision des R M in B, vertreten durch Mag. Alexander Razka, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Salesianergasse 25/1/1/5, gegen das am 14. Oktober 2022 verkündete und mit 25. August 2023 ausfertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien, Zl. VGW 131/054/10371/2020 60, betreffend Entziehung der Fahrschullehrerberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht durch Bestätigung eines entsprechenden Bescheids der belangten Behördedem Revisionswerber gemäß § 116 Abs. 5 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) die Fahrschullehrerberechtigung entzogen; die ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.
2 Dem legte das Verwaltungsgericht nach Durchführung von sechs mündlichen Beschwerdeverhandlungen im Wesentlichen Folgendes zu Grunde:
3 Der damals als Fahrschullehrer bei der Fahrschule N tätig gewesene Revisionswerber war bei einem von einem anderen Fahrlehrer (Z) vermittelten Treffen von dem früher selbst als Fahrlehrer tätig gewesenen G darauf angesprochen worden, ob er dessen Lebensgefährtin (B), die eine frühere Führerscheinprüfung nicht bestanden hatte, bei der Ablegung der Führerscheinprüfung „durch Schummeln“ helfen könne. Der Revisionswerber erklärte sich dazu bereit, es wurden erste Details besprochen und mehrere Telefonate darüber geführt.
4 Bei einem weiteren Treffen zwischen dem Revisionswerber, Z, G und B wurde erneut über den geplanten Prüfungsablauf, den Einsatz einer Minikamera sowie von Kopfhörern gesprochen.
5 Am Tag der theoretischen Fahrprüfung fanden sich G und B, wie mit dem Revisionswerber vereinbart, auf einem Parkplatz ein, es wurde das für die „Hilfe“ bei der Prüfung vereinbarte Geld übergeben und B vom Revisionswerber zu einem weiteren auf dem Parkplatz abgestellten Fahrzeug verwiesen, in dem sie von einem dort befindlichen unbekannt Gebliebenen mit einer um den Hals zu hängenden Brusttasche mit Handy sowie einer „präparierten Bluse“ und einem Minikopfhörer ausgestattet wurde. Während der Prüfung erhielt B über diesen Kopfhörer Anweisungen und die Antworten zu den Prüfungsfragen. Die Prüfung wurde aufgrund dieses Einsagens von ihr bestanden.
6Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung legte das Verwaltungsgericht dar, dass die Fahrschullehrerberechtigung gemäß § 116 Abs. 5 KFG 1967 zu entziehen sei, wenn die Voraussetzungen für die Erteilungdarunter die Vertrauenswürdigkeit nach § 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967 nicht mehr gegeben seien. Unter Vertrauenswürdigkeit in diesem Sinn sei zu verstehen, dass man sich darauf verlassen können müsse, der Betreffende werde seinen gesetzlichen Verpflichtungen (hier: als Fahrschullehrer) nachkommen. Dies sei auf Basis des Gesamtverhaltens des Betreffenden bzw. des sich daraus ergebenen Persönlichkeitsbilds zu beurteilen, wobei schon ein einziges gravierendes Fehlverhalten, sei es bei Ausübung der jeweiligen (beruflichen) Tätigkeit, sei es außerhalb davon, die Vertrauenswürdigkeit erschüttern könne; ein Fehlverhalten im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit wiege allerdings regelmäßig schwerer.
7 Die Vertrauenswürdigkeit eines Fahrlehrers wie auch eines Fahrschullehrers beziehe sich insbesondere auch darauf, dass nur Personen mit entsprechender fachlicher Befähigung in den Besitz einer Lenkberechtigung kommen sollen; dies werde durch die Beteiligung an der Manipulation von Lenkerprüfungen durch strafbare Handlungen in Frage gestellt; ein solches Fehlverhalten bewirke den Wegfall der Vertrauenswürdigkeit (jeweils Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs).
8 Der grobe Missbrauch der Vertrauensposition des Revisionswerbers durch Benutzung seiner Stellung als Fahrschullehrer, um „das staatliche Prüfungssystem zu sabotieren“, führe zur Verneinung seiner Vertrauenswürdigkeit, wobei durch seine Handlungen indirekt auch die Verkehrssicherheit beeinträchtigt werde, zumal er dazu beigetragen habe, dass B ohne Nachweis einer fachlichen Befähigung in den Besitz einer Lenkberechtigung gekommen sei.
9 Der Umstand, dass er wegen dieser Handlung nicht bestraft worden sei, spiele keine entscheidende Rolle, weil es auf sein Verhalten und nicht auf eine allfällige strafgerichtliche Verurteilung ankomme.
10 Zwar habe sich der Revisionswerber seit dem zu Grunde liegenden Vorfall wohlverhalten. Dem komme jedoch nur geringes Gewicht zu, zumal er schon wegen des gegen ihn geführten Entziehungsverfahrens ein besonderes Interesse daran gehabt habe, nicht neuerlich „aufzufallen“, und weil sein in Ausübung der Fahrschultätigkeit gesetztes Fehlverhalten derart schwer wiege, dass auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Vertrauenswürdigkeit zu verneinen sei.
11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende - außerordentliche - Revision, zu der im vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahren keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde.
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
14Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 Mit der demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebenden Zulässigkeitsbegründung wird nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte.
16In der Zulässigkeitsbegründung wird zwar eine Abweichung von der („bisherigen“ bzw. „ständigen“) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, aber keine einzige konkrete Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes angeführt, von der das Verwaltungsgericht abgewichen wäre. Die Anforderungen an die Zulässigkeitsbegründung einer außerordentlichen Revision (vgl. etwa VwGH 24.1.2025, Ra 2025/11/0004) werden daher insoweit nicht erfüllt.
17Dies gilt auch für die Behauptung, es sei eine Rechtsfrage zu beurteilen, zu der bislang keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege, weil die Revision es unterlässt, konkret darzulegen, welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof bislang (uneinheitlich oder noch gar) nicht beantwortet habe (vgl. etwa VwGH 23.4.2018, Ra 2018/11/0066, mwN).
18 Im Übrigen: Das Verwaltungsgericht hat nicht nur die sich aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergebenden Grundsätze für die Beurteilung dervom KFG 1967 wie auch von einer Reihe weiterer Gesetze als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Aufnahme und der weiteren Ausübung der entsprechenden beruflichen Tätigkeit geforderten Vertrauenswürdigkeit zutreffend dargestellt; es ist auch nicht zu erkennen, dass bei ihrer fallbezogenen Anwendung die maßgeblichen, sich aus dieser Judikatur ergebenden Leitlinien überschritten worden wären. Der Revision gelingt es nicht darzulegen, dass die auf einer entsprechenden Wertung beruhende Beurteilung des Verwaltungsgerichts, die Vertrauenswürdigkeit des Revisionswerbers sei auf Basis des im angefochtenen Erkenntnis festgestellten in einem mängelfreien Verfahren ermittelten Sachverhalts auch im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung als nicht mehr gegeben zu betrachten, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen würde.
19 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 20. Mai 2025