Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision der W K in S, vertreten durch Dr. Alexander Pflaum, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rechte Bahngasse 10/19D, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 1. August 2023, Zl. LVwG AV 604/001 2023, betreffend forstbehördlichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Horn), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 1. August 2023 wurde die Revisionswerberin gemäß § 172 Abs. 6 iVm § 60 des Forstgesetzes 1975 (ForstG) zum Rückbau einer auf einem näher bezeichneten Grundstück befindlichen Forststraße bis zum 31. Jänner 2024 sowie gemäß § 77 AVG zur Bezahlung von Kommissionsgebühren in der Höhe von € 55,20 verpflichtet. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
2 Das Verwaltungsgericht legte dieser Entscheidung zugrunde, der verfahrensgegenständliche Weg sei 233 Laufmeter lang und zwischen 3,5 und 4,5 m breit, an einzelnen Stellen 5,5 m. Er diene der Bringung mit Kraftfahrzeugen sowie der Verbindung des Waldes zum öffentlichen Verkehrsnetz und sei für eine Dauer von mehr als einem Jahr angelegt. Der Weg sei auf seiner gesamten Länge mit Bodenaushubmaterial geschüttet, das Schüttmaterial sei größtenteils Erdmaterial mit etwas Fels, etwas Schotter und geringen Spuren von Baurestmassen. Nach der Schüttung sei der Weg planiert und gewalzt worden, das Schüttmaterial sei mit einem Drehkranzbagger ausplaniert, im Anschluss mit einem Grader (Straßenhobel) abgezogen und schließlich noch zur Verdichtung gewalzt worden. Die Höhe des Weges betrage ca. 40 bis 50 cm. Der Anteil an festem Material sei für das ganzjährige Befahren mit Traktoren und PKW geeignet, für das Befahren mit LKW jedoch unzureichend. Die Wegbauarbeiten seien von der Revisionswerberin im Frühjahr bzw. Sommer 2022 durchgeführt worden, eine forstrechtliche Bewilligung bzw. Anmeldung sei nicht erfolgt. Eine moderne Bewirtschaftung im Plenterbetrieb mit Einzelstammentnahmen auf dem in Rede stehenden Grundstück sei mit den bereits vorhandenen Rückegassen möglich, der in Rede stehende Weg stelle eine Übererschließung des Waldes dar.
3 In seiner rechtlichen Beurteilung ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Weges eine „Befestigung“ und damit eine Forststraße vorliege, da das „zu einem Straßenkörper aufgeschüttete Material (hier: größtenteils Erdmaterial, etwas Fels, etwas Schotter) so stark verdichtet wurde (hier: mit Maschinen die typischerweise im Straßenbau verwendet werden Bagger, Grader, Walze), dass der dadurch entstandene Straßenkörper ohne weiteres ganzjährig (regen- bzw. witterungsfest) mit Kraftfahrzeugen befahren werden“ könne. Der Weg sei auf seiner gesamten Länge befestigt ausgeführt und damit eine Forststraße im Sinne des ForstG.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 28.10.2022, Ra 2022/10/0135; 24.2.2022, Ra 2021/10/0194; 4.5.2021, Ra 2020/10/0081).
8 In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision wird nach Wiedergabe eines Begründungsteiles der angefochtenen Entscheidung, wonach es im Kern um die Frage gehe, ob die von der Revisionswerberin vorgenommene Anschüttung mit anschließender Planierung und Verdichtung eine „Befestigung“ im Sinne des § 59 Abs. 2 Z 3 ForstG darstelle geltend gemacht, zur Beantwortung der vom Verwaltungsgericht „selbst angeführten Kernfrage“, nämlich der Auslegung des Begriffs „Befestigung“ in § 59 Abs. 2 Z 3 ForstG, fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Der Auslegung des § 59 Abs. 2 Z 3 ForstG komme grundsätzliche Bedeutung zu. Schon allein „die hohe Anzahl von Rückewegen, Traktorwegen und Forststraßen“ zeige „die hohe Bedeutung einer Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof“.
9 Mit diesen Ausführungen wird allerdings nicht konkret dargelegt, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängen sollte. Auf den vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt bezogene Ausführungen dazu, unter welchen Gesichtspunkten es im Revisionsfall einer Auslegung des § 59 Abs. 2 Z 3 ForstG bedürfte, sind der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht zu entnehmen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht ein pauschales oder nur ganz allgemein gehaltenes Vorbringen ohne Herstellung eines Fallbezuges und ohne jede fallbezogene Verknüpfung mit der angefochtenen Entscheidung nicht aus, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen (vgl. VwGH 24.2.2022, Ra 2021/10/0029; 17.6.2021, Ra 2021/10/0074; 18.12.2020, Ra 2019/10/0087).
10 Soweit die Revisionswerberin an anderer Stelle den Standpunkt einnimmt, von einer „Befestigung“ werde man nur dann sprechen können, wenn eine solche Standfestigkeit vorliege, die „das ganzjährige Befahren mit allen zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen, insbesondere auch LKWs“ ermögliche, so ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass schon dem Wortlaut des § 59 Abs. 2 Z 3 ForstG („Eine Forststraße ist eine für den Verkehr von Kraftfahrzeugen oder Fuhrwerken bestimmte nichtöffentliche Straße samt den in ihrem Zuge befindlichen dazugehörigen Bauwerken, ... bei der die mit der Errichtung verbundenen Erdbewegungen eine Änderung des bisherigen Niveaus von mehr als einem halben Meter ausmachen oder mehr als ein Drittel der Länge geschottert oder befestigt ist.“) eine derartige Einschränkung nicht zu entnehmen ist. Das Gesetz stellt in der hier relevanten zweiten Variante der letztgenannten Bestimmung lediglich darauf ab, dass die Straße mehr als ein Drittel der Länge geschottert oder befestigt ist, ohne auf eine solche Schotterung oder Befestigung Bezug zu nehmen, die „eine ganzjährige Befahrbarkeit mit LKW“ ermöglicht. Auch den bereits vom Verwaltungsgericht zur Auslegung herangezogenen Materialien zur Novelle des ForstG BGBl. I Nr. 59/2002 (970 BlgNR 21. GP 36) ist in keiner Weise zu entnehmen, dass dem Gesetzgeber ein derartiges Begriffsverständnis vor Augen gestanden wäre, verweisen diese doch vielmehr darauf, dass durch die Neudefinition des Begriffs „Forststraße“ eine Einschränkung des Anwendungsbereiches dieser Bestimmung lediglich dahin vorgenommen werden sollte, dass „nur vorübergehend angelegte Rückewege“ sowie „geringfügige Eingriffe in das Gelände, die durch das Befahren mit Rückemaschinen entstehen“, ausgenommen werden sollten. Durch „die Begrenzung der mit der Errichtung von Rückewegen verbundenen Änderung des bisherigen Niveaus auf 0,5 m“ sollten aber weiterhin „mehr als geringfügige Eingriffe“ hintangehalten werden. Dass eine Forststraße erst dann vorliegen sollte, wenn der in Rede stehende Weg eine solche Standfestigkeit aufweist, dass „das ganzjährige Befahren mit allen zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen, insbesondere auch LKWs“ möglich ist, kann diesen Materialien nicht entnommen werden.
11 Dass demnach im Revisionsfall, in dem nach den unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes die gesamte Länge des Weges mit einer ca. 40 bis 50 cm hohen, aus aufgeschüttetem und verdichtetem Bodenaushubmaterial bestehenden Schicht überzogen ist, wobei der Anteil an festem Material eine ganzjährige Befahrbarkeit mit Traktoren und PKW ermöglicht, eine „Befestigung“ im Sinne des § 59 Abs. 2 Z 3 ForstG vorliegt, kann daher entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht zweifelhaft sein. Auf Abgrenzungsfragen kommt es im Revisionsfall nicht an. Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen aber klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. VwGH 21.5.2021, Ra 2021/10/0061; 5.11.2020, Ra 2020/10/0105; 12.10.2020, Ra 2020/10/0131).
12 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 6. Oktober 2023