Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision 1. der Apotheke L Mag. H Co. KG in L und 2. der V Apotheke F Co. KG in S, beide vertreten durch Prof. Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nussdorferstraße 10 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 10. Mai 2023, Zl. LVwG 050229/26/MK/GSc 050230/2, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Wels; mitbeteiligte Partei: Mag. pharm. C F, vertreten durch MMag. Dr. Gerhard Dilger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Hegelgasse 19/4), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid vom 13. April 2022 (in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 26. April 2022), mit welchem die belangte Behörde der mitbeteiligten Partei die Konzession für den Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke an einer näher genannten Betriebsstätte mit einem näher umschriebenen Standort in L erteilte und die mitbeteiligte Partei verpflichtete, eine Bundesverwaltungsabgabe und eine Apothekenkonzessionstaxe in näher genannter Höhe zu entrichten, als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die revisionswerbenden Parteien hätten gegen den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Erteilung einer Konzession für den Betrieb einer öffentlichen Apotheke Einspruch wegen mangelnden Bedarfs erhoben.
3 Ausgehend von den Ausführungen in der gutachterlichen Stellungnahme der Österreichischen Apothekerkammer, die bei Ermittlung des Kundenpotentials aus den gegenständlich relevanten Gemeinden auf die sogenannte „Hausapothekenstudie“ aus dem Jahr 2001 zurückgegriffen habe, komme es hinsichtlich der erstrevisionswerbenden Partei durch die Neuerrichtung der gegenständlichen Apotheke zu keiner Unterschreitung des Mindestversorgungspotentials von 5.500 Personen. Neben den Hauptwohnsitzen innerhalb des 4 km Polygons seien auch jene außerhalb des 4 km Polygons gelegenen Hauptwohnsitze einzubeziehen, die aufgrund der örtlichen Verhältnisse von der Betriebsstätte der erstrevisionswerbenden Partei versorgt würden. Dazu kämen noch jene Einwohnergleichwerte, die auf der Basis der Hauptwohnsitze anhand des im Rahmen der „Hausapothekenstudie“ ermittelten Schlüssels errechnet worden seien. Daraus ergebe sich ein Versorgungspotential der erstrevisionswerbenden Partei von 6.019 Personen. Das Versorgungsgebiet der zweitrevisionswerbenden Partei werde aufgrund der örtlichen Verhältnisse durch die Neuerrichtung der gegenständlichen Apotheke nicht eingeschränkt, sondern bleibe unverändert bestehen. Dieses werde nämlich zum einen durch die Versorgungspolygone anderer bestehender öffentlicher Apotheken und zum anderen durch in jenem Bereich nicht passierbares Gewässer zur Gänze vom Versorgungsgebiet der neu zu errichtenden Apotheke der mitbeteiligten Partei abgeschirmt. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Z 3 Apothekengesetz (ApG), wonach ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke dann nicht bestehe, wenn die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringere und weniger als 5.500 betragen werde, seien somit nicht erfüllt. Da im Ergebnis ein Bedarf an der gegenständlichen Apotheke iSd § 10 Abs. 1 Z 2 ApG bestehe, sei die von der mitbeteiligten Partei beantragte Konzession zu erteilen gewesen.
4 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. etwa VwGH 4.5.2021, Ra 2020/10/0081, mwN).
9 Zu ihrer Zulässigkeit bringt die Revision vor, die Vorgangsweise des Verwaltungsgerichtes, ein Erkenntnis zu erlassen, das auf einer „uralten“ Studie der Österreichischen Apothekerkammer, der Hausapothekenstudie, beruhe, die nicht mehr aktuell sei, widerspreche krass dem Grundsatz, „dass Entscheidungen im Verwaltungsverfahren aufgrund des zum Zeitpunkt des maßgeblichen Sachverhalts zum Schluss des Verfahrens zu erlassen“ seien sowie dem Grundsatz der materiellen Wahrheit und damit im Ergebnis der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu an Gutachten zu stellende Anforderungen. Das Verwaltungsgericht habe es zudem unterlassen, die Methode der Hausapothekenstudie und jene einer Studie der Technischen Universität Wien zur Erfassung von Einwohnergleichwerten „zusammenzuführen“.
10 Mit diesen Ausführungen, denen Auszüge aus Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie Kommentarliteratur vorangehen, jedoch ohne dass ein konkreter Bezug zum hier vorliegenden Fall hergestellt wird, wird nicht konkret dargelegt, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Damit wird das Zulässigkeitsvorbringen schon den Anforderungen an die Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung nicht gerecht (vgl. VwGH 18.12.2020, Ra 2019/10/0087, mwN). Wird eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, hat der Revisionswerber nämlich konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt jenem der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Dabei reicht es nicht aus, bloß Rechtssätze zu verschiedenen hg. Erkenntnissen wiederzugeben oder hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl zu nennen, ohne auf konkrete Abweichungen von dieser Rechtsprechung hinzuweisen (vgl. VwGH 19.2.2024, Ra 2024/10/0011; 7.12.2023, Ra 2022/10/0187).
11 Ebenso wenig reicht es aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel in konkreter Weise darzulegen (vgl. etwa VwGH 25.1.2021, Ra 2020/10/0157; 25.1.2021, Ra 2020/10/0177). Im Übrigen treten die revisionswerbenden Parteien den beweiswürdigenden Ausführungen des Verwaltungsgerichtes, es sei im Hinblick auf die Hauptwohnsitze, die auch Grundlage für die Ermittlung der Einwohnergleichwerte auf der Grundlage der „Hausapothekenstudie“ seien, die Statistik des Bevölkerungsstandes vom Jänner 2022 zugrunde gelegt worden, nicht entgegen.
12 Mit dem bloßen Hinweis auf gravierende Verfahrensverstöße ohne jegliche nähere Darlegungen zu deren Relevanz für den Verfahrensausgang wird dem genannten Erfordernis einer hinreichenden Relevanzdarstellung behaupteter Verfahrensmängel nicht entsprochen.
13 Lediglich der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass die von den revisionswerbenden Parteien als „veraltet“ kritisierte sogenannte „Hausapothekenstudie“ der Österreichischen Apothekerkammer in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf Bedenken gestoßen ist (vgl. dazu auch VwGH 26.9.2019, Ra 2019/10/0028; 24.4.2018, Ra 2017/10/0023); der Verwaltungsgerichtshof sieht im vorliegenden Fall keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Auch diesbezüglich ist das Zulässigkeitsvorbringen nicht geeignet, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 4. Juni 2024