JudikaturVwGH

Ra 2023/10/0337 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
28. Juni 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger sowie den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision des J T in R, vertreten durch die Weinrauch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Stubenring 16/2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 23. März 2022, Zl. LVwG 30.11 2720/2021 18, betreffend Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde dem Revisionswerber in Bestätigung und Richtigstellung des Spruches eines Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark (belangte Behörde) vom 12. August 2021 mit jeweils näheren Ausführungen zur Last gelegt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T GmbH zu verantworten, dass vom Firmenstandort aus an ein Lebensmittelunternehmen in Wien das von der T GmbH hergestellte Lebensmittel „Hühner Keulenroulade“ trotz Nichteignung für den menschlichen Verzehr in Verkehr gebracht worden sei, obwohl es dem Verbot des Inverkehrbringens gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 Lebensmittelsicherheits und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) unterliege. Dadurch habe der Revisionswerber eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 iVm § 90 Abs. 1 Z 1 LMSVG begangen, weshalb gemäß § 90 Abs. 1 Z 1 LMSVG eine Geldstrafe in der Höhe von € 250, , im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, verhängt wurde. Neben dem von der belangten Behörde bereits auferlegten Kostenersatz (Strafverfahren, AGES Untersuchungskosten) wurden dem Revisionswerber die Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 50, zur Zahlung vorgeschrieben. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG wurde gemäß § 25a VwGG für unzulässig erklärt.

2 Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 28. Februar 2023, E 1266/2022 5, ablehnte und sie gleichzeitig an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

3 In der Folge erhob der Revisionswerber die nunmehr vorliegende Revision.

4 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision (u.a.) die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.

5 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. VwGH 13.3.2023, Ra 2022/10/0089; 16.11.2022, Ra 2022/10/0171; 27.7.2022, Ra 2022/10/0108).

6 In der Revision wird unter „4. Revisionspunkte“ geltend gemacht, der Revisionswerber erachte sich in seinem subjektiven Recht „auf richtige Gesetzesanwendung, nämlich auf richtige Anwendung der Bestimmung des § 5 LMSVG iVm § 90 LMSVG“ sowie auf „richtige Anwendung der einschlägigen Bestimmungen der Geflügelhygieneverordnung, insbesondere dessen § 37“ verletzt. Hinsichtlich des angenommenen Verschuldens des Revisionswerbers erachte sich dieser in seinem subjektiven Recht auf „richtige Anwendung des § 5 VStG“ verletzt. Weiters erachte sich der Revisionswerber in seinem subjektiven Recht darauf, dass „ihm die als erwiesen angenommene Tat richtig und vollständig vorgehalten“ werde, sowie im Recht auf „richtige Gesetzesanwendung des § 39 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG (Grundsatz der Amtswegigkeit) sowie des § 37 AVG iVm § 17 VwGVG (Grundsatzes der materiellen Wahrheit)“ verletzt, da der wesentliche Sachverhalt nicht festgestellt worden sei, das Erkenntnis unter wesentlichen Begründungsmängeln leide und die beantragten Zeugen nicht vernommen worden seien. Der Revisionswerber erachte sich auch in seinem „Recht auf rechtliches Gehör“ und in Bezug auf das „Überraschungsverbot“ verletzt. Zudem liege eine Missachtung des subjektiven Rechts „auf ein faires und vollständiges Verfahren“ vor, und zwar wegen Feststellungs und Begründungsmängeln.

7 Bei der hier im Zusammenhang mit verschiedenen, teils nach Paragrafen bezeichneten Rechtsgrundlagen behaupteten Verletzung im Recht auf richtige Gesetzesanwendung handelt es sich nicht um einen Revisionspunkt im Sinn des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG, sondern um einen Revisionsgrund, der nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechts zielführend vorgebracht werden kann (vgl. etwa VwGH 24.3.2022, Ra 2022/10/0037; 16.3.2022, Ra 2022/10/0030; 21.11.2019, Ra 2019/10/0167).

8 Gleichermaßen wird weder mit der Berufung auf das Recht auf richtige und vollständige Vorhaltung der Tat und auf das Überraschungsverbot (vgl. etwa VwGH 2.6.2022, Ra 2022/02/0091; 19.4.2021, Ra 2021/05/0055; 23.8.2022, Ra 2022/09/0091), noch mit der Geltendmachung des Rechts auf rechtliches Gehör (vgl. VwGH 23.5.2022, Ra 2022/06/0057; 27.6.2017, Ra 2017/10/0020) oder auf ein vollständiges Verfahren (vgl. ähnlich zu „mängelfreien Verfahren“ VwGH 25.1.2022, Ra 2022/09/0006; 14.1.2022, Ra 2021/02/0211) ein Revisionspunkt dargetan, sondern zählen die im Zusammenhang damit vorgebrachten Verletzungen zu den Revisionsgründen (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG), die nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechts zielführend vorgebracht werden können.

9 Soweit der Revisionswerber als Revisionspunkt vor dem Verwaltungsgerichtshof schließlich angibt, in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden zu sein, übersieht er, dass der Verwaltungsgerichtshof zur diesbezüglichen Prüfung, da es sich um ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht (Art. 6 EMRK) handelt, nicht berufen ist (VwGH 16.11.2022, Ra 2022/10/0171; 19.2.2014, Ro 2014/10/0023).

10 Da somit eine Verletzung des Revisionswerbers in den von ihm als Revisionspunkte ausdrücklich bezeichneten Rechten durch das angefochtene Erkenntnis nicht möglich ist, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 28. Juni 2023

Rückverweise