Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision der P GmbH in T, vertreten durch Dr. Gerald Pichler, Rechtsanwalt in 4501 Neuhofen/Krems, Kremstalstraße 4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. März 2023, L501 2245905 1/14E, betreffend Beitragsnachverrechnung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Gesundheitskasse; weitere Partei: Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis verpflichtete das Bundesverwaltungsgericht in Bestätigung eines Bescheides der Österreichischen Gesundheitskasse die Revisionswerberin, Beiträge zur Sozialversicherung, Sonderbeiträge, Beiträge zur Mitarbeitervorsorge und Zuschläge samt Verzugszinsen in der Höhe von insgesamt € 28.950,39 nachzuentrichten. Es sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
2 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst aus, die Revisionswerberin betreibe an mehreren Standorten in verschiedenen Bundesländern einen Zustelldienst für Speisen (insbesondere Pizzen) und Getränke. Im maßgeblichen Zeitraum seien für sie Zusteller tätig gewesen, die als Selbständige zur Sozialversicherung gemeldet gewesen seien. Im Zuge einer gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben habe sich für die Träger der Krankenversicherung (die damaligen Gebietskrankenkassen) jedoch ergeben, dass die Zusteller tatsächlich als Dienstnehmer der Revisionswerberin nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG pflichtversichert gewesen seien. Die nunmehrige Vorschreibung von Beiträgen betreffe fünf Zusteller, die für die Revisionswerberin in Wien tätig gewesen seien. Hinsichtlich eines für die Revisionswerberin in Oberösterreich tätigen Zustellers sei die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG rechtskräftig festgestellt und insoweit auch eine Revision mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Mai 2019, Ra 2019/08/0088, zurückgewiesen worden. Dazu sei festgestellt worden, dass dieser Zusteller in die betriebliche Organisation der Revisionswerberin eingebunden gewesen sei, wobei er bei der Auslieferung der Speisen und Getränke nach einem im Voraus erstellten Schichtplan tätig geworden sei. Über ein EDV System sei der Revisionswerberin der Aufenthaltsort des Zustellers während seiner Fahrten stets bekannt gewesen, wodurch er auch einer laufenden Kontrolle unterlegen sei. Im Fall der Verhinderung sei eine Vertretung des Zustellers nur aus dem Kreis der anderen Zusteller der Revisionswerberin zulässig gewesen. Davon habe sich die Tätigkeit der fünf in Wien tätigen Zusteller, wie sich aus deren Einvernahmen ergebe und von der Revisionswerberin nach Erörterung in der Verhandlung auch nicht in Abrede gestellt worden sei, nicht unterschieden. Es sei daher im Sinn der (näher dargestellten) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs auch insoweit vom Vorliegen von Pflichtversicherungen nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG auszugehen. Aufgrund der Bejahung dieser Vorfrage sei die Nachverrechnung der Beiträge zu Recht erfolgt.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, für die Beurteilung der „Dienstnehmereigenschaft“ komme es auf die konkreten Verhältnisse im Einzelfall an. Es seien somit die Verhältnisse hinsichtlich jedes einzelnen potentiellen Dienstnehmers festzustellen und zu beurteilen gewesen. Das habe das Bundesverwaltungsgericht vorliegend hinsichtlich der Zusteller unterlassen. Bei einer solchen Beurteilung hätte sich aber ergeben, dass die Pflichtversicherung der Zusteller nach dem ASVG zu verneinen sei.
7 Es trifft zu, dass Feststellungen über die Versicherungspflicht immer in Bezug auf bestimmte Dienstgeber und bestimmte Dienstnehmer zu treffen sind; dies gilt auch, wenn die Versicherungspflicht wie vorliegend als Vorfrage im Beitragsverfahren zu beurteilen ist (vgl. VwGH 16.2.2011, 2007/08/0123, mwN). Im vorliegenden Fall hat das Bundesverwaltungsgericht aber ohnehin eine solche Beurteilung der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG hinsichtlich der (einzelnen) Zusteller der Revisionswerberin vorgenommen und im angefochtenen Erkenntnis zu ihrer Tätigkeit konkrete Feststellungen wenngleich großteils disloziert im Zuge der Beweiswürdigung und unter Verweis auf das genannte Vorverfahren zu einem in Oberösterreich tätigen Zusteller getroffen.
8 Auf Grundlage dieser Feststellungen hat das Bundesverwaltungsgericht zu Recht auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu vergleichbaren Fällen verwiesen, in denen jeweils festgehalten wurde, dass es sich bei der in Einbindung in eine betriebliche Organisation verrichteten Tätigkeit der Zustellung von Speisen und Getränken („Pizzazusteller“) um eine einfache manuelle Tätigkeit ohne einen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum in Bezug auf Arbeitsausführung und Verwertbarkeit handle, sodass vom Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit und damit von einem (echten) Dienstverhältnis im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG auszugehen sei (vgl. VwGH 24.2.2022, Ra 2020/08/0138; 20.12.2021, Ra 2018/08/0013 und 0066; sowie wie vom Bundesverwaltungsgericht ausgeführt zu einem anderen Zusteller der Revisionswerberin VwGH 23.5.2019, Ra 2019/08/0088; jeweils mwN). Die Revisionswerberin vermag nicht darzulegen, dass hinsichtlich der Tätigkeit der im vorliegenden Fall zu beurteilenden Zusteller bzw. einzelner unter ihnen Umstände vorgelegen wären, die das Bundesverwaltungsgericht zu einer anderen Beurteilung hätten veranlassen müssen.
9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 31. August 2023