JudikaturVwGH

Ra 2023/06/0231 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
13. Mai 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der S GmbH in S, vertreten durch Mag. Rainer Frank, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Joanneumring 6/1. Stock, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 10. Oktober 2023, LVwG 50.32 2742/2020 40, betreffend Aufhebung und Zurückverweisung in einer baurechtlichen Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Krottendorf Gaisfeld; mitbeteiligte Partei: L mbH in V, vertreten durch die HOHENBERG Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Die Revisionswerberin (Bauwerberin) beantragte mit Eingabe vom 21. September 2018 die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage bestehend aus drei Häusern mit 10 Wohneinheiten, 22 überdachten PKW Stellplätzen, 21 überdachten Fahrradabstellplätzen, einer Erschließungsstraße und einer Wertstoffsammelstelle auf näher bezeichneten Grundstücken in der KG K. Der Bauplatz ist im Flächenwidmungsplan 3.0 der Gemeinde K, der seit 2004 in Kraft ist, als Dorfgebiet ausgewiesen.

5 Die Mitbeteiligte ist Eigentümerin der unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke und betreibt dort ein Lagerhaus. Sie erhob fristgerecht den Einwand der heranrückenden Wohnbebauung gemäß § 26 Abs. 4 iVm Abs. 1 Steiermärkisches Baugesetz (Stmk. BauG).

6 Der Revisionswerberin wurde die beantragte Baugenehmigung mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. August 2020 gemäß §§ 19 und 29 Stmk. BauG erteilt. Die Einwendungen der Mitbeteiligten wurden im Spruch des Bescheides als unzulässig zurückgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass die Widmungskategorie Dorfgebiet im Sinn des § 23 Abs. 5 lit. f Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 1974 (Stmk. ROG 1974) keinen Immissionsschutz beinhalte.

7 Im ersten Rechtsgang wurde der Beschwerde der Mitbeteiligten mit dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (LVwG) vom 5. Februar 2021 Folge gegeben, der Bescheid vom 28. August 2020 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen. Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, wäre die Gemeinde ihrer Verpflichtung zur Revision des Flächenwidmungsplanes nachgekommen, käme der Mitbeteiligten ein Immissionsschutz im Hinblick auf die heranrückende Wohnbebauung zu. Die Zurückweisung der Einwendungen erweise sich als nicht rechtskonform, weshalb der angefochtene Bescheid aufzuheben sei.

Dabei ging das LVwG davon aus, dass der Flächenwidmungsplan 3.0 rechtlich zwar noch existent, aber rechtswidrig sei. Eine abschließende Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens könne so das LVwG erst nach der zwingend vorgesehenen Revision des Flächenwidmungsplanes 3.0 erfolgen.

8 Aufgrund einer Revision der Bauwerberin hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 11. November 2021, Ro 2021/06/0013, das oben angeführte Erkenntnis des LVwG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, weil das LVwG verkannt habe, dass auch Gesetze und Verordnungen, gegen die verfassungsrechtliche Bedenken bestünden, bis zu einer allfälligen Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof von der Behörde bzw. vom Verwaltungsgericht anzuwenden seien (Art. 135 Abs. 4 iVm Art. 89 Abs. 2 und Art. 139 Abs. 1 Z 1 B VG). Ohne vorherige Anfechtung und eine etwaige Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof hätte das LVwG die Vorschrift nicht unbeachtet lassen dürfen. Die Aufhebung und Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde mit der genannten, die Verwaltungsbehörde bindenden Begründung erweise sich daher schon aus diesem Grund als rechtswidrig.

9 Das LVwG stellte sodann den auf Art. 139 Abs. 1 Z 1 B VG gestützten Antrag an den Verfassungsgerichtshof, „die Verordnung über den Flächenwidmungsplan 3.0 der Gemeinde Krottendorf Gaisfeld [...] im Umfang der Widmung der Grundstücke A, B [gemeint ist wohl C] und D, KG E, als gesetzwidrig aufzuheben, in eventu, die Verordnung über den Flächenwidmungsplan 3.0 der Gemeinde Krottendorf Gaisfeld [...] zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben.“

10 Mit Erkenntnis vom 21. Juni 2023, V 151/2022, wies der Verfassungsgerichtshof den oben dargelegten Antrag des LVwG mit folgender Begründung soweit für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof entscheidungsrelevant ab (Hervorhebungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

„2.3.1. Grundsätzlich trifft es zu, dass Flächenwidmungspläne im Sinn der Bedeutung der festgelegten Widmung nach den im Zeitpunkt ihrer Erlassung geltenden Rechtsvorschriften auszulegen sind, sofern der Gesetzgeber nichts Abweichendes anordnet (vgl VfSlg 14.179/1995 ). Dies entspricht auch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl zB VwGH 9.11.1999, 95/05/0268 ; 20.10.2005, 2002/06/0089 ; 11.3.2016, Ra 2015/06/0107 ; und VwGH 11.11.2021, Ro 2021/06/0013 , im ersten Rechtsgang des vorliegenden Verfahrens; s. auch VfGH 26.6.2019, V75/2018 ); den Widmungsbezeichnungen eines Flächenwidmungsplanes ist daher grundsätzlich jener Inhalt zu unterstellen, der ihnen nach jenen gesetzlichen Bestimmungen zugekommen ist, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des jeweiligen Flächenwidmungsplanes in Geltung gestanden sind.

Diese Rechtsprechung darf aber nicht schematisch auf jede Vorschrift übertragen werden, die mit den gesetzlichen Vorschriften, die den Inhalt einer Widmung regeln, im Zusammenhang stehen und an die gesetzliche Festlegung des unmittelbaren Widmungsinhaltes anknüpfen. Werden derartige Rechtsvorschriften geändert, kommt es vielmehr wenn keine Übergangsbestimmungen existieren und Vorschriften eines Flächenwidmungsplanes mit der geänderten Rechtslage in Widerspruch stehen zur Invalidation der betreffenden Verordnungen (vgl VfSlg 18.238/2007 ; aus jüngster Zeit VfGH 4.3.2021, V541/2020 ; s. weiters auch VfSlg 8167/1977 , 10.007/1984 , 10.446/1985 , 11.642/1988 , 18.238/2007 ; VfGH 26.6.2019, V75/2018 ).

2.3.2. Sowohl § 23 Abs 5 lit f Stmk ROG 1974 als auch § 30 Abs 1 Z 7 StROG 2010 enthalten die nähere Festlegung, welchen Inhalt die Widmung ‚Dorfgebiet‘ hat. In der Festlegung des wesentlichen Inhalts stimmen diese Vorschriften überein: Dorfgebiete sind Flächen, die für Bauten land und forstwirtschaftlicher Nutzung in verdichteter Anordnung bestimmt sind und auch sonstige Nutzungen zulassen, die den wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Bedürfnissen der Bewohner von Dorfgebieten dienen.

2.3.2.1. § 30 Abs 1 Z 7 StROG 2010 enthält gegenüber der davor geltenden Bestimmung zwei Änderungen, zunächst, dass nicht schlechthin auch ‚Wohngebäude‘ errichtet werden können, sondern nur solche Wohnbauten, die nicht mehr als zwei Wohneinheiten aufweisen. Dadurch wird aber der Inhalt der Widmung ‚Dorfgebiet‘ nicht in ihrem Charakter verändert, zumal auch die frühere Bestimmung des § 23 Stmk ROG 1974 so zu interpretieren ist, dass Wohngebäude ohne Zusammenhang mit einem land und forstwirtschaftlichen Betrieb dem Widmungscharakter entsprechend nur in untergeordneter Weise vorgesehen waren. Die Zulässigkeit derartiger Wohnbauten wurde durch das StROG 2010 insoweit beschränkt, dass nur Wohnbauten mit nicht mehr als zwei Wohneinheiten zulässig errichtet werden dürfen, wodurch aber der Widmungstyp ‚Dorfgebiet‘ in seinem Gehalt nicht wesentlich geändert wurde. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit dieser Einschränkung bisherige Dorfgebiet Widmungen gesetzwidrig machen wollte.

Angesichts des allgemeinen Grundsatzes, dass in Verwaltungsverfahren die Sach und Rechtslage zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung maßgeblich ist, entfaltet die Vorschrift des § 30 StROG 2010 ihre Wirkung erst für Baubewilligungen betreffend Grundstücke in Dorfgebieten, die nach dem Inkrafttreten des StROG 2010 erteilt werden, auch dann, wenn die Widmung im Flächenwidmungsplan bereits früher erfolgt ist.

2.3.2.2. Die zweite Änderung des § 30 Abs 1 Z 7 StROG 2010 gegenüber der Vorgängerbestimmung betrifft die Einschränkung, dass die Nutzung von nicht der land und forstwirtschaftlichen Nutzung dienenden Bauten zulässig ist, ‚soweit sie keine diesem Gebietscharakter widersprechenden Belästigungen der Bewohner verursachen‘.

Diese Vorschrift ist vor dem Hintergrund des Baurechts zu sehen. Gemäß § 26 Abs 1 Z 1 Stmk BauG kann nämlich ein Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, die die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien betreffen, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist. § 30 Abs 1 Z 7 StROG 2010 verbindet nun mit der Widmung ‚Dorfgebiet‘ einen solchen Immissionsschutz, sodass der Nachbar grundsätzlich darauf Einwendungen stützen kann. Bei der entsprechenden Wendung in § 30 Abs 1 Z 7 StROG 2010 handelt es sich vom Typ her um eine baurechtliche Vorschrift zur Vermittlung von Nachbarrechten und nicht um eine inhaltliche Umschreibung des Widmungsinhaltes . In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass diese Vorschrift gemäß § 26 Abs 4 Stmk BauG an diesen Immissionsschutz anknüpfend auch Parteirechte in Zusammenhang mit heranrückender Wohnbebauung vermittelt.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass § 30 Abs 1 Z 7 StROG 2010 Widmungen von ‚Dorfgebiet‘ in Flächenwidmungsplänen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes festgelegt wurden, nicht gesetzwidrig werden lässt, sondern lediglich die Wirkung hat, dass ab dem Inkrafttreten die Zulässigkeit von Bauten in Dorfgebieten nach dieser Bestimmung zu beurteilen ist.“

11 Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss gab das LVwG der Beschwerde der Mitbeteiligten Folge, hob den Bescheid der belangten Behörde auf und verwies die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an diese zurück.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das LVwG zunächst aus, die belangte Behörde habe die Einwendungen der Mitbeteiligten im Spruch des Bescheides als unzulässig zurückgewiesen, ohne auf deren Vorbringen inhaltlich einzugehen. „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht sei ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet habe. Habe die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen, sei „Sache“ des Verfahrens die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (Hinweis auf VwGH 22.1.2015, Ra 2014/06/0055). Das LVwG habe demnach nur die Rechtmäßigkeit der formellen Zurückweisung der Einwendungen zu prüfen, eine inhaltliche Prüfung dieser Einwendungen sei vom Prüfungsumfang des LVwG nicht umfasst.

Das Beweisverfahren habe ergeben, dass die belangte Behörde die Einwendungen der Mitbeteiligten zu Unrecht zurückgewiesen habe. Der Bescheid der belangten Behörde sei daher zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides nach inhaltlicher Prüfung der Einwendungen der Mitbeteiligten zurückzuverweisen.

In der Sache führte das LVwG zusammengefasst aus, die Widmungskategorie Dorfgebiet sehe in Bezug auf die projektierte bauliche Anlage einen Immissionsschutz vor, daher komme der Mitbeteiligten als Nachbarin grundsätzlich ein subjektives Recht auf Einhaltung der „Widmungsregelung“ gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG iVm § 26 Abs. 4 Stmk. BauG zu. Dieses Nachbarrecht habe die Mitbeteiligte dezidiert ins Treffen geführt. Die Einwendung erweise sich als zulässig und dürfe nicht zurückgewiesen werden. Die belangte Behörde habe sich demnach inhaltlich damit auseinanderzusetzen, ob im Sinne der raumordnungsrechtlichen Regelung der betreffenden Widmungskategorie der Immissionsschutz in Bezug auf die beabsichtigte Wohnbebauung gewährleistet sei.

Die belangte Behörde habe zunächst im Hinblick auf die Bestimmung des § 26 Abs. 1 Z 1 Stmk. BauG zu prüfen, ob das geplante Bauvorhaben grundsätzlich mit der „Widmungsregelung“ des § 30 Abs. 1 Z 7 StROG 2010 übereinstimme. Da die Mitbeteiligte fallbezogen zehn Wohneinheiten realisieren wolle, gemäß § 30 Abs. 1 Z 7 StROG 2010 jedoch nicht mehr als zwei Wohnbauten außerhalb der fallbezogen relevanten land und forstwirtschaftlichen Nutzung im Dorfgebiet zulässig seien, werde eine solche Übereinstimmung zu verneinen sein, sofern die Mitbeteiligte das Bauvorhaben nicht abändere. Sollte die Mitbeteiligte das Bauvorhaben auf zwei Wohneinheiten beschränken, habe die belangte Behörde das Vorbringen betreffend die „heranrückende Wohnbebauung“ inhaltlich zu prüfen. Bei der Beurteilung der von der benachbarten Betriebsanlage ausgehenden, auf das Baugrundstück einwirkenden Immissionsbelastung sei einerseits das Ausmaß der Immissionsbelastung und andererseits die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Immissionsbelastung zu prüfen.

12 Hat das Verwaltungsgericht den behördlichen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die Behörde zurückverwiesen, so kann ein solcher Beschluss eine Rechtsverletzung entweder dadurch bewirken, dass das Verwaltungsgericht von der Regelung des § 28 Abs. 3 VwGVG zu Unrecht Gebrauch gemacht und keine Sachentscheidung getroffen hat, oder dadurch, dass es von einer für die betroffene Partei nachteiligen, jedoch für das weitere Verfahren bindenden unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen ist (vgl. etwa VwGH 10.7.2023, Ra 2022/06/0122 bis 0124, Rn. 10, mwN).

13 In ihrer Zulässigkeitsbegründung bringt die Revisionswerberin vor, das LVwG verstoße gegen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach ein LVwG gemäß § 28 VwGVG primär in der Sache selbst zu entscheiden habe (Hinweis unter anderem auf VwGH 24.8.2023, Ra 2020/22/0177 bis 0179, mwN).

Im gegenständlichen Fall sei nicht zu „ersehen“, dass Ermittlungsmängel vorlägen, die im Sinn der obigen Ausführungen das Fehlen der Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG für eine meritorische Entscheidung durch das LVwG selbst nach sich zögen und damit zur Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG führten. Das LVwG habe nicht dargelegt, dass die Vervollständigung der Tatsachengrundlage durch das LVwG fallbezogen mit besonderen Schwierigkeiten verbunden wäre (Hinweis auf VwGH 12.1.2023, Ra 2019/22/0150, Punkt 8.3.) oder die allfällige Ergänzung des Ermittlungsverfahrens bzw. die Nachholung fehlender Feststellungen durch das LVwG selbst nicht auch im Interesse der Raschheit gelegen bzw. mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre (Hinweis auf VwGH 18.4.2018, Ra 2018/22/0015, Rn. 11).

Darüber hinaus wird zur Zulässigkeit der Revision zusammengefasst ausgeführt, das Erkenntnis des LVwG stehe nicht im Einklang mit näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur „Versteinerungstheorie“ betreffend die Auslegung von Flächenwidmungsplänen.

14 Die Revisionswerberin verkennt den tragenden Grund für die Zurückverweisung der Rechtssache an die belangte Behörde durch das LVwG. Dieses stützt seine Entscheidung nämlich nicht auf Ermittlungsmängel, sondern worauf die Mitbeteiligte in ihrer Revisionsbeantwortung hinweist auf die Unzuständigkeit des LVwG zur meritorischen Entscheidung über die Einwendungen der Mitbeteiligten.

Im angefochtenen Beschluss stellte das LVwG fest, die belangte Behörde habe die Einwendungen der Mitbeteiligten im Spruch des Bescheides als unzulässig zurückgewiesen, ohne auf deren Vorbringen inhaltlich einzugehen. Dem tritt die Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung nicht entgegen und bringt auch nicht vor, die Zurückweisung der Einwendungen im Bescheid der belangten Behörde wäre eventuell einer Umdeutung dahingehend zugänglich, dass sich die belangte Behörde im Ausdruck vergriffen und tatsächlich eine Sachentscheidung beabsichtigt hätte (vgl. etwa das von der Mitbeteiligten in ihrer Revisionsbeantwortung zitierte Erkenntnis VwGH 26.4.2012, 2010/07/0129). Vor diesem Hintergrund zeigt die Revisionswerberin nicht auf, dass das LVwG von der Regelung des § 28 Abs. 3 VwGVG zu Unrecht Gebrauch gemacht hätte.

15 Mit ihrem weiteren Vorbringen zur „Versteinerungstheorie“ legt die Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung nicht dar, inwiefern das LVwG angesichts der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in dem in Rn. 10 angeführten Erkenntnis, wonach es sich bei der Bestimmung betreffend den Immissionsschutz in § 30 Abs. 1 Z 7 StROG 2010 vom Typ her um eine baurechtliche Vorschrift zur Vermittlung von Nachbarrechten und nicht um eine inhaltliche Umschreibung des Widmungsinhaltes handle (Pkt. 2.3.2.2.) von einer unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen wäre.

16 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

17 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 13. Mai 2024

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