Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des T C in E, vertreten durch Dr. Andreas König, Dr. Andreas Ermacora, Dr. Christian Klotz, MMag. Mathias Demetz, BSc, Dr. Simon Gleirscher, Mag. Mine Cordic und MMag. Markus Sandtner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Erlerstraße 4, gegen das am 25. Juli 2023 mündlich verkündete und am 13. September 2023 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol LVwG 2022/48/2575 28 betreffend Übertretung des Tiroler Raumordnungsgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kufstein), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft K. (belangte Behörde) vom 11. August 2022 wurde der Revisionswerber „als Verantwortlicher der Firma C[...] GmbH“ einer Übertretung des „§ 13a Abs. 1 lit. a zweiter Fall i.V.m. § 13 Abs. 3 TROG 2016, i.d.g.F. (bzw § 13 (8) TROG in der bis 30.9.2016 geltenden Fassung“ schuldig erkannt, da eine näher genannte, im Eigentum der C. GmbH stehende Wohnung „zumindest im Zeitraum von April 2016 bis 26.01.2021“ anderen zur Verwendung als Freizeitwohnsitz überlassen worden sei, ohne dass eine Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz im Sinne des § 13 Abs. 3 lit. a Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 (TROG 2016) oder eine Ausnahmebewilligung im Sinne des § 13 Abs. 7 TROG 2016 vorgelegen sei. Die Firma C. als Eigentümerin habe die Wohnung zur Ausübung gewerblicher Gästebeherbergung in Form kurzzeitiger touristischer Vermietungen benützt. Über den Revisionswerber wurde eine Geldstrafe in der Höhe von € 4.000 (Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Tagen) verhängt und ihm ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (LVwG) wurde der Beschwerde des Revisionswerbers gegen dieses Straferkenntnis nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen insofern Folge gegeben, als die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 35 Stunden herabgesetzt wurde. Im Übrigen wurde das bekämpfte Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die übertretene Norm „§ 13a Abs 1 lit a zweiter Fall TROG 2016 idF LGBl Nr 122/2019“ und die Strafbestimmung „§ 13a Abs 3 TROG 2016 idF LGBl Nr 122/2019“ zu lauten hätten und im Spruch des bekämpften Bescheides der Ausdruck „Verantwortlicher“ durch „handelsrechtlicher Geschäftsführer“ zu ersetzen sei (1.). Darüber hinaus sprach das LVwG aus, dass der Revisionswerber gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten habe (2.) und dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei (3.).
3 In den Zulässigkeitsgründen der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision wird zusammengefasst vorgebracht, der durch das bekämpfte Erkenntnis korrigierte Spruch weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a VStG betreffend die Präzisierungspflicht hinsichtlich des Spruches von Straferkenntnissen ab. Im Spruch werde der Tatzeitraum nicht hinreichend bestimmt; durch das Wort „zumindest“ sei für den Revisionswerber nicht erkennbar, ob ihm nur dieser Zeitraum oder auch ein anderer Zeitraum als Tatzeitraum vorgeworfen werde. Auch sei dem Spruch nicht zu entnehmen, welche konkreten Handlungen dem Revisionswerber vorgeworfen würden; im Hinblick auf den langen Tatzeitraum von fast 5 Jahren „hätten im Spruch konkret bezeichnete Einzelakte angeführt werden müssen, etwa wann und in welchem Ausmaß der Revisionswerber die vorgeworfenen touristischen Vermietungen wahrgenommen oder beispielhaft in welchen konkreten Zeitraum und als welche konkrete Person der Revisionswerber die Wohnung übergeben habe“. Darüber hinaus sei das LVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum „Überraschungsverbot“ abgewichen, indem von Amts wegen Einsicht in die Stromverbraucherdaten des Stromanbieters T. genommen worden und das Erkenntnis „maßgeblich unter Bezugnahme auf das Ergebnis dieser Auswertung begründet“ worden sei. Die Ergebnisse der Einsicht in die Stromverbrauchsdaten seien dem Revisionswerber in der ersten mündlichen Verhandlung nicht vorgehalten worden; an der zweiten Verhandlung am 25. Juli 2023 habe der Revisionswerber nicht teilgenommen, einem Vertagungsantrag habe das LVwG nicht Folge gegeben. Schließlich ergebe sich der vom LVwG festgestellte Sachverhalt „so nicht aus dem Akt“. „Bei richtiger Wiedergabe der Beweismittel“ hätte das LVwG zum Schluss kommen müssen, dass eine Nutzung der Wohnung zur Vermietung zu touristischen Zwecken nur bis Februar 2020 gegeben gewesen sei „und erst am 01.06.2021 wieder eine längerfristige Vermietung der Wohnung erfolgt“ sei; dieser Verfahrensmangel sei wesentlich, da das LVwG zu dem Schluss hätte kommen müssen, dass mit Februar 2021 die Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs. 1 VStG eingetreten sei und es das Verfahren hätte einstellen müssen.
4 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt dabei ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 19.2.2024, Ra 2024/06/0014, mwN).
9 Betreffend das in der Zulässigkeitsbegründung der Revision behauptete Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zunächst darauf hinzuweisen, dass ein Revisionswerber im Fall der Behauptung einer Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konkret darzulegen hat, dass der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichthofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. für viele etwa VwGH 14.12.2023, Ra 2023/05/0229, mwN). Dieser Anforderung wird die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht gerecht.
10 Soweit darüber hinaus zur Zulässigkeit damit argumentiert wird, durch die Wendung „zumindest im Zeitraum von April 2016 bis 26.01.2021“ betreffend den angelasteten Tatzeitraum sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Präzisierungspflicht hinsichtlich des Spruches von Straferkenntnissen abgewichen worden, ist dem Folgendes zu entgegnen: Bei der dem Revisionswerber im angefochtenen Erkenntnis angelasteten Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Dauerdelikt (siehe insoweit vergleichbar zu der entgegen den gesetzlichen Bestimmungen erfolgenden Nutzung einer Wohnung als Ferienwohnung nach dem Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 VwGH 23.3.2023, Ra 2020/06/0053, mit Verweis auf VwGH 30.9.2015, Ra 2014/06/0026, zu einer insoweit vergleichbaren Bestimmung nach dem Vorarlberger Raumplanungsgesetz). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei einem Dauerdelikt zur Feststellung der Identität der Tat erforderlich, Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch anzuführen; ist dies wie hier erfolgt, dann ist die Umschreibung des Anfanges eines Tatzeitraumes (ebenso wie jene von dessen Ende) mit „zumindest“ unbedenklich (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/07/0094, mwN).
11 Wenn zur Zulässigkeit der Revision weiters vorgebracht wird, das LVwG hätte (durch Einbeziehung von Stromverbrauchsdaten in die angefochtene Entscheidung) gegen das Überraschungsverbot verstoßen, ist dazu festzuhalten, dass ein – allfälliger Verstoß gegen das Überraschungsverbot nur dann zu einer Aufhebung der beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erledigung führen kann, wenn diesem Verfahrensmangel Relevanz zukommt, was im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof darzulegen ist (vgl. etwa VwGH 16.1.2023, Ra 2021/05/0223, mwN). Fallbezogen setzte sich das LVwG mit der dem Revisionswerber angelasteten Verwaltungsübertretung nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen im angefochtenen Erkenntnis – auch hinsichtlich des angelasteten Tatzeitraumes ausführlich auseinander und stützte sich in seiner Begründung nicht ausschließlich auf die vom Revisionswerber angesprochenen Stromverbrauchsdaten. Inwiefern dem in der Zulässigkeitsbegründung vorgeworfenen Verfahrensmangel daher Relevanz zukommen sollte, ist nicht ersichtlich und wird abgesehen davon, dass aus den Zulässigkeitsgründen der Revision auch nicht hervorgeht, aus welchen Gründen dem Revisionswerber die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 25. Juli 2023 nicht möglich gewesen sein sollte in der Revision auch nicht dargetan.
12 Auch mit dem Zulässigkeitsvorbringen betreffend eine angeblich eingetretene Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs. 1 VStG und einen damit in Zusammenhang stehenden behaupteten wesentlichen Verfahrensmangel wird schließlich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG aufgeworfen. Die Frage, ob die im Revisionsfall gegenständliche Wohnung im konkret angelasteten Tatzeitraum für die Nutzung als Freizeitwohnsitz überlassen wurde oder nicht, unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung könnte in diesem Zusammenhang nur dann vorliegen, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. dazu sinngemäß nochmals etwa VwGH 23.3.2023, Ra 2020/06/0053, mwN); Derartiges zeigen die Zulässigkeitsgründe der Revision nicht auf.
13 In der Revision werden damit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 6. Mai 2024