Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Anträge von 1. J sowie 2. A und 3. DI W, alle vertreten durch die RIHS Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Kramergasse 9/3/13, den gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 28. Juli 2023, LVwG AV 565/003 2023, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtrat der Stadtgemeinde Klosterneuburg; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: R und R ZT GmbH, vertreten durch Mag. Ender Bozkurt, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Sickenberggasse 10), erhobenen Revisionen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird den Anträgen nicht stattgegeben.
1 Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich entschied mit dem angefochtenen Erkenntnis über die Einwendungen der Revisionswerber gegen das Bauvorhaben der mitbeteiligten Partei. Es wies die Einwendungen von A und DI W zurück und jene des J als unbegründet ab.
2 Die vorliegenden, mit den Revisionen verbundenen Aufschiebungsanträge werden zusammengefasst mit dem Vorbringen begründet, das Bauvorhaben beeinträchtige die Revisionswerber in ihrem Schutz vor Immissionen, stehe in einem Widerspruch zu einer Bausperre, die Bebaubarkeit des eigenen Grundstücks werde stark eingeschränkt und der Abbruch des bestehenden Gebäudes, die Geländeveränderungen und die Bauführung wären irreversibel. Das Grundstück sei ein Spekulationsobjekt, die Abdeckung eines „Wohnbedarfs“ sei nicht erkennbar. Die Vollstreckung des angefochtenen Erkenntnisses wäre mit einem nicht wieder gut zu machenden Nachteil verbunden. Die Wiederherstellung könnte nur mit unverhältnismäßigen Kosten und Aufwendungen erfolgen. Die Interessen der Revisionswerber würden schwerer wiegen als jene der mitbeteiligten Partei. Ein öffentliches Interesse sei nicht ersichtlich.
3 Mit verfahrensleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Oktober 2023 wurde der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht, der mitbeteiligten Partei sowie der Niederösterreichischen Landesregierung die Revision samt Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zugestellt und die Möglichkeit zur Stellungnahme zum Aufschiebungsantrag binnen näher bezeichneter Frist eingeräumt.
4 Mit Schriftsatz vom 8. November 2023 teilte die belangte Behörde dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass dem Aufschub des Vollzuges des angefochtenen Erkenntnisses aus ihrer Sicht keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegenstünden. Nach Abwägung aller berührten Interessen wäre mit dem Vollzug des angeführten Erkenntnisses jedoch kein unverhältnismäßiger Nachteil für die Revisionswerber verbunden, zumal die durch das angefochtene Erkenntnis berechtigte mitbeteiligte Partei alleine das mit der sofortigen Ausübung der Baumaßnahmen verbundene Risiko verlorener Aufwendungen und sonstiger Nachteile für den Fall des späteren Obsiegens der Revisionswerber trage (Verweis auf VfGH 16.10.2023, E 2949/2023 4). Auch die mitbeteiligte Partei sprach sich unter Verweis auf den angeführten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes gegen die Stattgabe des Aufschiebungsantrages aus.
5 Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
6 Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist es erforderlich, dass der Revisionswerber schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne Weiteres erkennen lassen (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa VwGH 18.11.2021, Ra 2021/05/0189, mwN).
7 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Provisorialverfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu beurteilen, und es haben Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des Revisionsverfahrens bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben. Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Revision erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen des Verwaltungsgerichtes auszugehen, was jedenfalls Annahmen betrifft, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw. die ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen (vgl. erneut VwGH 18.11.2021, Ra 2021/05/0189, mwN).
8 Die bloße Ausübung der mit einer Bewilligung eingeräumten Berechtigung während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kann für sich allein nicht als unverhältnismäßiger Nachteil angesehen werden, während das Interesse eines Bauwerbers an der baldigen Umsetzung seines Bauvorhabens auf der Hand liegt. Im Fall des Obsiegens des Revisionswerbers als Nachbarn hat allein der Bauwerber die Folgen einer dann allenfalls eingetretenen Konsenslosigkeit des ausgeführten Baues und die damit verbundenen finanziellen Nachteile zu tragen und wäre die Behörde von Amts wegen verpflichtet, für die Beseitigung eines dann konsenslos errichteten Baues zu sorgen (vgl. VwGH 4.8.2022, Ro 2022/05/0010, mwN, vgl. auch VwGH 24.6.2022, Ra 2022/05/0115).
9 Im vorliegenden Fall sind die dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegenden Sachverhaltsannahmen nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen. Dass ein allfälliger späterer Abbruch bzw. eine Rückgängigmachung von Baumaßnahmen und Geländeveränderungen tatsächlich undurchführbar wäre, behaupten die Revisionswerber nicht konkret. Mit dem genannten zur Darlegung eines unverhältnismäßigen Nachteiles im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG nicht ausreichend konkretisierten Antragsvorbringen wird vor dem Hintergrund des bisher Gesagten ein unverhältnismäßiger Nachteil von den Revisionswerbern nicht dargetan.
10 Den Anträgen auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher nicht stattzugeben.
Wien, am 21. November 2023
Rückverweise