Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des S Z, vertreten durch Univ. Doz. DDr. Alexander Egger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Biberstraße 5, dieser vertreten durch Mag. Clemens Lahner, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Burggasse 116, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Jänner 2022, L525 2147569 1/52E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Iran, stellte am 14. Juni 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 30. Jänner 2017 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei, und legte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer Verhandlung (mit mehreren Tagsatzungen) als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf das Vorbringen zur Konversion zusammengefasst aus, der Revisionswerber habe aus näher genannten Gründen nicht glaubwürdig darlegen können, dass er aufgrund eines inneren Entschlusses zum Christentum konvertiert sei. Es handle sich um eine Scheinkonversion.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe die Scheinkonversion nicht entsprechend der in der Revision näher zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung beurteilt und keine Gesamtbetrachtung sämtlicher Umstände vorgenommen, sondern die mangelnde Überzeugungskraft des Beweggrundes für die Konversion des Revisionswerbers in den Vordergrund gestellt und für das Vorliegen einer Scheinkonversion genügen lassen. Die übrigen Umstände, wie sein Wissen über das Christentum, die Besuche der Gottesdienste und die religiösen Aktivitäten, habe es außer Acht gelassen. Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht die Aussagen von Zeuginnen nicht umfassend, sondern bloß punktuell gewürdigt und berücksichtigt.
9 Nach der Rechtsprechung kommt es bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung der vorliegenden Beweismittel, etwa von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten, zu ermitteln ist. In Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum ist nicht entscheidend, ob der Religionswechsel durch die Taufe erfolgte oder bloß beabsichtigt ist. Wesentlich ist vielmehr, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden (vgl. VwGH 15.12.2022, Ra 2022/20/0228, mwN).
10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der zur Rechtskontrolle berufene Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 11.7.2023, Ra 2023/20/0253, mwN).
11 Das Bundesverwaltungsgericht hat nach Durchführung einer Verhandlung mit mehreren Tagsatzungen, in denen es sich einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschaffte, die Pfarrerin sowie zwei weitere Zeuginnen, welche ebenso Mitglieder der evangelischen Kirche A.B. sind, als Zeuginnen zu seinen religiösen Aktivitäten befragt. Es gelangte mit ausführlicher Begründung, in der es auch die Aussagen der vernommenen Zeuginnen in nicht unschlüssiger Weise würdigte, zu dem Ergebnis, dass der Revisionswerber nicht aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert sei. Der Revisionswerber, der nur einzelne Aspekte der umfangreichen beweiswürdigenden Erwägungen anspricht und sich gegen die Würdigung der Zeugenaussagen wendet, zeigt nicht auf, dass die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts insgesamt als unvertretbar zu werten wäre.
12 Es trifft auch nicht zu, dass die Angaben der vom Bundesverwaltungsgericht vernommenen Zeuginnen nicht berücksichtigt worden wären. Wenn der Revisionswerber eine ausführlichere Auseinandersetzung mit den Angaben der Zeuginnen einfordert, bezieht er sich dabei in erster Linie nicht auf die von ihnen gemachten Wahrnehmungen, sondern auf deren Bewertung. Das Bundesverwaltungsgericht war aber nicht gehalten, diesen zu folgen.
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 24. April 2024