JudikaturVwGH

Ra 2022/08/0090 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
25. März 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin sowie den Hofrat Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision des E A in L, vertreten durch Mag. Dr. Christoph Zehentmayer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Hauptplatz 30, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2022, L511 2244068 1/11E, betreffend Einstellung des Bezugs von Notstandshilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice Linz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gegen einen Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Linz (AMS), mit dem der Notstandshilfebezug des Revisionswerbers mangels Arbeitswilligkeit ab dem 3. April 2021 eingestellt wurde, ab.

2 Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass mit näher bezeichneten Entscheidungen bereits für die Zeiträume von 17. Februar bis 29. März 2020 sowie von 7. September bis 1. November 2020 gemäß § 10 AlVG gegenüber dem Revisionswerber rechtskräftig der Verlust des Leistungsanspruchs ausgesprochen worden sei. Dem ersten Fall sei zugrunde gelegen, dass sich der Revisionswerber „bei der Firma K“ nach Zuweisung eines Stellenangebots nicht beworben habe. Im zweiten Fall sei der Anspruchsverlust damit begründet worden, dass der Revisionswerber mit seinem Bewerbungsschreiben unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe, an der angebotenen Stelle kein Interesse zu hegen, weshalb es sich um eine geradezu idealtypische Vereitelungshandlung handle (das Bundesverwaltungsgericht gab den Wortlaut der Bewerbung des Revisionswerbers für die damals angebotene Stelle als „Schädlingsbekämpfer“ wieder; darin bewarb sich der Revisionswerber „für die freie Stelle als Immobilienberater“ und hob diverse Qualifikationen und Erfahrungen als Immobilienmakler bzw. -berater hervor).

3 Am 26. März 2021 habe das AMS dem Revisionswerber ein Stellenangebot für eine Teilzeitbeschäftigung mit 20 Wochenstunden als Zustellfahrer bei der Textilpflege Z GmbH übermittelt. Er habe sich beworben und nach telefonischer Kontaktaufnahme angegeben, im Fall des Zustandekommens der Teilzeitbeschäftigung weiter nach einer Vollzeitstelle suchen zu wollen. Die Z GmbH habe den Revisionswerber nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, weil sie die Stelle langfristig besetzen habe wollen.

4 Am 8. April 2021 habe das AMS dem Revisionswerber eine Vollzeitbeschäftigung als Hilfskraft in der Rotorwicklung bei der H GmbH übermittelt. Die Bewerber sollten „möglichst Berufserfahrung in Handwerk oder Industrie aufweisen können“. Das AMS habe die Vorauswahl der Bewerber für die H GmbH vorgenommen und die Bewerbung des Revisionswerbers an die H GmbH deswegen nicht weitergeleitet, weil eine Arbeitswilligkeit als Hilfskraft in der Rotorwicklung nicht erkennbar gewesen sei, zumal die Bewerbung keinen Bezug zur ausgeschriebenen Stelle hergestellt, sondern die Erfahrung im Immobilienbereich in den Vordergrund gestellt habe (das Bundesverwaltungsgericht gab auch hier den Wortlaut der Bewerbung des Revisionswerbers wieder).

5 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 27.8.2019, Ra 2018/08/0008) könne aus wiederholten Vereitelungshandlungen iSd § 10 AlVG oder wenn der Arbeitslose erkennen lasse, dass er über längere Zeit hinweg keine neue Arbeit anzunehmen gewillt sei, oder aus unmittelbaren Äußerungen des Arbeitslosen auf (generelle) Arbeitsunwilligkeit geschlossen werden. Voraussetzung für die Einstellung der Notstandshilfe mangels Arbeitswilligkeit sei die generelle Ablehnung der Annahme einer zumutbaren, die Arbeitslosigkeit ausschließenden Beschäftigung. Wenn aber die binnen kurzer Zeit wiederholte „Erfüllung des Tatbestandes des § 9 AlVG“ als Richtschnur gälten drei festgestellte Vereitelungshandlungen innerhalb eines Jahres zu temporären Verlusten der Notstandshilfe im Sinne des § 10 AlVG geführt habe, könne aus dem Verhalten des Arbeitslosen geschlossen werden, dass bei ihm eine generelle Ablehnung der Annahme zumutbarer Beschäftigungen vorliege und es damit auf Dauer an der Arbeitswilligkeit mangle (Hinweis u.a. auf VwGH 25.6.2021, Ra 2020/08/0169). Der Revisionswerber habe binnen kurzer Zeit im Februar 2020, im September 2020 und zweimal im April 2021 mehrere ihm angebotene zumutbare Beschäftigungen vereitelt. Es lägen daher die Voraussetzungen für die Annahme einer generellen Arbeitsunwilligkeit vor.

6 Die Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das Bundesverwaltungsgericht für nicht zulässig.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Zur Begründung der Zulässigkeit seiner Revision bringt der Revisionswerber vor, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach es eine Voraussetzung für die Zuweisungstauglichkeit einer Beschäftigung sei, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten des Arbeitslosen jenen entsprechen, die bei der zugewiesenen Arbeitsstelle verlangt werden („Übereinstimmung mit dem Anforderungsprofil“). Wenn die arbeitslose Person dem vom Dienstgeber bekannt gegebenen Anforderungsprofil nicht entspreche, sei die Zuweisung zur betreffenden Stelle unzulässig (Hinweis auf VwGH 30.9.1997, 97/08/0414; 17.10.2007, 2006/08/0016). Das Anforderungsprofil der H GmbH habe „Berufserfahrung in Handwerk und Industrie (Maschinenbedienung)“ verlangt. Der Revisionswerber habe diese Anforderung objektiv nicht erfüllt. Selbst wenn er diese objektiv erfüllt haben sollte, wäre dieser Umstand „keinesfalls vom bedingten Vorsatz des Revisionswerbers umfasst“ gewesen. In diesem Punkt weiche das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach sich der Vorsatz einer vorwerfbaren Vereitelungshandlung auf sämtliche Tatbestandsmerkmale, sohin auch auf die Zumutbarkeit, erstrecken müsse (Hinweis auf VwGH 17.2.2022, Ra 2020/08/0190).

12 Mit dem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, 97/08/0414, übersieht der Revisionswerber, dass dieses zu dem (nunmehr in § 9 Abs. 3 AlVG geregelten) Zumutbarkeitskriterium des Berufs- bzw. Entgeltschutzes ergangen ist, welches aber bei Bezug der Notstandshilfe wie im Fall des Revisionswerbers von vornherein nicht zum Tragen kommen kann (vgl. VwGH 7.5.2008, 2007/08/0084).

13 Es trifft zu, dass Grundvoraussetzung für die Zuweisungstauglichkeit einer Beschäftigung an eine arbeitslose Person ist, dass deren Kenntnisse und Fähigkeiten jenen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen, die an der zugewiesenen Arbeitsstelle verlangt werden (vgl. VwGH 4.9.2013, 2011/08/0092, mwN, sowie etwa das vom Revisionswerber zitierte Erkenntnis VwGH 17.10.2007, 2006/08/0016). Ist eine Beschäftigung nicht evident unzumutbar und hat das AMS nicht von vornherein (etwa auf Grund eines diesbezüglichen Einwands des Arbeitslosen) Kenntnis von einem die Unzumutbarkeit der Beschäftigung begründenden Umstand, so kann es den Arbeitslosen zu dieser Tätigkeit zuweisen. Es liegt dann am Arbeitslosen, bei einem Vorstellungsgespräch mit dem potentiellen Dienstgeber die näheren Bedingungen der bekannt gegebenen Beschäftigungsmöglichkeit zu erörtern (vgl. etwa VwGH 23.8.2021, Ra 2021/08/0029; 10.5.2022, Ra 2020/08/0153; 19.10.2011, 2008/08/0251; jeweils mwN). Die damit angesprochene Frage der Zuweisungstauglichkeit einer Beschäftigung unterliegt regelmäßig einer Beurteilung im Einzelfall (vgl. VwGH 2.11.2022, Ra 2021/08/0133); eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre.

14 Dass die zugewiesene Stelle bei der H GmbH (für das AMS bzw. den Revisionswerber) schon von vornherein als unzumutbar erkennbar gewesen wäre, ist im Revisionsfall nicht ersichtlich. Soweit mit dem Vorbringen die „Übereinstimmung mit dem Anforderungsprofil“ bestritten wird, ist festzuhalten, dass sich aus den Feststellungen nicht ergibt, dass mit der Erwähnung von Berufserfahrung im Stellenangebot eine unabdingbare Einstellungsvoraussetzung formuliert worden wäre, sondern diese vielmehr erkennbar (arg: „möglichst“) nur als Präferenz zu verstehen war.

15 Auch bewirkt das bloße Fehlen einer vom Arbeitgeber nur erwünschten Qualifikation keine Unzumutbarkeit. Die Bestimmungen über die Zumutbarkeit einer zugewiesenen Beschäftigung (vgl. § 9 Abs. 2 AlVG) haben nicht den Sinn, die Interessen des Arbeitgebers an einer möglichst optimalen Besetzung der Arbeitsstelle zu schützen, sondern sie dienen dem Schutz des Arbeitnehmers vor unzumutbaren Arbeitsbedingungen. Einem Mitarbeiter erwächst jedenfalls bei manuellen Hilfstätigkeiten in der Regel kein Nachteil daraus, dass der Dienstgeber bei seiner Einstellung von seinen ursprünglichen Qualifikationsvorstellungen abrückt. Etwas anderes könnte gelten, wenn sich im Zuge des Bewerbungsverfahrens herausstellt, dass ein Arbeitgeber Defizite hinsichtlich des Anforderungsprofils nicht akzeptieren wird und daher von vornherein mit einer Überforderung eines nicht entsprechend qualifizierten Dienstnehmers zu rechnen wäre. Eine solche Nichtakzeptanz der Abweichung von einem Anforderungsprofil ist jedoch nicht zu vermuten (vgl. VwGH 24.07.2013, 2011/08/0209). Der Revisionsfall lässt keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass es im Fall der Aufnahme der angebotenen Beschäftigung zu Arbeitsbedingungen gekommen wäre, die für den Revisionswerber unzumutbar gewesen wären.

16 Mit der Bezugnahme auf die im Stellenangebot geäußerten Vorstellungen („möglichst Berufserfahrung in Handwerk oder Industrie“) gelingt es dem Revisionswerber aber auch nicht aufzuzeigen, dass die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, das vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes des Revisionswerbers ausging, unvertretbar wäre, zumal nicht ersichtlich ist, dass der Revisionswerber von vornherein schon Grund zur Annahme gehabt hätte, dass es sich dabei um eine für den Arbeitgeber unabdingbare, vom Revisionswerber unerfüllbare Einstellungsvoraussetzung gehandelt hätte.

17 Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit der Revision ferner damit, dass es „keine schuldhafte Vereitelungshandlung“ dargestellt habe, wenn er „im Bewerbungsschreiben bloß wahrheitsgemäß seine Fähigkeiten geschildert“ habe. Dass sich diese „nicht mit dem Anforderungsprofil der H GmbH decken“, könne ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden. Es ergebe sich aus der Rechtsprechung, dass „die wahrheitsgemäße Angabe der eigenen Qualifikation im Bewerbungsschreiben keine schuldhafte Vereitelungshandlung“ begründe (Hinweis auf VwGH 7.5.2008, 2007/08/0163).

18 Auch die Beurteilung, ob eine Vereitelung im Sinn des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG vorliegt, ist aber eine solche des jeweiligen Einzelfalles. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. zB VwGH 29.4.2024, Ra 2024/08/0038, mwN).

19 Er trifft nicht zu, dass nach der hg. Rechtsprechung der Umstand, dass die Angaben eines Arbeitslosen anlässlich seiner Bewerbung (zB über berufliche Qualifikationen) der Wahrheit entsprechen, als solcher bereits das Vorliegen einer Vereitelungshandlung ausschließt. Es kommt vielmehr auf die näheren Umstände solcher - wenn auch wahrheitsgemäßer - Angaben an (vgl. zur Mitberücksichtigung weiterer Umstände zB VwGH 20.5.1987, 86/08/0211; VwGH 16.2.1999, 97/08/0572). So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa bei Hinweis eines Bewerbers auf besondere, für die angebotene Beschäftigung nicht relevante Qualifikationen eine Vereitelung bejaht (VwGH 22.2.2012, 2009/08/0092). Ähnlich verhält es sich im vorliegenden Fall, in dem eine auffallende Diskrepanz zwischen den Merkmalen der angebotenen Stelle und den im Bewerbungsschreiben erwähnten Erfahrungen und Qualifikationen zu sehen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Vorliegen einer Vereitelungshandlung auf den Umstand gestützt, dass der Revisionswerber in seinem Bewerbungsschreiben nicht auf die ausgeschriebene Stelle eingegangen sei, sondern seine Ausbildung und Erfahrung im Immobilienbereich „in den Vordergrund gestellt“ habe. Es hat zusätzlich darauf Bezug genommen, dass dem Revisionswerber bereits auf Grund der zu seinem ähnlichen Verhalten in einem früheren Fall ergangenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bewusst gewesen sein müsse, dass ein solches Bewerbungsschreiben „unmissverständlich zum Ausdruck“ bringe, dass er „gerade kein Interesse an der angebotenen Stelle hegt“. Diesen Aspekten tritt die Zulässigkeitsbegründung nicht weiter entgegen, womit es ihr nicht gelingt aufzuzeigen, dass die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts (auch in Ansehung des erforderlichen Vorsatzes) in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre.

20 In Bezug auf das Stellenangebot einer Teilzeitstelle bei der Z GmbH stützt sich die Zulässigkeitsbegründung zusammengefasst darauf, dass diese Beschäftigung nicht zur Existenzsicherung des Revisionswerbers gereicht hätte. Durch die Novelle BGBl. I Nr. 77/2004 hätten die Zumutbarkeitsregelungen des AlVG eine „umfassende Änderung“ erfahren und sei „der dem Arbeitslosenversicherungsrecht innewohnende Existenzsicherungsgedanke erstmals auch im Rahmen der Zumutbarkeitsbestimmungen hervorgehoben worden“. Für die mit dem Vermittlungsvorschlag betreffend die Z GmbH zugewiesene Beschäftigung im Ausmaß von 20 Wochenstunden wäre ein Stundenlohn von € 9,60 angeboten worden. Aus dem Beschäftigungsausmaß und dem Stundenlohn ergebe sich ein „Bruttobezug von ca. € 825,00 (20 Stunden x € 9,60 / Stunde x 4,3)“. Ungeachtet des (nicht festgestellten) kollektivvertraglichen Mindestgehalts sei die Existenzsicherung nur dann gewährleistet, wenn mit der zugewiesenen Stelle zumindest ein (Netto)Gehalt in Höhe des Existenzminimums erreicht werde. Das Existenzminimum habe im Jahr 2021 € 1000 betragen; das mit der zugewiesenen Stelle verbundene Entgelt hätte „brutto etwa € 825,- und netto ca € 700, “ betragen. Mangels „Existenzsicherung“ liege damit keine zumutbare Stelle vor.

21 Dass die Entlohnung der angebotenen Stelle die maßgebliche Geringfügigkeitsgrenze überschritten hätte, bestreitet der Revisionswerber nicht. Ein Arbeitsloser muss (auch) zur Annahme einer (die Geringfügigkeitsgrenze überschreitenden und Arbeitslosigkeit daher ausschließenden) Teilzeitbeschäftigung bereit sein, um das Erfordernis der Arbeitswilligkeit zu erfüllen (VwGH 29.1.2014, 2013/08/0265). Soweit der Revisionswerber mit seinem Vorbringen auf das „Existenzminimum“ Bezug nimmt, ist dem entgegenzuhalten, dass weder der Umstand, dass es sich um eine Teilzeitbeschäftigung handelt, noch der Umstand, dass die (die Geringfügigkeitsgrenze überschreitende) Entlohnung der Stelle bestimmte Einkommensvorstellungen nicht erfüllt, zur Unzumutbarkeit der Beschäftigung führt. Auf das bisherige Einkommen und die individuelle Bedarfslage (den notwendigen Lebensunterhalt bzw. das Existenzminimum) sowie die Möglichkeit einer Deckung aus der für die angebotene Beschäftigung vorgesehenen Entlohnung kommt es nicht an (vgl. VwGH 23.3.2015, Ro 2014/08/0023), weshalb das Vorbringen auch unter den ins Treffen geführten Gesichtspunkten mangelnder „Vorwerfbarkeit“ bzw. mangelnden Vorsatzes ins Leere geht.

22 Soweit der Revisionswerber im Rahmen seiner Ausführungen zum „Existenzminimum“ erwähnt, das kollektivvertragliche Mindestgehalt sei „nicht festgestellt“ worden, ist festzuhalten, dass der Revisionswerber den Vorhalten des AMS, es handle sich bei der Teilzeitbeschäftigung im Ausmaß von 20 Stunden pro Woche um das Angebot einer Beschäftigung „mit mindestens kollektivvertraglicher Entlohnung von € 9,6 brutto pro Stunde“, im Verfahren vor dem AMS und im Beschwerdeverfahren nicht entgegengetreten ist und auch sonst kein Vorbringen zur Höhe der angebotenen Entlohnung erstattet hat, sondern (in einem Schreiben vom 7. Juni 2021) zusammengefasst nur ausgeführt hat, dass seine Bekundung der Absicht, auch nach der angebotenen Einstellung „für 20h“ weiterhin nach einer „Vollzeitbeschäftigung“ suchen zu wollen, keine Vereitelungshandlung dargestellt habe.

23 Dass das Bundesverwaltungsgericht vor diesem Hintergrund zu näheren Ermittlungen oder Feststellungen veranlasst gewesen wäre (und welches für den Verfahrensausgang relevante Ergebnis dabei zu erreichen gewesen wäre), wird im Zulässigkeitsvorbringen nicht vorgebracht.

24 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann darin, dass ein Arbeitsloser beim Vorstellungsgespräch, wenn auch wahrheitsgemäß, zum Ausdruck bringt, die mit der Spezifikation einer Dauerstellung angebotene zumutbare Beschäftigung nur als Übergangslösung zu betrachten, eine Vereitelungshandlung gesehen werden. Dies gilt etwa auch dann, wenn der Arbeitssuchende beim Vorstellungsgespräch bei einer angebotenen Teilzeitbeschäftigung zum Ausdruck bringt, nur an einer Ganztagsbeschäftigung interessiert zu sein (daher auch, wenn er wie im vorliegenden Fall ankündigt, weiterhin nach einer Vollzeitbeschäftigung zu suchen), weil dann ebenfalls seine Arbeitswilligkeit bezogen auf den konkret angebotenen Arbeitsplatz in Zweifel gestellt ist (in diesem Sinn zB VwGH 19.9.1989, 88/08/0162). Davon ist das Bundesverwaltungsgericht nicht abgewichen.

25 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. März 2025

Rückverweise