Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des J P in B, vertreten durch Mag. Martin Paar, Mag. Hermann Zwanzger und Mag. Tobias Praschl Bichler, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 25. August 2022, LVwG AV 838/001 2022, betreffend eine Angelegenheit des Niederösterreichischen Straßengesetzes 1999 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde Himberg; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den im gemeindeinternen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeindesvorstandes der Marktgemeinde Himberg vom 10. Juni 2022, mit welchen die Berufung des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Himberg, mit dem gemäß § 7 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Niederösterreichisches Straßengesetz 1999 (NÖ Straßengesetz 1999) festgestellt worden war, dass dem als Verkehrsfläche gewidmeten Grundstück X, KG V, die Merkmale der Öffentlichkeit zukommen und dieses Grundstück „zur Gemeindestraße für den gesamten Fahrzeug und Fußgängerverkehr erklärt“ werde, abgewiesen worden war, zurück und erklärte eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig.
In seiner Begründung verwies das LVwG auf Art. 130 Abs. 1 Z 1 und Art. 132 Abs. 1 Z 1 B VG, wonach eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht nur erheben könne, wer in seinen Rechten verletzt zu sein behaupte. Gemäß § 27 VwGVG habe das LVwG die Beschwerde nur im Umfang der (behaupteten) möglichen Rechtsverletzung zu überprüfen (Hinweis auf VwGH 23.5.2017, Ro 2015/05/0021). Als Recht, in dem sich der Revisionswerber als verletzt erachtet habe, könne nur sein Eigentumsrecht identifiziert werden; von einem dinglichen Recht, das dem Revisionswerber zustünde, sei im gesamten Verfahren keine Rede gewesen. Sein Eigentumsrecht habe der Revisionswerber jedoch bereits vor Einbringen der Beschwerde verloren, daher komme eine Verletzung dieses Rechtes nicht mehr in Betracht, eine Verletzung desselben sei demnach denkunmöglich. Daran vermöge das nach Ablauf der Beschwerdefrist behauptete Dienstbarkeitsrecht des Gehens und Fahrens nichts zu ändern, weil nicht zu erkennen sei, wodurch der Revisionswerber durch die Erklärung zur von der Gemeinde zu erhaltenden - Privatstraße in seinem Dienstbarkeitsrecht verletzt sein könnte.
5 In der Zulässigkeitsbegründung bringt die Revision zusammengefasst vor, gemäß § 27 VwGVG sei die Formulierung eines Beschwerdepunktes nicht notwendiger Inhalt einer Beschwerde (Hinweis auf VwGH 9.9.2015, Ro 2015/03/0032); der Prüfumfang des LVwG umfasse nicht nur das Vorbringen des Revisionswerbers, sondern es sei auch das Amtswegigkeitsprinzip des § 39 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG zu beachten; demnach wäre es am LVwG gelegen, zu prüfen, ob dem Revisionswerber eine Parteistellung zugekommen sei. Allenfalls hätte das LVwG einen Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG erteilen müssen.
Es bestehe auch noch keine hg. Rechtsprechung zu der Frage, ob einem dinglich Berechtigten an einer Privatstraße, der nicht Eigentümer sei, im Verfahren gemäß § 7 NÖ Straßengesetz 1999 Parteistellung und Beschwerdelegitimation zukomme.
6 Der Revision ist insofern zuzustimmen, als das Erfordernis eines Beschwerdepunktes als notwendiger Inhalt einer an ein Verwaltungsgericht gerichteten Beschwerde nicht in Betracht kommt (vgl. etwa VwGH 9.9.2015, Ro 2015/03/0032, mwN). Daher war ein Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG nicht erforderlich.
Parteibeschwerden im Sinn des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B VG sind jedoch nur insoweit zu prüfen, als die Frage einer Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten Gegenstand ist (vgl. nochmals VwGH vom 9.9.2015, Ro 2015/03/0032, mwN). Ausschlaggebend für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ist demnach, ob der Beschwerdeführer nach Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit in einem subjektiven Recht überhaupt verletzt sein kann. Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, so mangelt es ihm an der Beschwerdeberechtigung. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit wird immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl. VwGH 28.4.2021, Ro 2020/09/0013, Rn. 12, mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof führte in VwGH 12.11.2012, 2011/06/0145, zu § 7 Abs. 3 zweiter Satz NÖ Straßengesetz 1999 betreffend einen dinglich Berechtigten aus:
„Sofern § 7 Abs. 3 zweiter Satz NÖ Straßengesetz 1999 daher vorsieht, dass die Eigentümer der Privatstraße und die daran dinglich Berechtigten als ‚Pareien‘ zur Verhandlung zu laden sind, ist dies im Zusammenhang mit dessen Abs. 4 letzter Satz zu sehen, wonach privatrechtliche Einwendungen, sofern darüber keine Einigung erzielt werden kann, auf den Zivilrechtsweg zu verweisen sind. Ein subjektives öffentliches Recht auf die Feststellung der Öffentlichkeit einer Straße wird dadurch jedenfalls nicht begründet. Da der mitbeteiligten Partei somit wie dargelegt nach dem NÖ Straßengesetz 1999 kein subjektives Recht hinsichtlich der Feststellung der Öffentlichkeit einer Straße zukommt, konnte sie durch die Feststellung des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 25. Februar 2011, dass die verfahrensgegenständliche Straße keine Privatstraße mit Öffentlichkeitscharakter darstellt, auch nicht in Rechten verletzt sein.“
Auch durch die im hier zu beurteilenden Verfahren erfolgte Feststellung, dass dem verfahrensgegenständlichen Grundstück, an welchem dem Revisionswerber als Eigentümer eines näher bezeichneten herrschenden Grundstücks die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens zukommt, die Merkmale der Öffentlichkeit (gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 NÖ Straßengesetz 1999) zukommen, kann nach dem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung keine Verletzung von subjektiv öffentlichen Rechten des Revisionswerbers erfolgt sein. Dieser brachte zwar vor, dinglich Berechtigter am verfahrensgegenständlichen Grundstück zu sein, und berief sich dabei ausschließlich auf die Dienstbarkeit des Fahrens und Gehens. In dieses Recht wird jedoch durch die Feststellung, dass dem Grundstück die Merkmale der Öffentlichkeit zukommen, nicht eingegriffen. Auf ein dingliches Recht, das es ihm erlauben würde, anstelle des Grundeigentümers einen bestimmten Personenkreis von der Benützung des Privatgrundes auszuschließen nur darauf kann es in diesem Zusammenhang ankommen (vgl. dazu zum Steiermärkischen Landes Straßenverwaltungsgesetz VwGH 26.6.1997, 97/06/0127) berief sich der Revisionswerber nicht. An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand, dass dinglich Berechtigte gemäß § 7 Abs. 3 NÖ Straßengesetz 1999 als Partei zur Verhandlung zu laden sind, nichts.
Den Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis, wonach der Revisionswerber in seinem Eigentumsrecht nicht mehr habe verletzt sein können und unabhängig davon, ob das behauptete Dienstbarkeitsrecht rechtzeitig vorgebracht wurde in diesem durch die Erklärung der Privatstraße mit Öffentlichkeitscharakter nicht verletzt werden könne, tritt die Revision in der Zulässigkeitsbegründung nicht entgegen und bringt auch kein anderes subjektiv öffentliches Recht vor, auf das der Revisionswerber seine Beschwerdelegitimation stützen könnte. Vor diesem Hintergrund wies das LVwG die Beschwerde des Revisionswerbers im Ergebnis zu Recht zurück.
7 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 1. Februar 2023