JudikaturVwGH

Ra 2022/03/0273 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
06. Februar 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des G D in R, vertreten durch Anzböck Brait Rechtsanwälte GmbH in 3430 Tulln, Stiegengasse 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 18. Oktober 2022, Zl. LVwG 752732/8/BP/NIF, betreffend Verhängung eines Waffen- und Munitionsverbots (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Linz Land), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis verhängte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in Bestätigung eines entsprechenden Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land über den Revisionswerber ein Waffen- und Munitionsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) und erklärte die Revision für nicht zulässig.

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber habe am 14. Juli 2022, gegen 9:30 Uhr, aus dem geöffneten Fahrerfenster seines am rechten Fahrbahnrand der R Straße angehaltenen Fahrzeuges mit dem Schrotgewehr einen Schuss auf eine Krähe abgegeben. Er habe die Schussabgabe vorgenommen, obwohl sich hinter ihm ein Fahrzeug befunden habe, das im Begriff gewesen sei, vorbeizufahren. Dessen Lenker habe eine Vollbremsung einleiten müssen und sein Fahrzeug nur knapp vor dem Gewehrlauf des Revisionswerbers zum Stillstand gebracht. Schon das Anhalten des Fahrzeuges auf einer grundsätzlich befahrenen Straße zur Abgabe des Gewehrschusses aus dem geöffneten Seitenfenster über die Gegenfahrbahn hinweg sei als äußerst bedenklich zu qualifizieren. Dazu komme, dass der Revisionswerber offensichtlich jegliche Sorgfalt hinsichtlich des nachkommenden Straßenverkehrs habe vermissen lassen. Dieses extrem hohe Gefährdungspotential von anderen Verkehrsteilnehmern rechtfertige das gegenständliche Waffen- und Munitionsverbot.

3 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit geltend gemacht wird, dass es keine höchstgerichtliche Entscheidung gebe, die genau den hier gegenständlichen Sachverhalt betreffe, der im Sinne der Judikatur einen entsprechenden Ermessensspielraum gebe. Die Verhängung eines Waffenverbotes verlange eine ganz konkrete Gefährdung, die etwa von der Staatsanwaltschaft Linz durch Einstellung des Strafverfahrens gegen den Revisionswerber verneint worden sei.

4 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht wie im vorliegenden Fall im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

6 § 12 Abs. 1 WaffG erlaubt es nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, im Interesse der öffentlichen Sicherheit bestimmten Menschen den Besitz von Waffen überhaupt zu verbieten. Danach ist (zusammengefasst) für die Verhängung eines Waffenverbots entscheidend, ob der angenommene Sachverhalt „bestimmte Tatsachen“ im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG begründet, ob also die Annahme gerechtfertigt ist, der Betroffene könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden. Hierbei ist nach dem dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Schusswaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen. Schon ein einmaliger Vorfall vermag ungeachtet eines untadeligen Vorlebens die Verhängung eines Waffenverbots nach § 12 Abs. 1 WaffG zu rechtfertigen (vgl. etwa VwGH 13.7.2022, Ra 2022/03/0034, mwN).

7 Im gegenständlichen Fall stützte das Verwaltungsgericht die Annahme, der Revisionswerber könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden, weshalb ein Waffen- und Munitionsverbot zu erlassen sei, auf einen näher umschriebenen Vorfall, bei dem der Revisionswerber durch Schussabgabe auf eine Krähe aus dem Fenster seines angehaltenen Fahrzeuges über die Gegenfahrbahn hinweg andere Verkehrsteilnehmer gefährdet hatte. Dass diese Beurteilung des Verwaltungsgerichts von den durch die höchstgerichtliche Rechtsprechung hinreichend präzisierten rechtlichen Leitlinien abgewichen wäre, vermag die Revision nicht aufzuzeigen.

8 Anders als die Revision vermeint, steht die Verhängung des Waffenverbots nicht im Ermessen der Behörde, wenn eine Gefahr im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG besteht; sind die in § 12 WaffG normierten Voraussetzungen für die Erlassung eines Waffenverbots gegeben, ist nach § 12 Abs. 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen (vgl. etwa VwGH 26.4.2016, Ra 2015/03/0079).

9 Auch der Hinweis der Revision auf die Einstellung des wegen des Vorfalles geführten Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Linz ändert nichts, weil die Frage der Erlassung des Waffenverbots nach den hierfür vom WaffG vorgesehenen Kriterien von der Waffenbehörde bzw. dem in weiterer Folge angerufenen Verwaltungsgericht ohne Bindung an die Entscheidung der Staatsanwaltschaft eigenständig zu beurteilen ist (vgl. etwa VwGH 1.4.2022, Ra 2022/03/0037, mwN).

10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 6. Februar 2023

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