JudikaturVwGH

Ra 2021/06/0160 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
16. November 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. des K S und 2. des A S, beide in K, beide vertreten durch Dr. Josef Hofer und Mag. Dr. Thomas Humer, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Dr. Koss Straße 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 26. Juli 2021, 405 3/815/1/20 2021, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau; mitbeteiligte Partei: A GmbH in F, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Erzabt Klotz Straße 21A), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerber haben der mitbeteiligten Partei (zu gleichen Teilen) Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde (unter anderem) der Revisionswerber gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 16. Februar 2021, mit dem der mitbeteiligten Partei gemäß § 9 Baupolizeigesetz 1997 (BauPolG) die baubehördliche Bewilligung für die Neuerrichtung eines Apartementhotels unter Vorschreibung von Auflagen erteilt worden war, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass im Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 3 Salzburger Bautechnikgesetz 2015 (BauTG) in Verbindung mit § 9 Abs. 2 BauPolG eine weitere Auflage (Punkt 30.) angefügt wurde (Spruchpunkt I. und II.). Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).

5 Begründend stellte das Verwaltungsgericht soweit für den Revisionsfall wesentlich fest, dass sich die Bauliegenschaft im Gefährdungsbereich von Hochwasser befinde, laut Gefahrenzonenplan in der gelben Gefahrenzone der K. Ache, die unmittelbar westlich der Bauliegenschaft und der Liegenschaft der Revisionswerber verlaufe. Die Revisionswerber seien die Eigentümer des nördlich der Bauliegenschaft gelegenen Grundstücks, das weniger als 15 m von den Fronten des geplanten Baus entfernt sei.

6 Nach der Festlegung „1.3.6 BF l Hochwasserschutz“ in dem im Revisionsfall maßgeblichen Bebauungsplan seien Bauvorhaben vor Planungsbeginn mit der gewässerbetreuenden Dienststelle abzustimmen, um neben dem Objektschutz für das Bauvorhaben selbst (Schutzniveau von Gebäudeöffnungen, Tiefgaragen etc.), auch Vorgaben wie die Anzahl und Anordnung der Baukörper und das Freihalten von Abflussgassen festzulegen. Um die Funktion dieser Abflussgassen zu gewährleisten, sei bei Planungsbeginn eine hydraulische Modellierung des Abflussverhaltens auf Basis des Gefahrenzonenplanes und unter Einbeziehung des Bauvorhabens und des bestehenden und fertigen Geländes (auch nördlich des Bauvorhabens) durchzuführen. Ziel dieser Modellierung sei es, eine mögliche Rückleitung ausgeuferter Hochwasserfrachten in die K. Ache abzuklären sowie eine Verschlechterung des Hochwasserschutzes für Unterlieger auszuschließen.

7 In seiner rechtlichen Begründung führte das Verwaltungsgericht zum Vorbringen der Revisionswerber betreffend Gefahren durch Hochwasser und Oberflächenwässer sowie Gefahren für das Grundwasser unter Hinweis auf die dazu ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aus, dass dem Nachbarn im Baubewilligungsverfahren kein subjektiv öffentliches Recht hinsichtlich Gefährdungen oder Veränderungen seiner Liegenschaft in Folge von Naturgewalten, wie etwa Hochwasser oder Erdrutsch zukomme, weil diese Fragen lediglich öffentliche Interessen berührten. Ebenso wenig stelle der Abfluss atmosphärischer Niederschläge eine Belästigung im Sinn des § 3 Abs. 3 BauTG dar oder komme dem Nachbarn im Baubewilligungsverfahren betreffend der Versickerung oder Ableitung von Oberflächenwässer ein Mitspracherecht zu. Schließlich sei den Salzburger Bauvorschriften ein Recht, dass es zu keiner Veränderung der natürlichen Abflussverhältnisse der sich auf einem Baugrundstück ansammelnden oder darüber fließenden Gewässer zum Nachteil eines benachbarten Grundstückes kommen dürfe, nicht entnehmen. Bestimmungen des Wasserrechtes im Zusammenhang mit Hochwasserschutz, Hochwassergefahren, Grundwasserbeeinträchtigungen oder unzureichender Entwässerung stellten keine „baurechtlichen Vorschriften“ im Sinn des § 9 Abs. 1 Z 6 BauPolG dar, sodass aus ihnen keine subjektiv öffentlichen Nachbarrechte abgeleitet werden könnten. Ebenso könnten aus der Bestimmung des § 14 Abs. 1 lit. b Bebauungsgrundlagengesetz, wonach eine Bauplatzerklärung zu versagen sei, wenn die Grundfläche eine Bebauung wegen Gefährdung durch Hochwasser nicht zulasse, subjektiv-öffentliche Nachbarrechte im Sinn des § 9 Abs. 1 Z 6 BauPolG abgeleitet werden, weil sie allesamt dem Schutz öffentlicher Interessen und nicht speziellen Nachbarinteressen dienten.

8 In Ansehung dieser Judikatur könne auch die Festlegung „1.3.6 BF 1 Hochwasserschutz“ im Bebauungsplan nicht als eine dem „Nachbarschutz dienende Festlegung“ angesehen und könnten daraus keine subjektiv öffentlichen Nachbarrechte abgeleitet werden, weil auch diese Festlegung keinen speziellen Nachbarinteressen diene. Mangels Mitspracherecht der Revisionswerber sei auch dem gestellten Beweisantrag zur Einholung eines hydrologischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass sich die Abflussverhältnisse negativ auf ihre Liegenschaft auswirkten sowie zur Aufklärung von Widersprüchen zwischen bereits eingeholten Gutachten nicht weiter nachzukommen gewesen.

9 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision bringen die Revisionswerber nach Wiedergabe der oben dargestellten Begründung des Verwaltungsgerichtes vor, der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtes, könne nicht gefolgt werden. Es liege eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „zu Bestimmungen in den Bebauungsgrundlagen, fallbezogen im Bebauungsplan, welche einem Nachbarn ein subjektiv öffentliches Recht hinsichtlich Gefährdungen seiner Liegenschaft infolge der Naturgewalt Hochwasser verleihen“ nicht vorliege.

10 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG aufgezeigt, weil das bloße Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht automatisch zur Zulässigkeit einer Revision führt. Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert insoweit etwa die Darlegung, konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat (vgl. etwa VwGH 18.4.2023, Ra 2023/06/0042, mwN).

11 Dem entspricht die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht. Sie führt lediglich aus, dass keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu (nicht näher genannten) „Bestimmungen in den Bebauungsgrundlagen, fallbezogen im Bebauungsplan, welche einem Nachbarn ein subjektiv öffentliches Recht hinsichtlich Gefährdungen seiner Liegenschaft infolge der Naturgewalt Hochwasser verleihen“ vorliege, es ist ihr jedoch nicht zu entnehmen, welche konkrete Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof hier im Zusammenhang mit welchen konkreten Bestimmungen zu beantworten hätte.

12 Im Übrigen legen die Revisionswerber ihrem Zulässigkeitsvorbringen die Prämisse zugrunde, dass ihnen ein subjektiv öffentliches Recht hinsichtlich Gefährdungen ihrer Liegenschaft infolge der Naturgewalt Hochwasser zukomme, ohne sich mit der vom Verwaltungsgericht zur Stützung seiner Ansicht zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Nachbareinwendungen im Baubewilligungsverfahren betreffend den Hochwasserschutz auseinanderzusetzen.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

13 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 und § 53 Abs. 1 letzter Satz VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014 BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 16. November 2023

Rückverweise