Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Mag. Liebhart Mutzl und Dr. in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Tichy, in der Revisionssache des Stadtrates der Stadtgemeinde T, vertreten durch Dr. Martin Wandl und Dr. Wolfgang Krempl, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Kremser Gasse 19, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 2. Februar 2021, LVwG AV 1375/001 2020, betreffend eine Angelegenheit nach dem NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992 (mitbeteiligte Partei: M A in T; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Das Kostenbegehren der Niederösterreichischen Landesregierung wird abgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (LVwG) wurde der Beschwerde des Mitbeteiligten gegen einen im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde T. (Amtsrevisionswerber) vom 8. Oktober 2020, mit welchem dem Mitbeteiligten gemäß § 11 Abs. 4 NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992 aufgetragen worden war, näher bezeichnete Müllbehälter an einer näher genannten Örtlichkeit aufzustellen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung Folge gegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert, dass der Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde T. vom 12. Juni 2020 betreffend die Bestimmung des Aufstellortes von Müllbehältern aufgehoben wurde. (1.). Eine Revision dagegen erklärte das LVwG für zulässig (2.).
2 Als Begründung für die Revisionszulassung führte das LVwG Folgendes aus: „Der Begriff der ‚unzumutbaren Belästigung‘ ist im NÖ Abfallwirtschaftsgesetz nicht näher definiert. Es gibt abgesehen von der zitierten Entscheidung VwGH 90/12/0316 zur Kärntner Rechtslage keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wie dieser Begriff im Lichte des NÖ Abfallwirtschaftsgesetzes 1992 zu interpretieren ist“.
3 Dagegen richtet sich die vorliegende Amtsrevision.
4 Der Mitbeteiligte erstattete eine selbst verfasste Revisionsbeantwortung. Die Niederösterreichische Landesregierung erstattete ebenfalls eine Revisionsbeantwortung, verbunden mit einem Antrag auf Aufwandersatz.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
8 Nach § 28 Abs. 1 und 2 VwGG entspricht der Inhalt einer außerordentlichen Revision grundsätzlich dem Inhalt der ordentlichen Revision. Die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Kontrolle einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung stützt sich für außerordentliche und ordentliche Revisionen in gleicher Weise jeweils auf eine gesonderte Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Revision. Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt dabei ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung; der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. für viele VwGH 11.1.2023, Ro 2020/05/0007, mwN).
9 Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert (abgesehen von den Fällen einer abweichenden oder uneinheitlichen Rechtsprechung) die konkrete Darlegung, welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat. Ein pauschales bzw. nur ganz allgemein gehaltenes Vorbringen ohne Herstellung eines Fallbezuges und ohne jede fallbezogene Verknüpfung mit der angefochtenen Entscheidung reicht jedenfalls nicht aus (vgl. nochmals z.B. VwGH 11.1.2023, Ro 2020/05/0007, oder auch 8.9.2023, Ro 2023/06/0007, mwN).
10 Reicht die Begründung der Zulässigkeit der Revision durch das Verwaltungsgericht für deren Zulässigkeit nicht aus oder erachtet der Revisionswerber andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für gegeben, hat der Revisionswerber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch in einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeitsgründe gesondert darzulegen (vgl. VwGH 16.9.2022, Ro 2022/05/0019, oder auch erneut VwGH 11.1.2023, Ro 2020/05/0007, mwN).
11 In einem solchen Fall ist von der revisionswerbenden Partei auf die vorliegende Rechtssache bezogen bezüglich jeder von ihr hinausgehend über die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes als von grundsätzlicher Bedeutung qualifizierten Rechtsfrage konkret (unter Berücksichtigung auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) aufzuzeigen, warum der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsfrage in einer Entscheidung über die Revision als solche von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln hätte, von der das Schicksal der Revision abhängt (vgl. etwa VwGH 6.7.2021, Ro 2021/05/0025). Zweck der Begründungspflicht des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist die Fokussierung auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende Rechtsfrage (vgl. wiederum etwa VwGH 11.1.2023, Ro 2020/05/0007, mwN).
12 Im Revisionsfall legt das LVwG mit seinen allgemeinen Ausführungen zur Zulassung der Revision nicht dar, welche konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogene grundsätzliche Rechtsfrage, die für das gegenständliche Verfahren von entscheidender Bedeutung wäre, der Verwaltungsgerichtshof bei der Entscheidung über die Revision (erstmals) zu lösen habe. Der bloße Umstand, dass zu einer bestimmten Regelung keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht, begründet für sich allein noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG (vgl. nochmals z.B. VwGH 11.1.2023, Ro 2020/05/0007, oder auch 8.9.2023, Ro 2023/06/0007, jeweils mwN).
13 Die Amtsrevision enthält keinen eigenen Abschnitt zur Zulässigkeit der Revision, sondern verweist allgemein auf die Zulassungsbegründung des LVwG und bringt darüber hinaus vor, „auch die zitierte Entscheidung [...] VwGH 90/12/0316, bezieht sich nicht auf ‚unzumutbare Belästigung der Nachbarn‘, die von einem Müllbehälter ausgehen, sondern auf ein Verfahren zur Bewilligung einer Abfallbeseitigungsanlage und um die in diesem Verfahren zu schützenden Interessen der Nachbarn.“ Ein wesentlicher Unterschied liege darin, dass es sich bei einer Abfallbeseitigungsanlage um eine ortsfeste Anlage handle, während Müllbehälter beweglich seien.
14 Auch mit diesen allgemeinen Zulässigkeitsausführungen wird ein Bezug zum konkreten Sachverhalt des Revisionsfalles nicht hergestellt und schon insofern nicht dargestellt, dass und inwiefern das Schicksal der Revision von den angesprochenen Fragen abhängen sollte. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aufgrund von Revisionen nicht zuständig (vgl. nochmals etwa VwGH 16.9.2022, Ro 2022/05/0019, oder 11.1.2023, Ro 2020/05/0007, jeweils mwN).
15 Wird in der Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichtes das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. für viele erneut z.B. VwGH 11.1.2023, Ro 2020/05/0007, mwN).
16 Die Revision war daher schon aus diesem Grund gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
17 Der Antrag der Niederösterreichischen Landesregierung, der VwGH möge „der belangten Behörde“ den tarifmäßig festgelegten Kostenersatz zuerkennen, war abzuweisen, da gemäß § 58 Abs. 1 VwGG jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenen Aufwand selbst zu tragen hat, soweit die §§ 47 bis 56 leg. cit. nicht anderes bestimmen. Die §§ 47 bis 56 VwGG sehen in Ansehung einer Partei nach § 21 Abs. 1 Z 3 VwGG einen Anspruch auf Ersatz des Aufwandes, der mit der Einbringung der Revisionsbeantwortung verbunden war, aber nicht vor (vgl. etwa VwGH 1.6.2017, Ro 2014/06/0079, oder 13.12.2016, Ra 2016/09/0038, jeweils mwN). Sollte der genannte Kostenantrag dahingehend zu verstehen sein, dass er darauf gerichtet ist, dem Rechtsträger im Sinne des § 47 Abs. 5 VwGG Aufwandersatz zuzusprechen, genügt schon der Hinweis, dass dieser (unter anderem) in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z 2 B VG keinen Anspruch auf Aufwandersatz besitzt (vgl. § 47 Abs. 4 VwGG).
Wien, am 29. Jänner 2024