JudikaturVwGhRa 2021/04/0095

Ra 2021/04/0095 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
11. Dezember 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser, Hofrätin Mag. Hainz Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision der Datenschutzbehörde, gegen das am 25. Jänner 2021 mündlich verkündete und am 23. Februar 2021 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, Zl. W245 2234973 1/11E, betreffend eine datenschutzrechtliche Angelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. E P in W, und 2. V in W; weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 1. Am 15. November 2015 nahm der Erstmitbeteiligte an einem Fußballmeisterschaftsspiel teil und stellte in diesem Zusammenhang dem Zweitmitbeteiligten, einem Sportverein, ein Foto von sich zur Verfügung. Über allfällige Verarbeitungen des Fotos wurde der Erstmitbeteiligte nicht informiert. Am 23. April 2019 ersuchte der Erstmitbeteiligte den Zweitmitbeteiligten um Löschung dieses Fotos, nachdem er bemerkt hatte, dass das von ihm zur Verfügung gestellte Foto uneingeschränkt über das Internet aufrufbar war.

2 Der Zweitmitbeteiligte reagierte auf diese Aufforderung nicht.

3 Auf Basis dieses Sachverhalts brachte der Erstmitbeteiligte eine Datenschutzbeschwerde bei der Revisionswerberin ein.

4 2. Mit Bescheid vom 17. April 2020 gab die Revisionswerberin der Datenschutzbeschwerde des Erstmitbeteiligten statt und stellte fest, der Zweitmitbeteiligte habe den Erstmitbeteiligten in seinem Recht auf Löschung verletzt, indem der Zweitmitbeteiligte auf das Löschungsbegehren vom 23. April 2019 nicht reagiert habe (Spruchpunkt 1). Ferner wurde dem Zweitmitbeteiligten aufgetragen, dem Löschungsantrag des Erstmitbeteiligten binnen vier Wochen bei sonstiger Exekution zu entsprechen (Spruchpunkt 2).

5 Gegen diesen Bescheid erhob der Zweitmitbeteiligte Beschwerde.

6 3. Das Bundesverwaltungsgericht änderte den angefochtenen Bescheid in seinem Spruchpunkt 1 dahingehend ab, dass dieser zu lauten habe, dass der Beschwerde stattgegeben und festgestellt werde, dass der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Löschung seines Fotos auf einer näher bezeichneten Homepage verletzt habe.

7 Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

8 In seiner Begründung führte es ausgehend vom insofern unstrittigen Sachverhalt aus, gemäß den Bestimmungen der DSGVO sei ein Verantwortlicher verpflichtet, innerhalb eines Monats ab Eingang eines Antrages auf diesen zu reagieren. Der Zweitmitbeteiligte habe auf Grund der Unterlassung einer Reaktion auf das Schreiben seine Informationspflichten verletzt. Daraus könne jedoch nicht auf eine fehlende Rechtmäßigkeit der Verarbeitung geschlossen werden; diese sei vielmehr gesondert zu prüfen. Der Zweitmitbeteiligte würde nicht über die Einwilligung zur Verwendung des verfahrensgegenständlichen Fotos verfügen. Der Zweitmitbeteiligte sei auch insgesamt nicht in der Lage gewesen, ein berechtigtes Interesse an der Verarbeitung des Fotos des Erstmitbeteiligten darzulegen. Im Ergebnis habe sohin der Erstmitbeteiligte einen Löschungsanspruch gemäß Art. 17 Abs. 1 lit. d DSGVO, weil der Zweitmitbeteiligte gegen die Grundsätze des Art. 5 Abs. 1 DSGVO verstoßen habe und sich auf keine Rechtmäßigkeitsgrundlage im Sinne des Art. 6 DSGVO stützen könne.

9 4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Amtsrevision der belangten Behörde.

10 5. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 5.1. In der Zulässigkeitsbegründung bringt die Revision vor, das Bundesverwaltungsgericht sei mit dem angefochtenen Erkenntnis von der ständigen, näher zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es in einer Angelegenheit, die nicht Gegenstand der Entscheidung der belangten Behörde gewesen sei, tätig geworden wäre. Es liege daher eine Überschreitung der Sache des Verfahrens vor. Sache des von der Revisionswerberin geführten Verfahrens sei die Entscheidung über eine Datenschutzbeschwerde wegen behaupteter Verletzung im Recht auf Löschung wegen der Nichtreaktion der zweitmitbeteiligten Partei auf dem Löschungsantrag gewesen.

14 5.2. Mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen spricht die Amtsrevision die Auslegung des Parteiantrags an, der den Rahmen für den Verfahrensgegenstand bildet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine in vertretbarer Weise vorgenommene einzelfallbezogene Auslegung von Parteierklärungen nicht erfolgreich mit Revision bekämpfbar. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall wäre nur dann als revisibel anzusehen, wenn die Auslegung einer Parteierklärung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 4.5.2022, Ra 2020/06/0149 und 0150; vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2017/02/0141; vgl. VwGH 18.12.2020, Ra 2019/08/0181, jeweils mwN).

15 Unstrittig war der Antrag des Erstmitbeteiligten auf Feststellung der Verletzung in seinem Recht auf Löschung des verfahrensgegenständlichen Fotos und Löschung desselben durch den Zweitmitbeteiligten gerichtet. Inwiefern das Bundesverwaltungsgericht ausgehend von dem hierzu vorgebrachten Sachverhalt mit der rechtlichen Beurteilung der Frage, ob diese Rechtsverletzung bestehe und der Löschungsantrag gerechtfertigt sei, seine Zuständigkeit überschritten hätte, ist nicht nachvollziehbar.

16 5.3. In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 11. Dezember 2023

Rechtssätze
0

Keine verknüpften Rechtssätze zu diesem Paragrafen