Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des B S, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22. Mai 2019, W202 1432430-3/2E, betreffend Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 und Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der 1993 geborene Revisionswerber ist indischer Staatsangehöriger. Er reiste Anfang 2013 nach Österreich ein und stellte hier einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25. Jänner 2013 vollinhaltlich - iVm einer Ausweisung nach Indien - abgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 29. April 2015 in den Punkten Asyl- und subsidiärer Schutz ab; in Bezug auf die Ausweisung wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurückverwiesen.
2 Mit Bescheid vom 2. Mai 2016 verhängte das BFA sodann - vorweg aussprechend, dass ein Aufenthaltstitel gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt werde - eine Rückkehrentscheidung, womit es insbesondere die Feststellung verband, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Indien zulässig sei. Die dagegen erhobene Beschwerde blieb erfolglos (Erkenntnis des BVwG vom 5. Juli 2016), einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Revision gegen dieses Erkenntnis wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 18. August 2016, Ra 2016/21/0254-2, wegen Aussichtslosigkeit ab. In der Folge wurde dann keine Revision eingebracht.
3 Der Revisionswerber verblieb in Österreich und stellte am 5. Februar 2019 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005. Diesen Antrag stützte der Revisionswerber auf seinen 2013 begonnenen Aufenthalt in Österreich, die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit seit 2014, Deutschkenntnisse auf Niveau A2 und auf das Bestehen eines großen Freundeskreises; er sei (sohin) sprachlich und beruflich integriert und pflege einen europäischen Lebensstil. 4 Das BFA wies den genannten Antrag mit Bescheid vom 21. März 2019 ab. Unter einem erging (neuerlich) eine Rückkehrentscheidung, nunmehr gestützt auf § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 3 FPG, und es wurde (wiederum) gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Indien zulässig sei; außerdem wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.
5 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das BVwG mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 22. Mai 2019 als unbegründet ab. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach es aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
8 In dieser Hinsicht macht der Revisionswerber - nach Ablehnung der Behandlung der zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde und ihrer Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 26. Juni 2019, E 2234/2019-5 - in der dann fristgerecht ausgeführten außerordentlichen Revision geltend, es bedürfe einer Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof, wann bei einem Antrag nach § 55 AsylG 2005 die Durchführung einer (fallbezogen ergebnislos beantragten) Beschwerdeverhandlung erforderlich sei und wann von einer außergewöhnlichen Integration gesprochen werden könne, die die Erteilung des genannten Aufenthaltstitels rechtfertige. 9 Dem ist zu entgegnen, dass es zu den im gegebenen Zusammenhang (Abweisung eines Antrags nach § 55 AsylG 2005 iVm einer Rückkehrentscheidung) die Abhaltung einer Beschwerdeverhandlung regelnden Normen (§ 24 VwGVG iVm § 21 Abs. 7 BFA-VG) bereits reichhaltige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt. Dabei wurde insbesondere zum Ausdruck gebracht, dass es bei Vorliegen eines eindeutigen Falles nicht der sonst zur Klärung des Sachverhaltes erforderlichen Verschaffung eines persönlichen Eindrucks vom Fremden bedarf und daher ausnahmsweise von einer beantragten Beschwerdeverhandlung abgesehen werden darf (siehe aus jüngerer Zeit etwa VwGH 16.5.2019, Ra 2019/21/0124, Rn. 9, sowie VwGH 26.6.2019, Ra 2019/21/0020, Rn. 8).
10 Dass es sich gegenständlich um einen eindeutigen Fall handelte, sodass das BVwG von der Durchführung der vom Revisionswerber beantragten Beschwerdeverhandlung absehen konnte, ist jedenfalls vertretbar. Denn anders als die Revision meint, kann "von einer außergewöhnlichen Integration" des Revisionswerbers, der in seiner Revision auf die schon in seinem Antrag angeführten Umstände zurückkommt und von deren Vorliegen auch das BVwG ausgegangen ist, nicht die Rede sein. Die diesbezüglich zentral ins Treffen geführten Umstände (mehr als sechsjähriger Aufenthalt in Österreich und Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit) fallen nämlich entgegen der Ansicht des Revisionswerbers nicht maßgeblich ins Gewicht; einerseits liegt die Dauer des inländischen Aufenthalts des Revisionswerbers noch deutlich unter den in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insoweit für maßgeblich erachteten zehn Jahren (siehe zuletzt VwGH 22.8.2019, Ra 2019/21/0132, Rn. 10), andererseits vermag eine - wie hier - nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens weiterhin in Form eines Gewerbes ausgeübte selbstständige Erwerbstätigkeit keine tiefgreifende Integration in den heimischen Arbeitsmarkt zu vermitteln (zuletzt VwGH 22.8.2019, Ra 2018/21/0134 und 0135, Rn. 28 ff).
11 Insoweit bedarf es dann aber vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles auch keiner Klärung, wann - allgemein betrachtet - von einer "außergewöhnlichen Integration" gesprochen werden kann.
12 Der Revision gelingt es damit insgesamt nicht, eine für die Lösung des vorliegenden Falles wesentliche grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen war.
Wien, am 19. September 2019