Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des R in W, vertreten durch die Heinzle Nagel Rechtsanwälte OG in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 29. April 2019, Zl. LVwG- 1-454/2018-R16, betreffend Übertretung der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe sich als Lenker eines bestimmten Fahrzeuges zu einem konkreten Zeitpunkt an einem näher angeführten Ort nach Aufforderung eines besonders geschulten Organes der Bundespolizei geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet habe werden können, dass er zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort das angeführte Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Wegen der damit begangenen Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO wurde über den Revisionswerber gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 336 Stunden) verhängt. Gleichzeitig sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision nicht zulässig sei.
2 Begründend stellte das Verwaltungsgericht nach durchgeführter Verhandlung fest, der Revisionswerber habe am 26. Mai 2018 um 17:04 Uhr an einem konkret bestimmten Ort ein näher bezeichnetes Kraftfahrzeug gelenkt und sei von einem Polizeibeamten zur Durchführung eines Testes mit dem Vortestgerät aufgefordert worden, bei welchem sich ein Wert von 0,42 mg/l (Alkoholgehalt der Atemluft) ergeben habe. Aufgrund dieses Ergebnisses sei der Beschuldigte vom Polizeibeamten zur Durchführung eines Alkomattestes am geeichten Gerät aufgefordert worden. Der Polizeibeamte habe dem Revisionswerber erklärt, dass eine Wartezeit von 15 Minuten einzuhalten sei und er in dieser Zeit nichts essen, nichts trinken, nicht rauchen oder "sonst nicht etwas in den Mund nehmen" dürfe. Er sei auf die Konsequenzen, nämlich dass ein derartiges Verhalten eine Verweigerung des Alkoholtestes darstelle, hingewiesen worden. Der Revisionswerber habe die Belehrung verstanden. Der Revisionswerber habe sich sodann vom Dienstkraftfahrzeug entfernt und sich auf eine am Ende einer Brücke befindliche Mauer gesetzt, hinter der sich ein Strauch mit grünen Blättern, vermutlich ein Haselnussstrauch bzw. Erlenstrauch, befunden habe. Er habe sodann ein Blatt des Strauches in den Mund genommen und gekaut. Aufgrund dessen sei in der Folge kein Alkomattest am geeichten Gerät durchgeführt worden. Der Revisionswerber habe - nachdem ihm der Polizeibeamte erklärt habe, dass das Verhalten (In-den-Mund-Nehmen eines Strauchblattes) eine Verweigerung darstelle - mehrfach gebeten, den Test doch noch durchführen zu dürfen.
Diese Feststellungen stützte das Verwaltungsgericht in seiner Beweiswürdigung auf die Aussage des Revisionswerbers, die Einvernahme des die Amtshandlung leitenden Revierinspektors S und den Akteninhalt.
In seinen rechtlichen Erwägungen führte das Verwaltungsgericht zunächst aus, die Bedienungsanleitung des für die Atemluftuntersuchung vorgesehenen Atemalkoholmessgerätes der Marke "Dräger" halte Folgendes fest:
"3.1.1. Vorbedingungen für die Atemalkoholmessung Grundsätzlich zu beachten:
"Messung erst durchführen, wenn sichergestellt ist, dass die Testperson in einer Zeitspanne von mindestens 15 Minuten keine Flüssigkeiten, Nahrungsmittel und/oder Genussmittel, Medikamente oder dergleichen (zB Mundsprays) zu sich genommen hat."
Durch das In-den-Mund-Nehmen des Haselnussstrauchbzw. Erlenstrauchblattes - so das Verwaltungsgericht weiter - sei seitens des Revisionswerbers ein Verhalten gesetzt worden, das zu einer Verfälschung des Alkoholtestergebnisses führen könne. Werde trotz ausdrücklicher Belehrung "nichts zu essen, nichts zu trinken, nicht zu rauchen und sonst nichts in den Mund zu nehmen", ein Blatt eines Haselnuss- bzw. Erlenstrauches in den Mund genommen und gekaut, stelle dies eine Verweigerung der Durchführung des Alkoholtestes dar. Dabei reiche es aus, dass das Verhalten zu einer Verfälschung des Messergebnisses führen könne. Ob das gesetzte Verhalten tatsächlich zu einer Verfälschung des Messergebnisses führe, wäre nur dann von Relevanz, wenn auch tatsächlich eine Messung mit einem Atemalkoholmessgerät stattgefunden habe und ein Messergebnis erzielt worden sei, was im vorliegenden Fall nicht erfolgt sei. Nach weiteren rechtlichen Erwägungen begründete das Verwaltungsgericht die Höhe der verhängten Geldstrafe.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die Revision führt zu ihrer Zulässigkeit aus, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob der Beweis, dass das Zuwiderhandeln gegen ein bestimmtes, vom Amtshandlungsleiter gefordertes Verhalten in der Wartezeit zwischen Aufforderung zum Test und Abgabe der Atemluft das Messergebnis nicht beeinflussen könne, zulässig sei. Dem Verwaltungsgericht sei auch ein Begründungsmangel anzulasten. Das angefochtene Erkenntnis treffe zur entscheidungswesentlichen Sachverhaltsfrage, ob das Kauen eines grünen Blattes eines Haselnuss- oder Erlenstrauches in der Wartezeit das Messergebnis beeinflussen könne, keine Feststellung und setze sich mit dem vorgelegten Universitätsgutachten nicht auseinander. 8 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
9 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gilt als Weigerung, sich dem Atemalkoholtest zu unterziehen, ein Verhalten des Untersuchten, das das Zustandekommen des vorgesehenen Tests verhindert. Ein solches ist auch darin zu erblicken, dass der Proband - trotz vorheriger Belehrung - ein Verhalten setzt, das zu einer Verfälschung des Messergebnisses führen kann. Der Betroffene hat die von den Organen der Straßenaufsicht erforderlichen Anordnungen, soweit dies nicht unzumutbar ist, zu befolgen. Wenn derartigen zumutbaren Anordnungen nicht unverzüglich Folge geleistet wird, bedeutet dies eine Verweigerung der im Gesetz normierten Pflicht, sich dem besagten Test zu unterziehen (vgl. VwGH 11.5.2016, Ra 2016/02/0077, mwN).
10 Für das Zustandekommen eines gültigen, nicht verfälschten Messergebnisses ist die Einhaltung der Betriebsanleitung des Messgerätes erforderlich. Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Proband auf jeden Fall während des Zeitraums von 15 Minuten vor Beginn der ersten Messung vom Exekutivorgan beobachtet werden muss; maßgebend ist vielmehr, dass er während dieser Zeit die in der Zulassung durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen und die in der Betriebsanleitung angeführten Handlungen, die zu einer Verfälschung des Messergebnisses geführt hätten, unterlässt (vgl. zur Bestimmung des § 5 Abs. 1 StVO, VwGH 29.5.2015, Ra 2015/02/0018, mwN).
11 Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass der Revisionswerber trotz ausdrücklicher Belehrung, dass er in der Wartezeit nichts essen, nichts trinken und "sonst nichts in den Mund nehmen dürfe", ein Blatt eines Haselnuss- bzw. Erlenstrauches in den Mund genommen und gekaut und damit der Anordnung des Organes der Straßenaufsicht nicht Folge geleistet hat. 12 Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführte, setzte der Revisionswerber mit seinem Verhalten eine Handlung entgegen der Betriebsanleitung des vorgesehenen Atemalkoholmessgerätes, welche als Vorbedingung für die Atemalkoholmessung u.a. vorsieht, dass die Testperson in einer Zeitspanne von 15 Minuten vor der Messung keine Flüssigkeiten, Nahrungsmittel und/oder Genussmittel, Medikamente oder dergleichen (z.B. Mundsprays) zu sich genommen hat. Dass von dieser Formulierung auch das Kauen eines Blattes eines Strauches mitumfasst ist, wird vom Verwaltungsgericht zutreffend bejaht und in der Revision nicht bestritten. 13 Das Verwaltungsgericht führte im Einklang mit der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 25.11.2005, 2005/02/0254) aus, dass es für die Beurteilung der Verweigerung des Atemalkoholtestes maßgeblich ist, ob der Untersuchte ein Verhalten setzt, das das Zustandekommen des vorgesehenen Tests verhindert. Dies wurde vom Verwaltungsgericht in zutreffender Weise - gestützt auf die Tatsache, dass der Revisionswerber ein der Betriebsanleitung und der Anordnung des Organes der Straßenaufsicht entgegenstehendes Verhalten gesetzt hat - bejaht.
14 Ob das gesetzte Verhalten (Kauen des Strauchblattes) tatsächlich das Messergebnis beeinflusst hätte oder hätte beeinflussen können, ist im vorliegenden Fall - mangels durchgeführter Messung - hingegen nicht relevant. Im gegenständlichen Fall ist allein entscheidend, dass der Revisionswerber - trotz vorheriger Belehrung - mit seinem Verhalten unstrittig den Verwendungsbestimmungen der Betriebsanleitung des vorgesehenen Atemalkoholmessgerätes und der diesen Rechnung tragenden, zumutbaren Anordnung des Organs der Straßenaufsicht zuwider gehandelt hat, wodurch das Zustandekommen des vorgesehenen Tests vereitelt wurde. Aus diesem Grund kommt es auch auf die in der Revision aufgeworfene Frage, ob der Beweis, dass das Verhalten (Kauen eines grünen Strauchblattes) das Messergebnis nicht beeinflussen könne, zulässig sei, im Ergebnis nicht an.
15 Das Verwaltungsgericht hat das Verhalten des Revisionswerbers somit zutreffend als Verweigerung der im Gesetz normierten Pflicht, sich dem Atemalkoholtest zu unterziehen, gewertet (vgl. idS etwa zum Kauen eines Fruchtkaugummis während der Wartezeit, VwGH 24.2.2012, 2011/02/0353, sowie zum Rauchen einer Zigarette während der Wartezeit, VwGH 11.5.2016, Ra 2016/02/0077, und VwGH 25.11.2005, 2005/02/0254). 16 Ebenso liegt der vom Revisionswerber ins Treffen geführte Begründungsmangel nicht vor. Im Hinblick auf die oben wiedergegebenen begründenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts ist eine nachprüfende Kontrolle des angefochtenen Erkenntnisses durch den Verwaltungsgerichtshof jedenfalls möglich. Entgegen dem Revisionsvorbringen würdigte das Verwaltungsgericht auch das vom Revisionswerber vorgelegte Gutachten, kam jedoch - wie bereits dargelegt - in rechtlicher Hinsicht zum Ergebnis, dass das Verhalten des Revisionswerbers fallbezogen eine Verweigerung, sich dem Atemalkoholtest zu unterziehen, darstellte.
17 Soweit in den Revisionsgründen ausgeführt wird, es wäre ein Sachverständigengutachten zur Frage der möglichen Beeinflussung des Messergebnisses einzuholen gewesen, ist auf die hg. Rechtsprechung hinzuweisen, wonach für die Beurteilung der Verweigerung des Atemalkoholtestes die Feststellung ausreicht, dass ein Verhalten gesetzt wird, das zu einer Verfälschung des Messergebnisses führen kann. Es bedarf daher für die Beurteilung der Verweigerung des Atemalkoholtestes iSd § 5 Abs. 2 StVO nicht der Beiziehung eines Sachverständigen zur Klärung der Frage, ob allenfalls doch entgegen der Bedienungsanleitung ein verwertbares Resultat beim Atemalkoholtest zu erzielen gewesen wäre (vgl. VwGH 25.11.2005, 2005/02/0254; 24.2.2012, 2011/02/0353). 18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 26. Juli 2019