Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Schreiber BA, in der Revisionssache der J GmbH Co KG in Z, vertreten durch Mag. Michael Rettenwander, Rechtsanwalt in 5760 Saalfelden, Almerstraße 2/Top 3 Stadtgalerie, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 18. Dezember 2017, 405 3/228/1/4 2017, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Zell am See; mitbeteiligte Partei: H GmbH in Z, vertreten durch die Pallauf Meissnitzer Staindl Partner Rechtsanwälte in 5700 Zell am See, Niederlassung Zell am See, Bahnhofstraße 6), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z. vom 26. April 2017, mit welchem der mitbeteiligten Partei die baurechtliche Bewilligung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage „F“ am näher bezeichneten Standort durch Umbau sowie Aufstockung erteilt worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
5 Begründend hielt das Verwaltungsgericht dem Vorbringen der revisionswerbenden Partei, wonach durch die geplanten Baumaßnahmen im Bereich des bestehenden Lichthofes zwei Fenster im 1. Obergeschoß, drei Fenster im 2. Obergeschoß und vier Fenster im 3. Obergeschoß des Gebäudes auf der Nachbarliegenschaft ihre Belichtungsfunktion verlieren würden, entgegen, dass aus § 25 Bebauungsgrundlagengesetz BGG kein allgemeines Nachbarrecht auf Wahrung des Lichteinfalles und der Sonneneinstrahlung abgeleitet werden könne. Dem Nachbarn komme nach dem Salzburger Baurecht ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen oder baubehördlich bewilligten Nachbarabstände zu, aber kein Recht auf größere Nachbarabstände für eine bessere Besonnung und Belichtung. Die von der revisionswerbenden Partei vorgebrachte Judikatur zum Wiener Baurecht sei gegenständlich nicht anwendbar.
6 Gegen dieses Erkenntnis erhob die revisionswerbende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 24. September 2018, E 448/2018 16, deren Behandlung ablehnte. Begründend hielt der Verfassungsgerichtshof zur behaupteten Rechtswidrigkeit des die angefochtene Entscheidung tragenden Bebauungsplanes der Grundstufe „Sgasse“ fest, dass das Vorbringen in der Beschwerde vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes „(vgl. zum planerischen Gestaltungsspielraum u.a. VfSlg. 11.075/1986, 15.682/1999, 16.372/2001, 17.894/2006, 20.009/2015)“ und einer den Anforderungen des § 51 Abs. 1 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 ROG 2009 entsprechenden Grundlagenerhebung die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung als so wenig wahrscheinlich erkennen lasse, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Mit Beschluss vom 18. Oktober 2018, E 448/2018 18, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
7 Die revisionswerbende Partei bringt in ihrer Begründung für die Zulässigkeit der vorliegenden Revision vor, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, ob aus § 25 BGG (in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Z 1 und § 9 Abs. 1 Z 6 Baupolizeigesetz 1997) abzuleiten sei, dass die in einem Bebauungsplan verordnete geschlossene Bauweise nicht ausgeschöpft werden dürfe, wenn durch sie das Nachbargebäude seine gesetzmäßige Besonnung und Belichtung verlieren würde. Selbst wenn die bisher zum Salzburger Baurecht ergangene hg. Judikatur welche ein allgemeines Nachbarrecht auf Wahrung des Lichteinfalles und der Sonneneinstrahlung sowie ein subjektives Recht auf größere Nachbarabstände zwecks besserer Besonnung oder Belichtung der Nachbarliegenschaft verneine dahin zu verstehen sei, dass ein solches subjektives Recht des Nachbarn nicht bestehe, stünde diese Judikatur im Widerspruch zu dem zur Bauordnung für Wien ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 6.9.2011, 2009/05/0245. Darin habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass wenn ein besonderer Fall vorliege, bei dem einerseits die geschlossene Bauweise für die Bauliegenschaft festgelegt sei und andererseits rechtmäßige Fenster in der Feuermauer des Nachbargebäudes an der Grundgrenze bestünden, im Baubewilligungsverfahren darauf zu achten sei, dass die Bestimmungen über die geschlossene Bauweise im Hinblick auf das Nachbarrecht gemäß § 134a Abs. 1 lit. a Bauordnung für Wien so ausgelegt würden, dass für den Nachbarn der gesetzlich vorgesehene Lichteinfall jedenfalls gewahrt bleibe.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
8 Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, besteht nach dem Salzburger Baurecht kein allgemeines subjektiv-öffentliches Nachbarrecht auf Wahrung des Lichteinfalles und des Sonneneinfalles. Dem Nachbarn steht nur ein Recht darauf zu, dass der Abstand zu seinem Grundstück eingehalten wird. Grundsätzlich hat nämlich jeder Grundeigentümer, soweit nicht zivilrechtliche Ansprüche bestehen, für eine ausreichende Belüftung und Belichtung seiner Bauten auf seinem Grundstück Sorge zu tragen (vgl. VwGH 24.4.1997, 96/06/0051, mwN). § 25 Abs. 1 BGG ist als Determinante bei der Festlegung der Lage der Bauten im Bauplatz durch den Bebauungsplan anzuwenden, ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht ergibt sich aus dieser Bestimmung nicht (vgl. VwGH 26.6.1997, 96/06/0160).
9 Es existiert daher bereits hg. Judikatur zum Nichtbestehen eines subjektiv öffentliches Nachbarrechts auf Wahrung des Lichteinfalles und des Sonneneinfalles sowie dazu, dass § 25 Abs. 1 BGG dem Nachbarn kein subjektiv öffentliches Recht vermittelt. Aus dieser Judikatur ergibt sich für den vorliegenden Fall klar, dass aus § 25 Abs. 1 BGG ein subjektiv öffentliches Recht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren auf Nichtausschöpfung der im Bebauungsplan verordneten geschlossenen Bauweise wegen Beeinträchtigung der Belichtung und Besonnung auf der Nachbarliegenschaft nicht abgeleitet werden kann.
10 Diese Judikatur steht auch nicht im Widerspruch zu dem zur Bauordnung für Wien ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 6.9.2011, 2009/05/0245, in welchem dieser ebenfalls ausdrücklich festhielt, dass kein Anspruch des Nachbarn gegen den Bauwerber bestehe, dass dieser die Belichtung auf der Nachbarliegenschaft sicherstelle, abgesehen von Abstands und Höhenbestimmungen. Der Verwaltungsgerichtshof sah aber einen besonderen Fall gegeben, in dem einerseits die geschlossene Bauweise für die Bauliegenschaft festgelegt war und andererseits rechtmäßige Fenster in der Feuermauer des Nachbargebäudes an der Grundgrenze bestanden, sodass im Baubewilligungsverfahren darauf zu achten sei, dass die Bestimmungen über die geschlossene Bauweise im Hinblick auf das Nachbarrecht gemäß § 134a Abs. 1 lit. a Bauordnung für Wien so ausgelegt würden, dass für den Nachbarn der gesetzlich vorgesehene Lichteinfall jedenfalls gewahrt bleibe.
11 Anders als bei dem der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 2011, 2009/05/0245, zugrunde liegenden Sachverhalt liegen im Revisionsfall die Aufenthaltsraumfenster des Nachbargebäudes aber nicht unmittelbar in einer an der Grenze zur Bauliegenschaft befindlichen Feuermauer, sondern im rechten Winkel dazu in den zurückversetzt im Lichthof liegenden Außenmauern bzw. den gegenüberliegenden Außenmauern, sodass durch das Heranbauen an die Grundgrenze der zuvor schon bestehende Lichthof auf der Nachbarliegenschaft verkleinert wird. Im Hinblick auf diesen Unterschied, der auch nicht unwesentlich ist, weil die Lage der Fenster, je nachdem, ob sie sich direkt in der gegen die Bauliegenschaft gerichteten Feuermauer an der Grundgrenze befinden oder in einer im rechten Winkel dazu verlaufenden Mauer bzw. in größerer Entfernung vom Baugrundstück, entscheidend für die Lichtverhältnisse ist, liegt mit dem genannten Erkenntnis keine Rechtsprechung des VwGH zu einem vergleichbaren Sachverhalt vor, von dem das Verwaltungsgericht abgewichen wäre (vgl. in diesem Sinn auch schon das zur Bauordnung für Wien ergangene Erkenntnis VwGH 29.1.2020, Ra 2019/05/0007). Dazu kommt, dass der Verfassungsgerichtshof, wie oben ausgeführt, die Behandlung der die Gesetzwidrigkeit des hier maßgeblichen Bebauungsplanes geltend machende Beschwerde des Revisionswerbers ablehnte, und zwar trotz der dargelegten Belichtungseinschränkung der Nachbarfenster.
12 Eine Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung wird damit nicht aufgezeigt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
13 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen der genannten Verordnung bereits berücksichtigt ist und der Ersatz von „ERV Kosten“ in den genannten Bestimmungen keine Deckung findet.
Wien, am 12. März 2021