Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofrätin Dr. Julcher und den Hofrat Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision 1. des Ing. K R und
2. der F R GmbH, beide in Wien, beide vertreten durch Dr. Martin Leitner und Dr. Ralph Trischler, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Lindengasse 38/3, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 9. April 2015, VGW-041/075/47/2015 und VGW- 041/V/075/342/2015, betreffend Bestrafung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Verwaltungsgericht die Bestrafung des Erstrevisionswerbers gemäß § 33 Abs. 1 iVm. § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG zu einer Geldstrafe von EUR 730,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen), weil dieser als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Zweitrevisionswerberin und damit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener zu verantworten habe, dass der am 30. Jänner 2013 von der Zweitrevisionswerberin als Dienstnehmer (Fliesenleger) beschäftigte I K nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet worden sei. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Zweitrevisionswerberin für die über den Erstrevisionswerber verhängte Geldstrafe, die auferlegten Verfahrenskosten sowie sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen nach § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand hafte.
Das Verwaltungsgericht führte - soweit hier von Bedeutung - aus, dem Erstrevisionswerber sei ein schuldhaftes Fehlverhalten anzulasten, habe er doch kein wirksames begleitendes Kontrollsystem eingerichtet, um die ordnungsgemäße An- und Abmeldung der Dienstnehmer sicherzustellen. Er habe lediglich die vom Steuerberater monatlich übermittelten Abrechnungen im Nachhinein kontrolliert, sodass er von der - nach einem Telefonat zwischen Mitarbeiterinnen der Zweitrevisionswerberin und des Steuerberaters erfolgten - irrtümlichen Abmeldung des I K durch den Steuerberater am 4. Jänner 2013 bis zur Kontrolle am 30. Jänner 2013 nichts erfahren habe.
2.2. Das Verwaltungsgericht erklärte die Revision gemäß § 25a Abs. 1 VwGG für nicht zulässig.
3. Dagegen wendet sich die außerordentliche Revision, in der ein Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs behauptet wird.
4.1. Die Revisionswerber machen in den Ausführungen zur Zulässigkeit (§ 28 Abs. 3 VwGG) geltend, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs müsse der Arbeitgeber - wolle er das Zustandekommen eines Dienstverhältnisses durch die Aufnahme einer Beschäftigung ohne seine Zustimmung verhindern - ein wirksames Kontrollsystem einrichten bzw. entsprechende Weisungen erteilen und deren Befolgung sicherstellen. Vorliegend gehe es aber nicht um diese Fragen und die betreffende Judikatur, vielmehr stelle sich die - in der Rechtsprechung noch nicht geklärte - Frage, ob und allenfalls in welcher Beschaffenheit ein wirksames Kontrollsystem auch dann einzurichten sei, wenn Handlungen ohne Wissen bzw. ohne Weisung des Dienstgebers von dritten Personen gesetzt würden.
4.2. Entgegen der Auffassung der Revisionswerber stützte sich das Verwaltungsgericht zutreffend auf die einschlägige ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2011, 2011/08/0004). Davon ausgehend obliegt es dem Erstrevisionswerber - der als Geschäftsführer der Zweitrevisionswerberin zur Vertretung nach außen berufen ist und für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften Sorge zu tragen hat - ein wirksames Kontrollsystem einzurichten, wenn er die selbstverantwortliche Besorgung einzelner Angelegenheiten wie die An- und Abmeldung von Dienstnehmern anderen Personen - hier dem Steuerberater - überlässt. Dabei hat er im Fall eines Verstoßes gegen die Verwaltungsvorschriften dieses System, das eine wirksame begleitende Kontrolle sicherstellen muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 2010, 2009/03/0171), im Einzelnen darzutun. Legt er ein derartiges (hinreichendes) Kontrollsystem nicht dar, wovon das Verwaltungsgericht fallbezogen auf nicht unvertretbare Weise ausging - die nachträgliche Überprüfung der monatlichen Abrechnungen des Steuerberaters reicht nicht hin (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis 2011/08/0004 mwN) -, so ist von einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen (vgl. den hg. Beschluss vom 2. September 2015, Ra 2015/08/0073). Auch der Umstand, dass das Handeln einer anderen Person - hier des Steuerberaters - allenfalls ohne Wissen bzw. ohne Weisung des Dienstgebers erfolgt ist, ändert nichts an der Verpflichtung, ein entsprechendes Kontrollsystem zu gewährleisten, hat dieses doch gerade für den Fall derartiger eigenmächtiger Handlungen Platz zu greifen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2003, 2000/09/0170).
5. In der Zulässigkeitsbegründung (vgl. zu deren Maßgeblichkeit etwa den hg. Beschluss vom 21. März 2017, Ra 2017/22/0008) wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war deshalb zurückzuweisen.
Wien, am 12. Oktober 2017