Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision der W GmbH in F, vertreten durch Dr. Hans-Peter Draxler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 11/4.Stock, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 17. April 2015, Zl. KLVwG- 2052/9/2014, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Kärnten), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Bescheid vom 26. Mai 2014 wies der Landeshauptmann von Kärnten den Antrag der revisionswerbenden Partei auf wasserrechtliche Vorprüfung bzw. Bewilligung einer Wasserkraftwärmekopplungsanlage am N.-Bach gemäß §§ 104, 104a, 105 und 106 WRG 1959 "als unzulässig ab". Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass bei Verwirklichung des Vorhabens mit einer Verschlechterung des Zustandes eines näher bezeichneten Oberflächenwasserkörpers von einem sehr guten auf einen guten Zustand zu rechnen sei und dass die Voraussetzungen des § 104a Abs. 2 WRG 1959 für eine Bewilligung nicht vorlägen.
2 In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde bestritt die revisionswerbende Partei, dass es zu einer Verschlechterung des Zustandes des Oberflächenwasserkörpers komme; dieser befinde sich nicht in sehr gutem, sondern nur in gutem Zustand. Selbst wenn man aber von einem sehr guten Zustand und dessen Verschlechterung ausginge, sei die Bewilligung zu erteilen, weil die Voraussetzungen des § 104a Abs. 2 WRG 1959 gegeben seien.
3 Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnis vom 17. April 2015 wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten (LVwG) die Beschwerde ab. Die Revision wurde zugelassen.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, das Erkenntnis abzuändern und in der Sache selbst zu entscheiden, dass keine Bedenken bezüglich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung bestehen, in eventu das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und/oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
5 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, der Revision nicht stattzugeben. Weiters wurde die Zuerkennung von Aufwandersatz begehrt.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
9 Die revisionswerbende Partei verweist bezüglich der Zulässigkeit der Revision zunächst auf die Revisionszulassung durch das LVwG. Dieses hat die Revisionszulässigkeit damit begründet, es liege eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, weil es insbesondere noch keine Judikatur "in Bezug auf die Prüfkompetenz des Verwaltungsgerichtes bei Ermessens(Wert)entscheidungen der Behörde" gebe.
10 Weder das B-VG noch das VwGVG kennen den Begriff "Ermessens(Wert)entscheidungen". Was das LVwG damit meint, ist unklar. Selbst wenn man annehmen wollte, damit seien Ermessensentscheidungen im Sinn des Art. 130 Abs. 3 B-VG gemeint, wird damit aber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt. Zum einen ist die Prüfungsbefugnis der Verwaltungsgerichte bei Ermessensentscheidungen durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich geklärt. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 1. März 2016, Ra 2015/11/0106, ausgesprochen, dass seine (umfangreiche) Rechtsprechung zu Art. 130 Abs. 2 B-VG (alt) auf die Überprüfung von Ermessensentscheidungen der Behörden durch die Verwaltungsgerichte (Art. 130 Abs. 3 B-VG (neu)) übertragbar ist. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass es noch ungeklärte Detailfragen in diesem Zusammenhang gibt. Eine solche noch zu klärende Detailfrage zeigt die Revisionszulassungsbegründung des LVwG aber nicht auf. Aus dieser ganz allgemein gehaltenen Zulassungsbegründung geht weder hervor, welche konkrete Frage im Zusammenhang mit dem Themenbereich Ermessensentscheidungen zu klären sein soll, noch warum dieser Themenbereich für die Entscheidung über die Revision überhaupt eine Rolle spielen soll.
11 Die revisionswerbende Partei führt im Zusammenhang mit der Zulassungsbegründung des LVwG noch aus, das LVwG habe insbesondere seine Kompetenz bezüglich der Beurteilung des Gewässerschutzes überschritten, "indem es nicht aufgrund der Gutachten des ASV und von Dr. (H.) sondern falsche Tatsachen festgestellt und aufgrund dieser erkannt hat." Das hat mit der vom LVwG der Zulassungsbegründung zugrunde gelegten Frage der Kontrolle von Ermessensentscheidungen aber nichts zu tun.
12 Die revisionswerbende Partei meint weiters, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Anwendung des Leitfadens des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zur hydromorphologischen Zustandserhebung von Fließgewässern und der damit zusammenhängenden Beurteilung, in welchem Ausmaß ein Eingriff als "punktuell" zu bewerten sei.
13 Der genannte "Leitfaden" ist keine für den Verwaltungsgerichtshof verbindliche Rechtsquelle. Fragen seiner Auslegung sind daher keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art 133 Abs. 4 B-VG.
14 Eine weitere Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sieht die revisionswerbende Partei darin, inwieweit Amtssachverständige der Behörde vom Verwaltungsgericht herangezogen werden dürften. Die "hg. Rechtsprechung" entspreche nicht mehr "dem aktuellen Gesetzesstand". Es fehle Rechtsprechung zu diesem Thema.
15 Die grundsätzliche Zulässigkeit der Heranziehung von Amtssachverständigen der Behörde durch die Verwaltungsgerichte ist durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt (vgl. das Erkenntnis vom 14. April 2016, Ra 2015/06/0037, sowie den Beschluss vom 26. Juli 2016, Ra 2016/05/0062).
16 Schließlich bringt die revisionswerbende Partei vor, der Lösung der Frage, ob eine Wasserkraftwärmekopplungsanlage wie die gegenständliche Anlage im übergeordneten öffentlichen Interesse gemäß § 104a Abs. 2 Z 2 WRG 1959 liege, komme grundsätzliche Bedeutung zu, weil Rechtsprechung dazu fehle. Auf Grund der Einzigartigkeit dieser Anlage sei die strikte Anwendung des Kriterienkataloges nicht ausreichend. Es müsse auch die zusätzliche Erzeugung von Wärme neben der herkömmlichen Stromerzeugung berücksichtigt werden.
17 Die Zulässigkeit der Revision setzt voraus, dass das Schicksal der Revision von der geltend gemachten Rechtsfrage abhängt (vgl. den hg. Beschluss vom 28. März 2017, Ra 2017/01/0073, mwN). Die Frage, ob auch die Erzeugung von Wärme bei der Interessenabwägung nach § 104a Abs. 2 Z 2 WRG 1959 zu berücksichtigen ist, spielt im Revisionsfall aber keine für das Schicksal der Revision entscheidende Rolle. Selbst wenn man nämlich von einer Verpflichtung der Behörde zur Berücksichtigung der Wärmeerzeugung ausginge, könnte dies der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. Im Verfahren wurde nämlich vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen dargelegt, dass die Einspeisung in ein Fernwärmenetz derzeit nicht realistisch sei, weil ein Fernwärmeleitungsnetz in dem in Betracht kommenden Bereich nicht vorhanden und nach Auskunft der zuständigen Gemeinde auch nicht vorgesehen sei. Das wird in der Revision auch nicht bestritten.
18 Die revisionswerbende Partei hält dem aber entgegen, die Einspeisung in ein Fernwärmenetz sei nur eine Möglichkeit, jedoch nicht zwingend auszuführen, weil das Projekt auch ohne die Einspeisung in ein Fernwärmenetz effizient betrieben werden könne. Sie habe die Planung über die Installierung eines Fernwärmenetzes noch nicht durchführen können, weil dieser die Rechtssicherheit und die rechtliche Grundlage einer wasserrechtlichen Genehmigung fehle.
19 Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Erzeugung von Wärme bei der Interessenabwägung nach § 104a Abs. 2 Z 2 WRG 1959 zu berücksichtigen ist. Selbst wenn dies der Fall wäre, käme eine derartige Berücksichtigung nur in Betracht, wenn geklärt wäre, wie diese Wärme verwendet wird und ob diese Verwendung gesichert ist. Da dies nicht der Fall ist, stellt sich die grundsätzliche Frage, ob überhaupt eine Berücksichtigung der Wärmeerzeugung in Frage kommt, gar nicht.
20 Weder das angefochtene Erkenntnis noch die Revision werfen somit Rechtsfragen auf, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
21 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 28. Juni 2017