Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und den Hofrat Dr. Lehofer, sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des A in W, vertreten durch Dr. Susanne Pertl, Rechtsanwältin in 1060 Wien, Loquaiplatz 13/19, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 13. August 2014, Zl. VGW-031/V/025/28727/2014-1, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
i. A. Übertretungen der StVO und des KFG (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Landespolizeidirektion Wien), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 448,80 und das Land Wien hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 897,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien (LPD Wien) vom 27. Juni 2013 wurde dem Revisionswerber angelastet, er sei am 29. Februar 2012 um 15.40 Uhr an einem näher genannten Ort in Wien mit einem näher bezeichneten KFZ an einem Verkehrsunfall mit Personenschaden ursächlich beteiligt gewesen und habe es zum einen unterlassen, sofort anzuhalten, sowie zum anderen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle von diesem Verkehrsunfall zu verständigen. Er habe dadurch § 4 Abs. 1 lit. a der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), sowie § 4 Abs. 2 leg.cit. verletzt. Im selben Straferkenntnis wurde der Revisionswerber weiters für schuldig befunden, er habe es als Zulassungsbesitzer des genannten KFZ mit näher bezeichnetem Kennzeichen unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 19. März 2012, zugestellt am 23. März 2012, innerhalb einer Frist von zwei Wochen unter Anführung von Name und Adresse des Lenkers Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses KFZ am 29. Februar 2012 um 15.40 Uhr an einem näher genannten Ort in Wien gelenkt habe. Der Revisionwerber habe dadurch die Bestimmung des § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1960 (KFG 1960) verletzt. Wegen dieser drei Übertretungen wurde über den Revisionswerber jeweils eine Geldstrafe sowie jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe in näher bezeichneter Höhe verhängt und der Revisionswerber zum Kostenersatz im Verwaltungsstrafverfahren verpflichtet. Dem Vorbringen des Revisionswerbers zufolge wurde dieses Straferkenntnis seiner Rechtsvertreterin am 4. Juli 2013 zugestellt.
2 Mit Schreiben vom 22. Mai 2014 richtete die LPD Wien an den Revisionswerber eine Mahnung betreffend den mit dem genannten Straferkenntnis verhängten, unbeglichen gebliebenen Strafbetrag.
3 Am 2. Juni 2014 teilte die Rechtsvertreterin des Revisionswerbers der LPD Wien telefonisch mit, am 18. Juli 2013 per Fax fristgerecht eine Berufung gegen das Straferkenntnis vom 27. Juni 2013 an die auf diesem angegebene Fax-Nummer der LPD Wien übermittelt zu haben. Im Anschluss an dieses Telefonat übersendete die Revisionswerbervertreterin am 2. Juni 2014 die mit 18. Juli 2013 datierte Berufung per E-Mail an die LPD Wien und verwies gleichzeitig darauf, dass der Sendebericht der Berufungsübermittlung per Telefax vom 18. Juli 2013 hinsichtlich der Übertragung die Meldung "OK" angezeigt habe. Die Berufung sei bis dato unerledigt geblieben.
4 In Beantwortung dieses E-Mails teilte die LPD Wien der Revisionswerbervertreterin in der Folge - ebenfalls per E-Mail - mit, der "Eingang Ihrer Beschwerde vom 18.7.2013" werde "per heutigem Datum bestätigt"; das Anbringen könne jedoch nicht als zum ursprünglichen Datum eingegangen gewertet werden. Ein Anbringen gelte nur dann als eingebracht, wenn es bei der Einbringungsstelle tatsächlich einlange; die Partei sei beweispflichtig und trage die Gefahr des Verlustes einer Eingabe. Die Partei habe sich zu vergewissern, ob die Übertragung etwa eines Telefaxes erfolgreich durchgeführt worden sei; eine "Sendebestätigung" für ein "E-Mail" lasse nicht den zwingenden Schluss zu, dass dieses tatsächlich bei der Behörde eingelangt sei. Die Berufung vom 18. Juli 2013 sei "erst mit heutigem Datum" und daher verspätet bei der Behörde eingegangen.
5 Mit Schreiben vom 6. Juni 2014, bei der LPD Wien nach der Aktenlage eingegangen am 10. Juni 2014, stellte der Revisionswerber den nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und brachte unter einem die Berufung gegen das Straferkenntnis der LPD Wien vom 27. Juni 2013 ein. Begründend führte er ua. aus, er habe erstmals am 2. Juni 2014 Kenntnis von der Tatsache erlangt, dass die Berufung gegen das genannte Straferkenntnis "offenbar" nicht im Behördenakt aufliege. Die Berufung sei innerhalb offener Frist an die auf dem Straferkenntnis als Kontaktnummer angegebene Fax-Nummer der LPD Wien übermittelt worden. Auf dem diesbezüglichen Sendebericht sei die erfolgreiche Übertragung mit "OK" bestätigt worden, laut Sendebericht seien alle 6 Seiten der Berufung erfolgreich übersandt worden; die angezeigte Übertragungsdauer sei mit 2 Minuten und 36 Sekunden auch angemessen lang gewesen. Die Sekretärin der Revisionswerbervertreterin habe daher zu Recht davon ausgehen dürfen, dass die Berufung tatsächlich an die zuständige Behörde übersandt worden und dort auch eingelangt sei. Die Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft, wie es im vorliegenden Fall gegeben sei, diese rein manipulativen Tätigkeiten auch tatsächlich ausführe, sei dem Rechtsanwalt, ohne seine Sorgfaltspflicht zu überspannen, nicht zumutbar. Vielmehr könne der Rechtsanwalt rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken ohne nähere Beaufsichtigung einer verlässlichen Kanzleikraft überlassen. Ein Organisationsverschulden sei nicht erkennbar. Sollte das Telefax "tatsächlich nicht bei der Behörde eingelangt sein" handle es sich bei den angeführten Abläufen um "eine Verkettung unglücklicher Umstände, welche zusammengefasst als unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis zu werten" seien. Die Revisionswerbervertreterin treffe kein Verschulden, "allenfalls nur ein Verschulden minderen Grades".
Es sei wahrscheinlich, dass es beim Empfangsgerät der Behörde zu einem Papierstau oder sonstigen Gebrechen gekommen sei, ebenso sei im Hinblick auf einen am selben Tag per E-Mail eingebrachten weiteren Schriftsatz des Revisionswerbers ein Irrtum durch eine Kanzleikraft der Behörde denkbar. Aufgrund des positiven Sendeberichtes stehe fest, dass die Berufung versandt worden und auch beim Empfangsgerät angekommen sei; die Berufung gegen das Straferkenntnis vom 27. Juni 2013 sei damit fristgerecht eingebracht worden und der Behörde fristgerecht zugegangen.
6 Mit Bescheid vom 13. Juni 2014 wies die LPD Wien diesen Wiedereinsetzungsantrag "gemäß § 71 Abs. 1 VStG" "als verspätet zurück" und führte dazu ua. begründend aus, der Revisionswerber habe am 2. Juni 2014 "die am 18.07.2014 vermeintlich eingebrachte Beschwerde" übermittelt und eine Bestätigung erbeten, dass die Mahnung vom 22. Mai 2014 als gegenstandslos zu betrachten sei. Von der Behörde sei "die gegenständliche Eingabe - in Verbindung mit dem Vorbringen, die Mahnung vom 22.05.2014 als gegenstandslos zu betrachten - zurückzuweisen" gewesen, weil "es sich im gegenständlichen Fall um eine verspätet eingebrachte Beschwerde gehandelt hat und es sich weiters um kein unvorhersehbares Ereignis gehandelt hat, nach welcher der RW verhindert gewesen wäre, die Frist einzuhalten und es sich auch um kein Verschulden bzw. um keinen minderen Grad des Versehens gehandelt hat". Im gegenständlichen Fall handle es sich nicht um einen minderen Grad des Versehens; ein Anliegen gelte nur als eingebracht, wenn es bei der Behörde tatsächlich einlange, die Partei sei diesfalls beweispflichtig und trage die Gefahr des Verlustes der Eingabe. Im vorliegenden Fall habe es sich um ein sorgloses Handeln des Revisionswerbers im Verkehr mit Behörden gehandelt. Das Straferkenntnis vom 27. Juni 2013 sei in Rechtskraft erwachsen, weil es am 4. Juli 2013 zugestellt und nicht innerhalb von 2 Wochen dagegen Berufung erhoben worden sei.
7 Das Verwaltungsgericht Wien (in der Folge: Verwaltungsgericht) gab der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ohne Durchführung der vom Revisionswerber beantragten mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe keine Folge, dass "an die Stelle der Wendung ‚gemäß § 71 Abs. 1 VStG' die Wendung ‚gemäß § 71 Abs. 1 AVG' und an die Stelle der Worte ‚als verspätet zurückgewiesen' das Wort ‚abgewiesen' " trete. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.
8 Folgendes nahm das Verwaltungsgericht in diesem Erkenntnis als erwiesenen Sachverhalt an:
"Das Straferkenntnis (...) vom 27.06.2013 wurde der Beschuldigtenvertreterin zugestellt.
Die Beschuldigtenvertreterin erstellte gegen dieses Straferkenntnis die Berufung (kanzleiinterne Dokumentenbezeichung (...)). Nach Unterfertigung des fristgebundenen Schriftsatzes und nach der Kontrolle desselben durch die bevollmächtigte Rechtsanwältin im Zuge der Kuvertierung und Postaufgabe, übersandte die äußerst zuverlässige und erfahrene Sekretärin (...) die Berufung am 18.06.2012, sohin innerhalb offener Frist, per Telefax an die Wiener Telefaxnummer (...). Diese Telefaxnummer (...) ist auf dem Straferkenntnis vom 27.06.2013 als Kontaktnummer angeführt.
Frau (...) ist seit ca. 2 Jahren bei der Beschuldigtenvertreterin als Sekretärin angestellt und arbeitete von Anbeginn an absolut zuverlässig. Sie ist in ihrer Tätigkeit penibel genau. Ihr sind bislang keine Fehler unterlaufen; erst recht nicht im Zusammenhang mit dem Einbringen von fristgebundenen Rechtsmittel(n).
Nach dem Absenden des Telefaxes wurde automatisch der Sendebericht ausgedruckt. Die Angestellten der Beschuldigtenvertreterin haben die Weisung, den Sendebericht zu kontrollieren und zu überprüfen, ob das Telefax-Schreiben ordnungsgemäß gesendet wurde. Die Sekretärin kontrollierte den Sendebericht einerseits dahingehend, ob die Übertragung mit ‚OK' bestätigt wurde, andererseits ob sämtliche Seiten (6 Seiten) übertragen wurden.
Auf dem Sendebericht wird die erfolgreiche Übertragung mit ‚OK' bestätigt. Die Übertragung begann um 16.22 Uhr und dauerte 2 Minuten und 36 Sekunden. Laut Sendebericht wurden alle 6 Seiten der Berufung erfolgreich übersandt. Die Übersendung war um
16.25 Uhr beendet."
Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht daraus, es sei im vorliegenden Fall entgegen zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht bei der Behörde nachgefragt worden, ob die per Telefax übermittelte Nachricht eingelangt sei. Auch sei, entgegen der Judikatur, die Sekretärin nicht dahingehend überwacht worden, "ob sie nachgefragt" habe. Es handle sich nicht nur um einen minderen Grad des Versehens; der Revisionswerber setze sich über die höchstgerichtliche Rechtsprechung hinweg, indem er die Pflicht zur Nachfrage bei der Behörde und die Überwachungspflicht des Rechtsanwaltes in Abrede stelle "und nur zwischen einem Defekt in der Sendeanlage und einem Defekt in der Empfangsanlage unterscheidet, aber eine Störung im Übermittlungsnetz nicht in Betracht zieht".
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge eine mündliche Verhandlung durchführen und das angefochtene Erkenntnis dahingehend abändern, dass dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Folge gegeben werde. In eventu beantragte der Revisionswerber, das angefochtene Erkenntnis möge wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden. Zur Zulässigkeit der Revision wird ua. vorgebracht, das Verwaltungsgericht sei vom Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes zu 2003/05/0119 vom 27. April 2004 abgewichen, wonach mit einem positiven Übersendungsprotokoll nachgewiesen werde, dass eine Zustellung mittels Telefax erfolgt sei. Weiters beantragte der Revisionswerber die Zuerkennung von Kostenersatz.
10 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete eine Revisionsbeantwortung, in welcher sie ausführt, ihrer Ansicht nach sei "ein Sendebericht mit Datum und Uhrzeit, Fax-Nummer des Empfängers, Übertragungsdauer und Seitenanzahl sowie Sendebestätigung ‚ok' " ein "starkes Indiz" dafür, dass die Übermittlung per Fax tatsächlich stattgefunden habe. Es sei daher die Kanzleileiterin des zuständigen Polizeikommissariates befragt worden, welche bestätigt habe, dass laut dortigem Übertragungsprotokoll am 18. Juli 2013 um 16.42 Uhr sechs von der Fax-Nummer der Revisionswerbervertreterin aus gesendete Seiten eingegangen seien. Nach Ansicht der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht sei daher davon auszugehen, dass am 18. Juli 2013 bei der LPD Wien eine Berufung gegen das Straferkenntnis vom 27. Juni 2013 eingegangen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
11 Die Revision ist zulässig, weil mit dem Hinweis des Revisionswerbers auf den hg. Beschluss vom 27. April 2004 zu 2003/05/0119 eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt wird. Sie ist - im Ergebnis - auch berechtigt.
12 Bei der Frist, auf welche sich der gegenständliche Wiedereinsetzungsantrag bezieht, handelt es sich um jene zur Erhebung einer Berufung gegen das Straferkenntnis vom 27. Juni 2013. Zur Beurteilung dieses Antrages war daher die Rechtslage heranzuziehen, welche zum Zeitpunkt der allfälligen Versäumung der in Rede stehenden Prozesshandlung, somit vor Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, in Geltung stand.
13 Gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 33/2013 (AVG) ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag einer Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt werden.
14 Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist setzt voraus, dass die Frist gegenüber der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, zu laufen begonnen hat, sodass eine Säumnis dann nicht eintreten kann, wenn etwa mangels rechtswirksamer Zustellung des die Frist auslösenden Aktes eine Frist gar nicht zu laufen begonnen hat (z.B. VwGH vom 21. Jänner 1998, 96/03/0178).
15 Voraussetzung der Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist weiters, dass die Partei die Frist versäumt hat (z.B. VwGH vom 25. November 1991, 91/19/0028). Für den Fall, dass im Sinne des oben Gesagten vorliegend die Frist zur Erhebung einer Berufung gegen das Straferkenntnis vom 27. Juni 2013 zu laufen begonnen hat, läge daher eine Fristversäumnis nur vor, wenn der Revisionswerber die Frist zur Erhebung einer Berufung dagegen versäumt hätte.
16 Nach ständiger hg. Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund des § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) seine Entscheidung im Sinne des § 58 AVG zu begründen. Im Sinne des § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen, sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen (z.B. VwGH vom 23. Oktober 2015, Ra 2015/02/0029).
17 In einem ersten Schritt hat daher die Begründung der Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes auf dem Boden des § 29 VwGVG den nach der anzuwendenden Rechtslage entscheidungswesentlichen Sachverhalt festzustellen, wobei sich die für das Verwaltungsgericht maßgebenden Überlegungen im Wesentlichen der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung entnehmen lassen müssen. Angesichts des Fehlens von gerichtlichen Feststellungen zum maßgebenden Sachverhalt ist die getroffene Entscheidung nicht nachvollziehbar und einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nicht zugänglich (z.B. VwGH vom 15. März 2016, Ro 2016/02/0003, mwN).
18 Die Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung erfordert in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche das Verwaltungsgericht im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, sowie in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des verwaltungsgerichtlichen Entscheidung geführt haben (z.B. VwGH vom 3. Oktober 2016, Ra 2016/02/0160).
19 Das angefochtene Erkenntnis genügt den dargestellten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung nicht und entzieht sich dadurch der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes.
20 Dabei fehlt bereits die Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes gänzlich: Zum einen unterlässt das Verwaltungsgericht die - im Sinne des oben Gesagten zur Beurteilung des Wiedereinsetzungsantrages relevante - Feststellung, zu welchem Zeitpunkt das in Rede stehende Straferkenntnis dem Revisionswerber rechtswirksam zugestellt wurde; zum anderen haftet der Sachverhaltsfeststellung im angefochtenen Erkenntnis, die Berufung gegen den Bescheid vom 27. Juni 2013 sei von der Sekretärin der Revisionswerbervertreterin "am 18.06.2012, sohin innerhalb offener Frist" per Fax an die LPD Wien übermittelt worden, schon in zeitlicher Hinsicht ein logischer Fehler an, weil eine Berufungserhebung vor Erlassung des in Rede stehenden Straferkenntnisses ausscheidet.
Ebenfalls ist dem Erkenntnis keine Feststellung zu der Frage zu entnehmen, ob - wie in der Revisionsbeantwortung der belangten Behörde zum Ausdruck gebracht - die per Fax übermittelte Berufung des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis vom 27. Juni 2013 am 18. Juli 2013 bei der LPD Wien eingegangen ist.
21 Auf dem Boden der mangelhaften Sachverhaltsfeststellung durch das Verwaltungsgericht entzieht sich daher bereits die Beurteilung, ob die Frist zur Erhebung einer Berufung gegen das Straferkenntnis vom 27. Juni 2013 durch den Revisionswerber überhaupt versäumt wurde, jeglicher Nachvollziehbarkeit durch den Verwaltungsgerichthof.
22 Ebenfalls geht aus den Feststellungen des in Revision gezogenen Erkenntnisses nicht hervor, ob der Antrag auf Wiedereinsetzung innerhalb der gesetzlich normierten Zwei-Wochen-Frist eingebracht wurde. Insbesondere wurde nicht festgestellt, ob bzw. wann die mit 22. Mai 2014 datierte Mahnung dem Revisionswerber rechtswirksam zugestellt wurde.
23 Schließlich ist dem bekämpften Erkenntnis nicht zu entnehmen, aufgrund welcher beweiswürdigender Überlegungen das Verwaltungsgericht zu den von ihm - nur rudimentär - getroffenen Feststellungen gelangte und ist infolge der fehlenden Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes auch die Darstellung der rechtlichen Erwägungen im Sinne der angeführten hg. Rechtsprechung ungenügend geblieben.
24 In diesem Zusammenhang, sowie im Hinblick auf das fortzusetzende Verfahren, ist das Verwaltungsgericht darauf hinzuweisen, dass in Ansehung der hg. Rechtsprechung zur Verhandlungspflicht (z.B. VwGH vom 16. März 2016, Ra 2014/05/0038, mwN) aufgrund des Beschwerdevorbringens vor dem Verwaltungsgericht und der im vorliegenden Fall damit einhergehenden Pflicht zur Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht auch nicht von der Durchführung der - vom Revisionswerber im Übrigen beantragten - mündlichen Verhandlung abgesehen hätte werden dürfen.
25 Da der Verwaltungsgerichtshof daher zusammengefasst mangels ordnungsgemäßer Begründung des angefochtenen Erkenntnisses gehindert ist, seine Rechtskontrollaufgabe im Sinne des § 41 Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) wahrzunehmen, war das Erkenntnis bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c leg.cit. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
26 Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.
27 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014. Hinsichtlich der Aufteilung der Auferlegung des Aufwandersatzes im Verhältnis von zwei Übertretungen der StVO 1960 und einer Übertretung des KFG 1967, somit wie zwei zu eins, wird auf die hg. Entscheidung vom 14. Dezember 2012, 2011/02/0053, mwN, verwiesen.
Wien, am 16. Dezember 2016